Beschaffung elektronischer Bauteile

VW will mehr Einfluss und mehr Direkteinkauf

24. August 2023, 12:45 Uhr | Karin Zühlke
Der Wert elektronischer Bauteile wird sich laut Aussage von VW von durchschnittlich rund 600 Euro pro Fahrzeug heute voraussichtlich bis 2030 mehr als verdoppeln.
© Volkswagen

Der Volkswagen Konzern richtet seinen Einkauf für sämtliche elektronische Bauteile inklusive Halbleitern neu aus, um die Versorgung langfristig sicherzustellen. Dabei greift der Konzern auch bei den Tier1 ein.

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Eine neue Strategie für die Beschaffung von Bauteilen mit elektronischen Komponenten wurde dazu kürzlich eingeführt.

"Die Halbleiter-Wertschöpfungskette profitiert von gesteigerter Transparenz, welche präzise Einblicke in die verwendeten Bauteile bietet. Dadurch sind wir besser in der Lage, den weltweiten Bedarf an diesen Bauelementen zu ermitteln und ihre Verfügbarkeit zu optimieren. Ein erweitertes Risikomanagement reicht nun bis zur Ebene individueller elektronischer Bauteile, was dazu dient, Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu umgehen. Bei besonders strategischen Halbleitern sowie zukünftigen Eigenentwicklungen des Konzerns setzen wir auf direkte Einkäufe bei den Halbleiterherstellern", erklärt Dirk Große-Loheide, Beschaffungsvorstand der Marke Volkswagen Pkw und Mitglied der erweiterten Konzernleitung.

Früher erfolgte die Beschaffung von elektronischen Komponenten wie Steuergeräten, wobei Tier1-Zulieferern weitgehend die Wahl der Bauteile überlassen wurde. Zukünftig wird die Konzernbeschaffung in enger Kooperation mit den Tier1-Zulieferern festlegen, welche Halbleiter und andere elektronische Bauteile verwendet werden.

"Diese Zusammenarbeit wird markenübergreifend durch das Semiconductor Sourcing Committee (SSC) koordiniert. In diesem Gremium arbeiten Vertreter aus der Beschaffung und Entwicklung der Marken sowie von Volkswagen Group Components und CARIAD zusammen. Die Transparenz auf Halbleiterebene ermöglicht es, bei Engpässen schnell alternative technische Lösungen zu identifizieren und umzusetzen. Ein weiterer positiver Effekt besteht in der Reduzierung der Hardware-Variantenvielfalt, was zugleich zu geringerer Softwarekomplexität führt", betont Karsten Schnake, Vorstandsmitglied für Beschaffung bei Škoda Auto und Leiter der funktionsübergreifenden Task Force COMPASS (Cross Operational Management Parts & Supply Security).

Halbleiter spielen eine unverzichtbare Rolle in der Automobilindustrie. Sie sind nicht nur für die Serienproduktion essenziell, sondern auch maßgeblich für Innovationen und die Einführung neuer Produkte.

Die steigende Nachfrage nach Halbleitern ist vor allem der Elektrifizierung von Fahrzeugen und dem vermehrten Einsatz von Assistenzfunktionen bis hin zum autonomen Fahren geschuldet. Diese Entwicklungen erfordern fortschrittliche Halbleiter, während die Nachfrage nach herkömmlichen Halbleitern gleichzeitig bestehen bleibt oder sogar zunimmt. Halbleiter sind entscheidend für Innovationen im Fahrzeugbereich. Zum Beispiel waren 1978 lediglich 8 Halbleiter in einem Porsche 911 Steuergerät verbaut, während ein Skoda Enyaq heute etwa 90 Steuergeräte mit insgesamt rund 8.000 elektronischen Bauelementen aufweist.

Diese Entwicklungen beeinflussen auch den Anteil der elektronischen Bauteile am Gesamtwert eines Fahrzeugs. Dieser Wert wird sich von durchschnittlich rund 600 Euro pro Fahrzeug heute voraussichtlich bis 2030 mehr als verdoppeln. Entsprechend wird der Automobilsektor zunehmend zu einem bedeutenden Kunden der Halbleiterindustrie. Gegenwärtig liegt die Automobilindustrie mit einem weltweiten Halbleiterbeschaffungsvolumen von etwa 47 Milliarden US-Dollar auf dem fünften Platz unter den Hauptabnehmern. Bis 2030 wird dieses Volumen voraussichtlich auf etwa 147 Milliarden US-Dollar steigen, womit sie den dritten Platz einnehmen wird.

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie und der daraus resultierenden Chip-Krise sind weiterhin spürbar. Um dieser Herausforderung zu begegnen und die Halbleiterversorgung sicherzustellen, initiierte der Volkswagen-Konzern Anfang 2022 die COMPASS Initiative. Diese begann mit einer operativen Ausrichtung zur Absicherung des Fahrzeugprogramms. Basierend auf den Lehren aus der Halbleiter-Krise wurden strategische Handlungsfelder identifiziert, Lösungen entwickelt und nachhaltig umgesetzt.


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