Dass es zu der jetzt eingetretenen Situation der Lieferkette gekommen ist, hat nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer wohl auch damit zu tun, dass die primäre Ursache der Verknappung nicht in Europa angesiedelt ist. »Die Treiber und großen Bedarfsvolumen etwa im Bereich E-Cars, Consumer-Elektronik und Mobile Phones stammen aus dem asiatischen Bereich, und viele damit verbundene Informationen wurden erst mit einer gewissen Verzögerung in Europa kommuniziert«, stellt Joerg Frodl, Director Product Marketing Europe bei TTI fest, »das macht es schwer für die Hersteller und Distributoren, auf diese Entwicklung entsprechend rechtzeitig zu reagieren«.
Zum Teil ist die jetzige Situation damit auch der Marktentwicklung der letzten Jahre geschuldet. Im Prinzip hat der Markt die letzten sieben, acht Jahre nur eine Entwicklungsrichtung gekannt, stetig sinkende Preise und eine totale Verfügbarkeit, so das Fazit der versammelten Diskussionsteilnehmer; dass sich das mal ändern würde, hat auf der Einkäuferseite niemand erwartet, und entsprechend ungläubig hat man dort auf die ersten Meldungen darüber, dass sich etwas verändert, auch reagiert. Joachim Pfülb, Vertriebsleiter der Beck Elektronik, bestätigt das in dieser Form: »Wir haben von Beginn an die Kunden aktiv über die Veränderung informiert, wir haben dann aber zu hören bekommen, dass es doch keine Lieferprobleme gäbe und wir die einzigen seien, die auf dieses angebliche Problem aufmerksam machen.«
Und wenn man es dann doch einsieht und vielleicht versucht, Alternativen freizugeben, führt das nach den Erfahrungen von Andreas Gehrke-Kowol, Einkäufer Controlling Passiv bei Schukat electronic, dazu, »dass der Freigabeprozess wahrscheinlich länger dauern würde als die Allokation, wenn man jetzt damit beginnen würde«. Verschärfend und damit letztlich wohl auch preissteigernd kommt nach Auskunft der Diskussionsteilnehmer hinzu, dass vor dem Hintergrund der massiv gestiegenen Bedarfe auch die Preise für Rohmaterialien steigen. So haben etwa nach Aussage von Frodl die steigenden Rohstoffpreise für Palladium, Silizium, Keramik-Substrate und Aluminium neben den Investitionen in neue Fertigungskapazitäten durchaus Einfluss auf die steigenden Bauelementepreise; »dazu kommen die steigenden Kosten durch Umweltauflagen in Asien sowie steigende Energie- und Mitarbeiterkosten«.
Konkrete Verknappungen und Einschränkungen zeichnen sich nach seinen Worten bereits bei Aluminium-Keramik-Substraten ab. Andre Dey, Distribution Manager EMEA & Regional Sales Manager Northern Europe & South Africa bei Bourns, macht in diesem Zusammenhang konkret darauf aufmerksam, »dass die Preise für Kupfer um etwa 20 Prozent angezogen haben, für Gold um etwa 6 Prozent und für Rohöl etwa um 17 Prozent«. Positiver Aspekt aus Sicht eines US-Unternehmens: »Der Kurs des US-Dollars ist zeitgleich um etwa 16 Prozent gefallen«.