Worauf ist zu achten bei der Materialauswahl von Leiterkartensteckverbindern? Stefan Suchan, leitender Entwicklungsingenieur bei Fischer Elektronik, nennt die wichtigsten Kriterien.
Leiterkartensteckverbinder sind ein wesentlicher Bestandteil elektronischer Geräte und Systeme. Sie dienen dazu, elektrische Verbindungen zwischen Leiterplatten herzustellen und ermöglichen so den Austausch von Daten und Signalen. Je nach Anforderung des Kunden bzw. der Applikation ergeben sich in den unterschiedlichen Branchen verschiedene Auswahlkriterien für die einzelnen Materialien. Die entsprechenden Normen oder auch Richtlinien und Verordnungen wie RoHS und REACH grenzen die Vielfalt bei der Materialauswahl ein. Folgende Kriterien lassen sich bei der Materialauswahl heranziehen.
1. Elektrische Eigenschaften
Ein wichtiger Aspekt ist die elektrische Leitfähigkeit des Materials. Es sollte eine niedrige elektrische Widerstandsfähigkeit aufweisen, um einen reibungslosen Stromfluss zu gewährleisten. Die Kupferlegierungen Messing (CuZn), Bronze (CuSn) und Berylliumkupfer (CuBe) werden häufig für Leiterkartensteckverbinder verwendet, da diese über eine hohe elektrische Leitfähigkeit verfügen und zudem gute mechanische Eigenschaften aufweisen. Neben dem Kontaktgrundwerkstoff ist zudem auf die Auswahl der Kontaktbeschichtung zu achten. Die am häufigsten verwendeten Kontaktbeschichtungen sind Gold, Silber und Zinn. Diese Materialien haben sich über die vergangenen Jahrzehnte etabliert, da sie neben einer hohen elektrischen Leitfähigkeit auch über gute bis sehr gute Löteigenschaften verfügen.
Für Anwendungen im Low-Cost-Bereich haben sich die Beschichtungen Zinn und Flashgold etabliert. Die Vorteile des Zinns liegen in den sehr guten Löteigenschaften und einem günstigen Materialpreis. Flashgold wird immer dann eingesetzt, wenn eine hohe elektrische Leitfähigkeit und ein Korrosions- und Vibrationsschutz gefordert werden, ebenfalls bei einem geringen Preis. Sobald erhöhte Ansprüche an die Verschleißbeständigkeit, beispielsweise in Form von Steckzyklen oder Langlebigkeit der Steckverbinder, gestellt werden, führt kein Weg an vergoldeten oder versilberten Steckkontakten vorbei.
Besonders Gold eignet sich für eine Vielzahl von Steckzyklen. Bei der Silberschicht ist zu beachten, dass sich im Laufe der Zeit eine Silbersulfidschicht bildet, welche unter Umständen zunächst vor dem Lötvorgang aufgebrochen bzw. aktiviert werden muss.
Darüber hinaus ist eine gute Isolationsfähigkeit wichtig, um Kurzschlüsse zwischen den einzelnen Kontakten zu vermeiden. Diese Isolationsfähigkeit wird vom Kunststoff des Isolierköpers gefordert. Der Isolationswiderstand von Thermoplasten wie Polyamid (PA), Polyphenylensulfid (PPS) und Polybutylenterephtalat (PBT) liegt jeweils deutlich über 1 MΩ.
2. Mechanische Eigenschaften
Die mechanischen Eigenschaften des Kontakt- und des Isolierkörpermaterials sind entscheidend für die Stabilität und Haltbarkeit des Steckverbinders. Beide Materialien sollten eine hohe Festigkeit aufweisen, um den Belastungen standzuhalten, die während des Steckvorgangs auftreten können. Gleichzeitig sollten die Materialien flexibel genug sein, um eine einfache Handhabung und Montage zu ermöglichen. Metalle wie Messing, Bronze und Berylliumkupfer werden oft für die Herstellung von Steckverbindern verwendet, weil sie eine gute Kombination aus Festigkeit und Flexibilität bieten.
Bei den Kunststoffen haben sich Thermoplaste mit einer Glasfaserverstärkung etabliert. Diese bieten sehr gute mechanische Eigenschaften und zudem eine hohe Wärmeformbeständigkeit. Besonders die Wärmeformbeständigkeit ist bei Leiterkartensteckverbindern hervorzuheben, da diese Temperaturen von bis zu 260 °C aushalten müssen, ohne sich während des Lötprozesses zu verformen. Die Polyamide »PA 4.6« und »PA 6.6« bieten beispielsweise eine Wärmeformstabilität von über 290 °C, wohingegen das PBT bei einer Temperatur von 220 °C an seine Grenzen stößt. Durch Additive lässt sich die Temperatur der Wärmeformstabilität jedoch nach oben korrigieren.
3. Umweltbeständigkeit
Leiterkartensteckverbinder kommen unter verschiedenen Umweltbedingungen zum Einsatz, wie Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit oder chemische Einflüsse. Die gewählten Materialien sollten daher eine hohe Beständigkeit gegenüber diesen Faktoren aufweisen, um eine zuverlässige Funktion des Steckverbinders sicherzustellen. Spezielle Kontaktbeschichtungen oder Materialien mit hoher Korrosionsbeständigkeit werden oft eingesetzt, um in rauen Umgebungen zu bestehen. Weitere Umweltfaktoren wie Temperaturschwankungen und Vibrationen sollte man sowohl bei der Materialauswahl als auch beim Aufbau des Steckverbinders beachten. Je nach Geometrie der Kontakte und des Isolierkörpers können die Umweltfaktoren dadurch verringert, aber auch verstärkt werden.
Fazit: Bei der Auswahl der einzelnen Kontakt- und Isolierkörpermaterialien kommt es auf die jeweiligen Anforderungen der Applikation an. Dabei ist ein früher Zeitpunkt im Entwicklungsprojekt von Vorteil. Je früher die Anforderungen an den Steckverbinder geklärt sind, desto besser kann eine Umsetzung bzw. Entwicklung des Steckverbinders realisiert werden. Fischer Elektronik unterstützt bei der Auswahl des passenden Steckverbinders und bei Neuentwicklungen von kundenspezifischen Sonderlösungen.