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»Aktuelle Trends bei passiven Bauelementen«

6. April 2017, 9:30 Uhr | Engelbert Hopf
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Das Problem liegt in den Beharrungskräften des Marktes

Lauerer verweist auf ähnliche Probleme im Bereich ESD-Schutz, oder Sicherungen. »Für viele Entwickler ist eine Sicherung ein Stück Draht, der irgendwann schmiltzt. Wenn ich mich näher damit beschäftige, steckt da mehr dahinter, und wenn man den Leuten das von der physikalischen Seite erklärt, kommen auch wieder die schon genannten Aha-Effekte«.

Für Dr. Ebel besteht eines der Probleme in diesem Zusammenhang darin, »dass viele Entwicklungsabteilungen einkaufsgeblockt sind. Der Einkauf will erst mal einen Standardlieferanten haben, der einen Katalog hat. Auf diese Weise kommen wir gar nicht dazu, den Leuten zu erklären, wo das Problem liegt«. Sein Kollege Bjørn hält den Ansatz, dass der Einkauf als Firewall für die Entwicklung dienen muss, für überholt. »Es ist ja wirklich nicht so, dass auf diesem Sektor in Europa hunderte Lieferanten an die Tür klopfen, im Elko-Bereich hat sich in den letzten Jahren die Zahl der wirklich professionellen Anbieter immer weiter reduziert«.»Die Komplexität auf der Leiterplatte ist in den letzten 20 Jahren dramatisch höher geworden«, wirft Thomas Schrott, Geschäftsführer der Würth Elektronik eiSos ein, »da muss sich der Entwickler halt vor allem um die Sachen kümmern, die vor dem Komma stehen, und das sind die Halbleiter«. Anfang der 1990er Jahre, berichtet er, seit Würth Elektronik eiSos stark über den Einkauf gegangen. Dann trat 1996 die neue EMV-Gesetzgebung in Kraft, und die Gewichte verschoben sich wieder. »Heute«, so Schrott, »gehen wir zu 80 Prozent über die Entwicklung«.
Das Image vom »unsexiest product ever« das den passiven Bauelementen bei vielen Entwicklern anhängt, hat auch mit der kontinuierlichen, nicht sprunghaften Weiterentwicklung der Produkte zu tun.  Folien, Elektrolyte, Keramiken, die Fertigungstechnik, sie werden immer weiter optimiert, aber es ist nicht so, dass eine neue Technologie in drei Jahren ein Marktsegment völlig verändern würde. 

Es mangelt durchaus nicht an Innovationskraft, Unternehmen wie Murata investieren im Jahr 700 bis 800 Millionen Dollar in R&D. Das Problem liegt in den Beharrungskräften des Marktes, was dazu führt, dass Neuentwicklungen oft auf zweistellige Markteinführungszeiten kommen. »Wenn der Kunde dann eine Second-Source will, und du bist der Einzige, der das hat«, schildert Dr. Endrich den Mechanismus, »dann wird das auf gar keinen Fall eingesetzt, den es könnte ja was passieren«!

Für Bjørn hat das auch mit der Entwicklungskultur in Deutschland zu tun, »wenn ich ein neues Produkt in Europa einführen will, brauche ich erst mal eine Aktenmappe Dokumente«. Im Prinzip finde nur ein Serienprodukt in Europa Eingang, das seit 20 Jahren läuft. In Asien sei das anders. »Man kann in Asien durchaus halbfertige Produkte in den Markt bringen, man sagt das auch so, und arbeitet Verbesserungsvorschläge aus dem Markt in das Produkt ein«, berichtet er, »letztlich ist das dann ein gemeinsames, sehr konstruktives gemeinsames Entwickeln mit dem Kunden«.

Auf die Frage ob die meisten R&D-Investitionen in die Entwicklung von Kondensatoren gehen, gibt es keine konkrete Antwort. Aus Sicht der Hersteller unterscheidet sich der Aufwand für einen neuen Kondensator in der R&D-Phase nicht von dem für einen Widerstand, oder eine Induktivität. »F&E-Kostentreiber sind vor allem die Aufwendungen für hochqualifizierte Leute«, versichert Vissing. Er ist sich mit seinem Kollegen Lüthje einig, dass die nachfolgende Industrialisierung der Punkt ist, an dem die Kosten auseinander gehen. »Kommt es zur Industrialisierung«, so Lüthje, »lassen sich manche Dinge eher zukaufen, während andere erst teuer entwickelt werden müssen«. Neben den Material- und Personalaufwendungen bei der Auswahl für Entwicklungs- und Produktionsstandorte, spielen aber auch noch die Energiekosten eine Rolle.


  1. »Aktuelle Trends bei passiven Bauelementen«
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