Der Elektronik-Fertigungsdienstleister Vierling Production GmbH [6] teilte Ende 2010 mit, dass er im Rahmen des Forschungsprojektes „Methods for Efficiency“ (M4E) [7] Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in seiner Elektronik-Fertigung umgesetzt hat. Ziel des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten M4E-Forschungsprojektes ist es, Prozesse zu analysieren, Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen und die Verschwendung von Ressourcen zu reduzieren. Dazu gehört auch die eingesetzte Energie jeglicher Art. An dem auf zwei Jahre angelegten Forschungsprojekt beteiligen sich drei Forschungseinrichtungen und neun Industrieunternehmen, davon sechs kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Gemeinsam entwickeln sie eine ganzheitliche Methodik zur integrierten Erfassung, Darstellung, Bewertung und Optimierung von Strukturen, Abläufen, Technik und Ressourcenverschwendungen in der Produktion - mit speziellem Fokus auf die Bedingungen in KMU.
Diese ganzheitliche Methodik soll systematische Vorgehensweisen für verschiedene Produktionstechniken (spannende Bearbeitung, Spritzgießen, Umformen, usw.) und Prozessarten (Fertigung, Montage, Logistik, usw.) beinhalten, um Ressourcenverschwendungen (Mensch, Maschine, Management, Material, Energie) zu reduzieren. Hier zeigt sich deutlich, dass eine höhere Gesamteffizienz in Unternehmen - auch bezüglich des Energiebedarfs - nur erreicht werden kann, wenn sowohl effizientere, neue Maschinen eingesetzt als auch die vorhandenen Prozesse optimiert werden.
Aber leider sind dies alles bisher nur Einzelbeispiele für progressive Vorreiter in der Energieökonomie. Auch die EU-Gremien sind noch nicht weiter - z.B. bezüglich eines Energielabels für industrielle Ausrüstungen. Der anfangs zitierte Prof. Mohan Munasinghe hat offensichtlich Recht: Ohne Selbstverpflichtungen der Maschinenhersteller wird sich nichts entscheidend vorwärts bewegen.
Energielabel, ein Anreiz?
Die von den Fertigungslinien benötigte Energie kann beträchtlich sein, vor allem wenn sie 24 Stunden pro Tag arbeiten. Da eine Pick-and-Place-Maschine in der Regel sieben Jahre oder länger betrieben wird, rückt die Energieaufnahme über die Lebensdauer der Maschine als wichtigster Effekt in den Blickpunkt. Um die Auswirkungen verschiedener Maschinen auf die Umwelt vergleichen zu können, sind standardisierte Messungen und Kennzeichnungen (Labeling) notwendig.
Energielabel existieren heute in nationaler und internationaler Prägung zur Klassifizierung von Häusern, Autos, Lampen, Waschmaschinen und Wäschetrocknern, Klimageräten etc. - nur eben nicht für industrielle Ausrüstungen. Im Rahmen der ErP-Richtlinie der EU [1] wird auch an der Klassifizierung industrieller Anlagen bzw. Maschinen gearbeitet. Bis eine solche EU-Regel wirksam wird, dauert es mindestens noch drei Jahre, was bedeutet, dass es in der Zwischenzeit keine Energieetiketten für industrielle Fertigungseinrichtungen geben wird.
Elektronikproduzenten, die nach ISO 14000 oder anderen Umweltstandards zertifiziert sind, müssen bestrebt sein, ihren Umwelteinfluss weiter zu verringern.
Für einen Elektronikhersteller sind die in der Fertigung eingesetzten Materialien (noch) der wichtigste Umweltgesichtspunkt. Beispielsweise enthalten Schaltkreise und Displays eines Mobiltelefons toxische Stoffe wie Arsen (As), Beryllium (Be), Cadmium (Cd), Kupfer (Cu) und Blei (Pb), das Kunststoffgehäuse bromierte Flammhemmer. Der Energiebedarf der Fertigungslinien kann jedoch auch recht bedeutend sein. Die zwei großen Energiefresser einer Fertigungslinie sind die Lötanlagen und die Pick-and-Place-Maschinen. Löten ist ein Hochenergie-Prozess, jedoch ist das Temperaturprofil des Lotbads strikt durch die Prozessanforderungen vorgegeben. Der Energiebedarf berechnet sich aus der Schmelztemperatur des Lotes, der Wärmekapazität (Länge des Ofens sowie Anzahl der Temperaturzonen) und der Qualität der Isolation.
Bei beiden - Lötanlage und Bestückungsmaschine - hängt vieles von der Qualität der Konstruktion ab. Die von den in Betrieb befindlichen Maschinen abgegebene Wärme muss mittels Klimaanlagen wieder aus der Produktionshalle entfernt werden, weshalb energieeffiziente Konstruktionen doppelte Einsparungen ermöglichen.
Ökobilanz und Ökopunkte
Damit Umwelteffekte verglichen werden können, sind standardisierte Messmethoden nötig. Eine breit akzeptierte Methode zur Untersuchung des Umwelteinflusses eines Produktes ist der Eco-Indikator 99 (ISO 14042) [3, 8], welcher sich auf die Ökobilanzierung stützt. Dabei werden Ökopunkte vergeben, um den Gesamt-Umweltschaden zu bestimmen, den ein Produkt während seiner gesamten Lebensdauer verursachen wird. Im Falle von Pick-and-Place-Maschinen umfasst dies die Lebensabschnitte Herstellung, Transport, Installation, Betrieb und Entsorgung der Maschine. Die meisten der für die Fertigung der Maschine verwendeten Materialien wie Eisen, Aluminium, Kupfer und Kunststoffe können recycelt werden, so dass noch die Faktoren Transport, Installation und Nutzung übrig bleiben.
Der Eco-Indikator 99 umfasst drei Stufen. In der ersten erfolgt eine Bestandsaufnahme aller Ströme von und nach allen Prozessen im Produktlebenszyklus (LCA-Baum). Dann wird der Schaden dieser Ströme in Form von Ökopunkten für drei Hauptkategorien berechnet. Die normalisierten Daten werden gewichtet und für jede Kategorie summiert, um den endgültigen Ökopunkt-Stand zu erhalten - z.B. ein europäischer Bürger kommt im Durchschnitt auf 1.000 Ökopunkte/Jahr.
Weil ein Bestückungsautomat normalerweise sieben Jahre oder länger genutzt wird, stellt die Energieaufnahme der Maschine während ihrer Lebenszeit das wichtigste Merkmal dar. Berechnungen nach der Eco-Indikator-99-Methode zeigen, dass die Antriebsmotoren, Steuervorrichtungen und die Druckluftversorgung großen Einfluss auf den Strombedarf der Pick-and-Place-Maschinen haben. Auf den Strombedarf wirken sich auch die Aufwendungen für Beleuchtung und Klimaregelung aus, welche ihrerseits davon abhängen, wie viel Hallenfläche eine Maschine einnimmt. Nacharbeiten und Reparaturen durch schlecht und falsch platzierte Bauteile treiben zusätzlich den Energiebedarf in die Höhe.