Finden Quarzkristallresonatoren und Kristalloszillatoren im Weltraum Einsatz, müssen die Auswirkungen der Strahlung berücksichtigt werden, zunächst auf die Quarzkristallresonatoren und dann auf alle anderen Komponenten des Oszillatorschaltkreises.
Die in diesem Artikel behandelte Art von Strahlung wird als ionisierende Strahlung bezeichnet, weil sie genügend Energie besitzt, um elektronische Bauteile zu beschädigen, indem sie Atome oder Moleküle ionisiert, ihnen also Elektronen entzieht, wodurch das betreffende Atom oder Molekül elektrisch geladen wird.
Bei elektromagnetischen Wellen nimmt die von den EM-Wellen übertragene Energie mit zunehmender Frequenz der Welle bzw. abnehmender Wellenlänge zu. Wellen mit niedrigeren Frequenzen wie sichtbares Licht, Mikrowellen und Radiowellen besitzen im Allgemeinen nicht genug Energie, um elektronische Schaltkreise oder auch Lebewesen zu schädigen, aber mit steigender Frequenz können Röntgen- und insbesondere Gammastrahlen Schäden verursachen.
Elektromagnetische Wellen können auch als Teilchen beschrieben werden, den Photonen. Ein Photon des sichtbaren Lichts hat eine bestimmte Energiemenge, die unproblematisch ist, ein Gammastrahlen-Photon jedoch hat ein viel höheres Energieniveau, das sehr wohl problematisch ist. Alle abgestrahlten Teilchen mit tatsächlicher Masse (Photonen sind masselos) wie Elektronen, Protonen, Neutronen und Ionen haben genug Energie, um ein Problem zu verursachen.
Angesichts der Bedeutung der Energiemenge, die mit der Strahlenbelastung einhergeht, ist es wichtig zu wissen, wie sie charakterisiert und quantifiziert wird. Es gibt zwei gebräuchliche Maßstäbe und Maßeinheiten.
Erstens die sogenannte Energiefluenz, mit der die Menge der Strahlenbelastung über einen bestimmten Zeitraum in der Einheit MeV pro Quadratzentimeter oder einfach MeV (Millionen Elektronenvolt) angegeben wird. Als Nächstes wird die akkumulierte Strahlungsdosis (TID) gemessen, die von einem Material absorbiert wird, und zwar in Einheiten von krad (Kilorad).
Der Quarzkristallresonator ist – im Gegensatz zu vielen anderen elektronischen Bauteilen – robust gegenüber Strahlung, er kann nicht durch Strahlung außer Betrieb gesetzt werden.
Das Einzige, was den Kristall vollständig zerstört, ist ein mechanischer Schock, der stark genug ist, um den Kristall tatsächlich zu zerbrechen, was zwar möglich ist, unter normalen Raumfahrtbedingungen aber nicht auftritt.
Allerdings können bestimmte Arten und Mengen von Strahlungen die Frequenz des Quarzresonators verändern, wobei die Frequenzänderung normalerweise nicht sehr groß ist. Sie hängt von vielen Variablen ab, darunter der Frequenz des Kristalls, dem Qualitätsfaktor (Q) des Kristalls, der Art des Schliffs des Kristalls, der Art der Strahlung und der Strahlungsmenge.
Die Frequenzveränderung ist in erster Linie auf sehr geringe Verunreinigungen im Siliziumdioxid-Quarzkristallgitter zurückzuführen. Diese verschiedenen möglichen Verunreinigungen können sich im Quarz lösen und bewegen, was zu kleinen Frequenzänderungen führt.
Quarz für elektronische Zwecke wird unter sehr hohen Temperatur- und Druckbedingungen synthetisch gezüchtet. Bei der Züchtung solcher Quarze wurden enorme Verbesserungen erzielt, sodass die durch die Strahlung verursachten Frequenzschwankungen deutlich reduziert werden.
Darüber hinaus wird Quarz für die Verwendung in Resonatoren für den Weltraum einem speziellen Verfahren unterzogen, das als »Sweeping« bezeichnet wird. Beim »Sweepen« von Quarzstäben werden sie einem sehr hohen unidirektionalen elektrostatischen Gleichstromfeld von 1000 V/cm und parallel dazu einer sehr hohen Temperatur von etwa 500 °C ausgesetzt. Dabei wird der Stromfluss überwacht. Dadurch wandern viele Verunreinigungen durch die Quarzbarren hindurch zu den Kanten, die dann mit einer Säge abgeschnitten werden, sodass die reinen Quarzbarren übrigbleiben, die als »gesweepter Quarz« bekannt sind. Weil sich damit die Strahlungsunempfindlichkeit reduzieren lässt, ist deshalb in fast allen Quarzspezifikationen für Weltraumanwendungen festgelegt, dass gesweepter Quarz verwendet werden muss.
Die in den präzisesten Quarzoszillatoren verwendeten Resonatoren, typischerweise SC-Cut-Quarze in OCXOs (Oven Controlled Crystal Oscillators), ändern ihre Frequenz in den meisten Strahlungsumgebungen nur um wenige oder mehrere ppb (parts per billion). Wenn man sie gut charakterisiert und versteht, kann man dieser Art von Frequenzänderungen vorbeugen.
Die typischen Quarzresonatoren, die in weniger präzisen XOs (einfachen Quarzoszillatoren) verwendet werden, ändern die Frequenz meist um einige oder mehrere ppm (parts per million), und weil die Toleranzen bei diesen XOs in der Regel etwa ±50 ppm betragen, kann dies ebenfalls in Kauf genommen werden. Tatsächlich hat sich das Wachstum hochwertiger Quarzbarren sogar so stark verbessert, dass viele Unternehmen in XOs für einige der weniger anspruchsvollen Weltraumumgebungen nicht gesweepten Quarz verwenden.
Strahlungsauswirkungen auf die anderen elektronischen Komponenten in einem Oszillatorgehäuse sind ein komplizierteres Thema, weil alle aktiven Bauelemente (Halbleiter, Transistoren, digitale elektronische Bausteine usw.) durch verschiedene Arten von Strahlung beeinträchtigt werden können.
Die ionisierende Gesamtdosis (Total Ionizing Dose, TID) ist die kumulative absorbierte Dosis in einem bestimmten Material, die sich aus der Energie der ionisierenden Strahlung bei einer Dosisleistung zwischen 50 und 300 rad(Si)/s ergibt. Für elektronische Bauteile ist TID ein möglicher langfristiger Ausfallmechanismus.
Die Tabelle definiert den Industriestandard für die gesamte ionisierende Strahlendosis (TID) in den erdorbitalen Bereichen und im Weltraum.
Um eine solche Zertifizierung zu erhalten, müssen die Bauteile aus einem Los stammen, von dem eine repräsentative Probe mindestens das Doppelte des betreffenden TID-Wertes oder 200 krad überstanden hat, um die 100-krad-Konformität des Loses zu bestätigen. Diese Prüfung wird in einem sogenannten RLAT-Bericht (Radiation Lot Acceptance Test) festgehalten.
Die Enhanced Low Dose Rate Sensitivity (ELDRS) ist vergleichbar mit TID, doch die gesamte erforderliche Strahlung, z. B. 100 krad, wird mit einer viel geringeren Dosisleistung verabreicht, normalerweise 0,01 rad(Si)/s bis 0,1 rad(Si)/s. Die Bestrahlungstests müssen deshalb über einen langen Zeitraum durchgeführt werden, was bis zu 120 Tage dauern kann. Der Grund dafür ist, dass paradoxerweise einige Komponenten durch langsamere Strahlungsraten stärker beeinträchtigt werden als durch schnellere Raten. Glücklicherweise handelt es sich bei den für ELDRS anfälligen Komponenten in erster Linie um bipolare Halbleiter. Werden sie nicht verwendet, ist es nicht notwendig, ELDRS zu testen.
Einzelereignis-Effekte (Single Event Effects, SEE) werden durch einen einmaligen Aufprall eines Teilchens, meist eines schweres Ions, verursacht. Die Stärke des Ereignisses wird in MeV (Millionen Elektronenvolt) gemessen.
SEE wird in mindestens drei Hauptkategorien unterteilt, die nach Schweregrad geordnet sind:
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Ein wesentlicher Unterschied zwischen TID- und SEE-Effekten besteht darin, dass TID ein kumulativer Effekt ist, der sich im Laufe der Zeit durch alle Arten von Umgebungsstrahlung aufbaut, während SEE-Schäden fast sofort auftreten, wenn ein hochenergetisches Teilchen auf ein Halbleiterbauelement trifft.
Weil die Leitungsabstände integrierter Schaltkreise immer enger werden, kann der Aufprall eines Partikels einen Kurzschluss zwischen zwei Leitungen oder andere katastrophale Schäden verursachen, die möglicherweise zu einem Totalschaden im Gerät führen.
So entstehen SET-Ereignisse
Ein SET entsteht, wenn sich die bei einem Ionisierungsereignis gesammelte Ladung in Form eines Störsignals entlädt, das sich durch den Stromkreis bewegt. Dies ist de facto der Effekt einer elektrostatischen Entladung. Es handelt sich um einen weichen Fehler, der reversibel ist. SET-Ereignisse, die sich vollständig selbst erholen, sind die am wenigsten katastrophalen SEE-Ereignisse, aber dennoch wichtig, und können in manchen Fällen dazu führen, dass ein Bauteil nicht für den vorgesehenen Verwendungszweck eingesetzt werden kann.
Wie gefährlich sind SEUs
SEUs sind Zustandsänderungen von Speicher- oder Registerbits, die durch ein einzelnes Ion verursacht werden, das mit dem Chip interagiert. Sie verursachen zwar keine dauerhaften Schäden am Gerät, können aber bei einem System, das sich von einem solchen Fehler nicht erholen kann, zu dauerhaften Problemen führen. Dies sind weiche Fehler, die reversibel sind. SEUs können zu funktionalen Einzelereignisunterbrechungen (Single-Event Functional Interrupts, SEFI) werden, wenn sie Steuerschaltungen wie Zustandsautomaten stören und das Gerät in einen undefinierten Zustand, einen Testmodus oder einen Halt versetzen, der dann einen Reset oder einen Stromversorgungszyklus erfordert, um wiederhergestellt zu werden.
Der schwerste Fehler: SEL
Ein SEL ist ein schwerer Fehler und kann nicht rückgängig gemacht werden. Bulk-CMOS-Bauelemente sind am anfälligsten. SEL-Ereignisse führen dazu, dass ein Halbleiter durchbricht oder zerstört wird. Das ist für eine Anwendung im Weltraum nicht akzeptabel.
Eine prompte Dosis ist am wahrscheinlichsten bei der Detonation einer Atombombe, die eine große Menge an Strahlung mit einer Rate von 108 bis 1013 rad pro Sekunde freisetzt. Interessanterweise können richtig konstruierte, hochzuverlässige SC-Cut-Kristallresonatoren aus geschliffenem Quarz nicht nur diese extrem energiereichen und heftigen Strahlungsereignisse überstehen, sondern sogar mechanisch weiterschwingen, während selbst die besten elektronischen Komponenten zumindest über kurze Zeiträume von wenigen bis 20 ns ausfallen. Diese wichtige Aufrechterhaltung von Phase und Frequenz durch die mechanische Vibration eines doppelt rotierten Quarzkristalls in einem OCXO wird als Schwungradeffekt (Flywheel-Effect) bezeichnet.
Neutronenverdrängungsschäden und kumulative Effekte sind allmähliche Effekte, die während der gesamten Lebensdauer der Elektronik, die einer Strahlungsumgebung ausgesetzt ist, aufgrund der durch die Strahlung in die Elektronik eingebrachten Energie auftreten. Ein Gerät, das empfindlich auf TID oder Verdrängungsschäden (Displacement-Damage, DD) reagiert, fällt in einer Strahlungsumgebung aus, wenn die akkumulierten TID die Toleranzgrenzen erreicht haben. DD erzeugt Defekte im Halbleitergitter, die zu langfristiger elektrischer Beeinträchtigung führen. Bipolare Bauelemente (BJTs, Dioden, MOSFETs) sind anfällig für DD durch Neutronen oder Protonen. DD wird nicht in einer Einheit gemessen, sondern nur in ihren Auswirkungen auf die Geräte. Der Verdrängungsschaden wird durch die Partikelfluenz in Partikel/cm2 ausgedrückt, d. h. N/cm2 oder P/cm2.
Es gibt noch viele weitere Arten von Strahlung, und jede der oben genannten Strahlungsarten weist viele wichtige Details und Nuancen auf, auf die hier nicht eingegangen werden konnte. Hier sollte nur ein kurzer Überblick und ein gewisses intuitives Verständnis für die Tragweite des Themas vermittelt werden.