Von den Kontakten bis zum Isolierkörper

Was es bei Leiterkartensteckern unbedingt zu beachten gilt

23. Juli 2024, 6:45 Uhr | Timon Dahlhaus, Entwicklungsingenieur für Leiterkartensteckverbinder bei Fischer Elektronik 
© Fischer Elektronik

Was macht Leiterkartensteckverbinder hochzuverlässig und wo lauern Gefahren? Es lohnt ein genauer Blick auf Kontaktmaterialien, Veredelungsschichten, Rastermaße, Isolierkörper und mehr.

Diesen Artikel anhören

Für eine zuverlässige Verbindung auf der Leiterplatte sind mehrere Faktoren ausschlaggebend. Im Folgenden wird näher erläutert, welche Paarungen von Steckverbindern anderen vorzuziehen sind und welche Qualitätsunterschiede es bei Leiterkartensteckern gibt. 

Kurzschlüsse vermeiden

Ungewollte Kurzschlüsse bergen nicht nur Gefahren für die eingesetzten Steckverbinder, sie sind oft auch ein Grund für den Ausfall eines gesamten Systems. Für einen Kurzschluss gibt es verschiedene Gründe – häufig sind sie aber auf Fremdkörper im System zurückzuführen.

In einigen Anwendungen sind die Kontakte von Stiftleisten verzinnt. Der Vorteil liegt hier bei der optimalen Lötbarkeit bei maximal zehn Steckzyklen, abhängig von der Veredelungsschichtstärke. Steckt man eine solche Stiftleiste häufiger, als die Herstellergarantie es erlaubt, besteht die Gefahr, dass das Zinn von der Stiftleiste abblättert und dieser Fremdkörper zwischen den Kontakten eine Verbindung herstellt. Folglich entsteht beim Bestromen der Kontakte ein Kurzschluss. Sind im Einsatzgebiet des Steckverbinders mehrere Steckzyklen gefordert, aber eine Verzinnung der Lötseite ist aufgrund der guten Lötbarkeit unabkömmlich, sind selektiv vergoldete Kontakte zu empfehlen. 

Zinn als Risiko

Bei der Fertigung von Stiftleisten kommen verschiedene Fertigungsverfahren zum Einsatz. Oftmals wird in der Produktion von Stiftleisten der Kontakt in den Isolierkörper gepresst, sodass die Flächenpressung ausgehend vom Isolierkörper den Kontaktstift in Position hält. Auch hier gibt es bei den verzinnten Kontakten eine Gefahr. Zinn neigt stärker als andere Metalle zur Whiskerbildung. Bei der durch den Einpressvorgang entstehenden Oberflächenspannung bilden sich dann kleine Zinnfäden (Whisker), die trotz eines mikroskopisch kleinen Durchmessers eine Größe von mehreren Millimetern erreichen können. Bildet sich ein Whisker zwischen zwei Kontakten, ist erneut ein Kurzschluss die Folge. Um dieses Risiko zu umgehen, wird im Fertigungsprozess bei Fischer Elektronik jede Stiftleiste mit verzinnten Kontakten abgeblasen und einer Kameraprüfung unterzogen. 

Gute und schlechte Kombinationen zwischen Stift und Buchse

Um eine langlebige und beständige Verbindung zwischen einer Stift- und einer Buchsenleiste zu gewährleisten, ist eine sorgfältige Abstimmung beider Komponenten erforderlich. Dabei spielen sowohl die Oberflächenbeschaffenheit als auch die Geometrie der Bestandteile eine entscheidende Rolle.

Wird auf der Buchsenseite ein rechteckiger Gabelkontakt gewählt, ist es für anspruchsvolle Anwendungen nicht empfehlenswert, auf der Stiftseite eine Präzisionsstiftleiste mit rundem Kontaktquerschnitt zu verwenden. Diese Kombination minimiert die Kontaktfläche, da die Vorspannung des Gabelkontakts nur von zwei Seiten auf den Stift wirkt. An diesen Punkten trifft die flache Seite des Gabelkontakts auf die runde Geometrie des Kontaktstifts, was die Berührungsfläche reduziert. Der geringe Übergangsquerschnitt fördert unerwünschte Wärmebildung und Verschleißerscheinungen an der Kontaktfläche.  Im Gegensatz dazu ist die Kombination eines rechteckigen Pfostens mit einer runden Präzisionsbuchse vorteilhaft, da die Präzisionsbuchse den Pfosten mit ihren Kontaktfingern von mehreren Seiten berührt und somit mehrere Kontaktflächen erzeugt.

Optimal ist immer die Verwendung sortenreiner Steckverbinder. Bei der Kombination rechteckiger Stiftleisten mit ebenfalls rechteckigen Gabelkontakten in einer Buchsenleiste entsteht eine große Kontaktfläche, wodurch das Risiko zu kleiner Kontaktflächen vermieden wird. Gleiches gilt für die Kombination von Präzisionsbuchsenleisten mit Präzisionsstiftleisten, bei welcher ausreichend große Kontaktflächen mit Berührungsflächen auf bis zu sechs Seiten greifen.

Daneben ist die richtige Wahl der Kontaktgrößen entscheidend. Der Stiftquerschnitt muss mit der vorgespannten Kontaktfeder der Buchse abgestimmt sein. Wird ein zu kleiner Stiftquerschnitt verwendet, sitzt dieser lose in der Buchsenleiste und wackelt. Unter Last entstehen hier ungewollte Funkenüberschläge mit einem negativen Einfluss auf die Oberfläche der Kontakte. Ein zu großer Stiftquerschnitt im Verhältnis zur Buchse führt hingegen zu sehr hohen Steck- und Ziehkräften, was eine stark erhöhte Abnutzung der Kontaktoberflächen zur Folge hat und die Häufigkeit der Steckzyklen enorm reduziert. Zudem wird die Kontaktfeder über den vorgesehenen elastischen Bereich hinaus gedehnt und plastisch verformt, wodurch eine Verwendung der Buchse mit einem regulär kompatiblen Stift nicht mehr möglich ist.

Wenn Zinn auf Gold trifft

Eine zusätzliche Herausforderung bei der Paarung stellt die Kombination von Zinn- und Goldoberflächen dar. Bei mehreren Steckzyklen oder Vibrationen, gegeben durch Einsätze in schwierigen und raueren Umgebungen, reibt sich die Zinnschicht deutlich schneller ab. Dies liegt an der deutlich höheren Härte der Goldschicht, die eine schnellere Abnutzung der weicheren Zinnschicht begünstigt. Wird eine der beiden Veredelungsschichten bis auf den Kupfergrundwerkstoff abgerieben, beginnt das Kupfer zu oxidieren, was eine angemessene Kontaktierung aufgrund einer hemmenden Passivschicht erschwert. Eine solche Schutzschicht hat einen deutlich höheren Übergangswiderstand und breitet sich im Laufe der Zeit über die gesamte Steckverbindung aus

Fester Sitz der Kontakte im Isolierkörper

Aber nicht nur die kontaktierenden Oberflächen haben Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit der Verbindung, sondern auch die Haltekräfte der Kontakte im Isolierkörper. Unzureichende Haltekräfte können tatsächlich dazu führen, dass der Isolierkörper entlang der Kontakte verrutscht. Dies verhindert eine präzise Abgrenzung zwischen Löt- und Steckseite und führt im schlimmsten Fall zur Trennung von Isolierkörper und Kontakt, was ein Versagen der Steckverbindung zur Folge hat.

Bei Steckverbindern mit geringerer Polzahl tritt dieses Problem häufiger auf, da hier keine ausreichende Kräfteverteilung wie bei vollpoligen Leisten stattfindet. Bei Buchsenleisten kann dieses Risiko durch die Fixierung der Kontakte mittels Hinterschnitten im Isolierkörper minimiert werden, wodurch eine formschlüssige Verbindung entsteht. Stiftleisten sind häufiger von geringen Haltekräften betroffen, da die einfache und gerade Geometrie der Kontakte die Befestigung im Isolierkörper erschwert. Ein stabiler Sitz im Isolierkörper ist daher unerlässlich. Fischer Elektronik gewährleistet dies durch enge Fertigungstoleranzen für die Kontakte und den Isolierkörper. Darüber hinaus wird durch regelmäßige Überprüfungen der Haltekräfte im Fertigungsprozess ein konstantes Qualitätsniveau sichergestellt.

Veredelungsschichtstärken – wieviel ist nötig?

Die Schichtstärken von Leiterplattensteckverbindern sind viel diskutiert und jeder Hersteller verfolgt seinen eigenen Ansatz. Motiviert durch das Einsparpotenzial von Materialkosten, sind dünnere Schichtstärken oder günstige Veredelungswerkstoffe für einige Hersteller die bevorzugte Wahl. Aber insbesondere hier ist eine Abwägung der Anforderungen unerlässlich: Bevor man auf beispielsweise eine Hauchvergoldung von 0,02 µm Goldschichtstärke zurückgreift, sollten vorher die Einsatzparameter geklärt sein. Anderenfalls entsteht die Gefahr, dass sich die zu dünne Schicht aufgrund von physischen Belastungen in kürzester Zeit abträgt. Folglich ist die gute Leitfähigkeit nicht mehr gegeben und auch der bereits oben beschriebene Schutz gegen Oxidation mit der Luft ist hinfällig. Für solche speziellen Anwendungsfälle sind sowohl stift- als auch buchsenseitig Schichtstärken von unter 0,2 µm Gold nicht zu empfehlen. Verzinnte Kontakte sollten aufgrund der bisher beschriebenen Risiken generell nur in statischen Umgebungen eingesetzt werden.

Unterschiedliche Rastermaße

Das Rastermaß ist die maßgebliche Größe für den Abstand zwischen den einzelnen Kontakten der Leiterkartensteckverbinder. Platzsparende Einbauweisen setzen eine Miniaturisierung der Platine selbst und ihrer Komponenten voraus. Als Konsequenz daraus finden Steckverbinder in kleineren Rastermaßen als der klassischen Größe 2,54 mm zunehmend Verwendung. Dabei steht das halbierte Rastermaß 1,27 mm neben der Zwischengröße 2,00 mm im Fokus. Doch auch hier ist Abwägung geboten.

Aufgrund des geringeren Abstandes zueinander nimmt auch der Querschnitt der Stifte ab. Infolgedessen ist die maximale Stromstärke ebenfalls begrenzt. Wird diese ignoriert, kommt es zu starker Wärmeentwicklung, welche generell auf Platinen unerwünscht ist und zusätzliche Kühlleistung erfordert. Bei Übersteigung der Maximaltemperatur verkürzt sich die Lebenszeit von aktiven Komponenten enorm, daher sind kleinere Rastermaße nur zu verwenden, wenn die angelegten Ströme ebenfalls niedrig ausgelegt sind.

Fazit 

Die Zuverlässigkeit einer applikationsgerechten Steckverbindung hängt von mehreren Parametern ab. Primär steht hier die Auswahl der Steckverbinder im Fokus und deren Abstimmung aufeinander. Zu berücksichtigen sind hier kompatible Abmaße und Oberflächen. Aber auch die Qualität der einzelnen Komponenten minimiert Ausfallgefahren und Verschleißerscheinungen. Einfluss auf die Qualitäten haben mitunter die Qualitätssicherungen, eine hochwertige Materialauswahl und ein stabiler Fertigungsprozess. Weitere Faktoren hängen von der Fertigungs- und Produktqualität des Herstellers ab. 

 


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Fischer Elektronik GmbH & Co. KG

Weitere Artikel zu Stecker, Steckverbinder