Welche Alternative gibt es zum klassischen Steckverbinder und in welche Richtung kann sich Verbindungstechnik weiterentwickeln? Ein Beispiel für einen neuen Ansatz ist die kontaktlose Verbindungstechnik für die Daten- und Energieübertragung.
In puncto Handhabung lehnt sich das Konzept an den klassischen Steckverbinder an und lässt sich weitestgehend wie ein solcher in die Applikation integrieren – basiert allerdings auf Funkübertragung.
Dieses Konzept hat mehrere Vorteile: Bei der kontaktlosen Übertragung kann es nicht zu einem mechanischen Verschleiß kommen. Weil es keine Kontakte gibt, besteht weder die Gefahr, dass sich Kontaktoberflächen abnutzen, noch dass Kabel unter hoher Biegebeanspruchung leiden. Auch ist ein solches System durch hermetische Einhausung resistent gegenüber Staub, Flüssigkeiten und auch Vibrationen, wodurch es sich für anspruchsvolle industrielle Umgebungen eignet. Wichtiges Merkmal gegenüber der physischen Kontaktierung ist, dass sich Sender und Empfänger flexibel positionieren lassen, sodass Anwendungen realisierbar werden, die bisher an mechanische Grenzen gestoßen sind. Wichtig dabei: Die kontaktlosen Systeme arbeiten ausschließlich im Nahfeld, sodass sie im Normalfall keine Prozesse stören.
Seit einigen Jahren treiben unterschiedliche Steckverbinder-Hersteller die Entwicklung und Vermarktung dieser Verbindungssysteme voran.
Ein Beispiel für ein kontaktloses Übertragungssystem für die Kurzstrecke ist »RoProxCon«, gemeinsam entwickelt von Rosenberger und STMicroelectronics. Es basiert auf Funkübertragung bei einer Trägerfrequenz von 60 GHz. Diese Frequenz im mm-Bereich bietet den Vorteil, dass hohe Datenraten ohne komplexen Modulationsaufwand im Sender und Empfänger realisierbar sind. Das bedeutet, dass sich das Übertragungssystem für alle gängigen High-Speed-Protokolle wie Gigabit-Ethernet eignet. Aber auch Standardprotokolle aus dem industriellen Umfeld wie I/O-Link oder Profibus lassen sich damit einfach übertragen. Das System ist im Übertragungskanal transparent; zusätzlich ist die Echtzeitfähigkeit durch eine sehr geringe Latenz gewährleistet.
Weil im Gegensatz zum herkömmlichen Stecker keine mechanische Kopplung stattfindet, steigen die Bewegungsfreiheit und Flexibilität. So stellen Rotationen – selbst über 360° hinaus – kein Problem mehr dar. Außerdem ist die Positionierung der Übertragungseinheiten auch nachträglich änderbar.
Sender und Empfänger lassen sich mit unterschiedlichen Winkeln zueinander anordnen; das System verfügt über eine hohe Winkeltoleranz. Dabei ist ein Abstand bis 25 mm (max. Luftspalt) möglich sowie eine Übertragung selbst durch unterschiedliche Medien hindurch. Dank dieser Eigenschaften eignet sich RoProxCon neben Industrieapplikationen auch für den verschleißfreien Einsatz in der Medizinelektronik, im Bereich der erneuerbaren Energien und weiteren Applikationen.
Technologisch ist die kontaktlose Übertragung so weit ausgereift, dass sie bestehende Applikationen bereits heute verbessern und gleichzeitig neue Möglichkeiten für bisher nicht realisierbare Szenarien schaffen kann. Um das System auf die nächste Stufe zu heben, arbeitet Rosenberger bereits an der nächsten Generation: Bis dato ist eine Datenübertragung bis 6,25 Gbit/s möglich sowie eine Energieübertragung von 30 W. Im Fokus der Entwicklungsaktivitäten steht jetzt eine hybride Variante, die neben Daten bis zu 200 W Leistung übertragen kann.