Halbleiterumsätze bei Minus 14 Prozent

DMASS-Report: „Europa muss sich neu positionieren“

4. August 2025, 13:59 Uhr | Karin Zühlke
Hermann Reiter, Chairman von DMASS Europe: „Während weltweit der Bedarf an KI und IoT wächst, verzeichnet Europa industrielle Stagnation. Die Fragmentierung der Kundenmärkte erfordert neue Strategien. Design-Innovation gewinnt an Bedeutung – klassische Sourcing-Modelle verlieren an Wirksamkeit.“
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Schwache Konjunktur, globale Unsicherheiten und ein stagnierender Automobilmarkt setzen Europas Distribution laut DMASS weiter unter Druck, allen voran im Halbleiter-Segment. Einen Hoffnungsschimmer gibt es bei IP&E.

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Der europäische Komponentenvertrieb kommt nicht aus dem Tief: Wie die aktuelle Marktstatistik des Branchenverbands DMASS Europe zeigt, schrumpfte der Gesamtmarkt im zweiten Quartal 2025 um 8,42 % auf 3,73 Milliarden Euro. Besonders dramatisch fällt der Einbruch im Halbleitersegment aus: -14,11 % auf 2,22 Milliarden Euro. Dagegen konnte der Bereich Interconnect, Passive & Electromechanical (IP&E) mit einem leichten Zuwachs von 1,43 % auf 1,51 Milliarden Euro ein kleines Plus erzielen.

Halbleiter unter Druck: Power & Logik im freien Fall

Der europäische Halbleitermarkt leidet stark unter Investitionszurückhaltung, schwächelnden Schlüsselindustrien wie Automotive und anhaltender globaler Unsicherheit. Besonders betroffen: Österreich (-36,7 %), Frankreich (-20,2 %) und Deutschland (-17,6 %). Einzige Ausnahme: Iberien, das als einzige Region mit +2,4 % zulegen konnte.

Produktseitig treffen die Verluste vor allem Power-Halbleiter (-21,7 %), Programmierbare Logik (-21,6 %) und MOS-Mikrocontroller (-19,7 %). Lichtblicke bieten Sensoren & Aktoren mit +6,1 % sowie Diskrete Bauelemente mit +1,6 %.

Top-5 Halbleiterländer im Q2/2025:

  •   Deutschland: 523,9 Mio. € (-17,6 %)
  •   Italien: 214,2 Mio. € (-16,8 %)
  •   Frankreich: 168,3 Mio. € (-20,2 %)
  •   Nordic: 192,6 Mio. € (-2,8 %)
  •   UK: 172,5 Mio. € (-10,6 %)

IP&E trotzt dem Trend – vor allem in Osteuropa und Türkei

Während der Halbleitermarkt schwächelt, zeigte sich das IP&E-Segment stabiler: Mit 1,51 Milliarden Euro verzeichnete DMASS hier ein leichtes Wachstum. Besonders kräftige Zuwächse kamen aus Türkei (+26,8 %), Israel (+19,4 %) und Osteuropa (+7,8 %).

Im Produktvergleich legten vor allem Power Supplies (+6,8 %), Elektromechanik (+2,4 %) und Sensoren (+7,6 %) zu. Bei den passiven Bauelementen hingegen gingen die Umsätze um 1,17 % zurück – vor allem getrieben durch starke Rückgänge bei Folienkondensatoren (-17,8 %), Tantal (-11,4 %) und Aluminium (-10,5 %).

Regionale Entwicklung: Wenige Lichtblicke

In der Gesamtbetrachtung aller Komponenten fällt das Bild wenig positiv aus: Von den 15 analysierten Regionen konnten lediglich Iberien (+3,5 %), Türkei (+3,2 %) und die Nordic-Länder (+1,4 %) zulegen. Die größten Verlierer waren Österreich (-26,0 %), Deutschland (-13,3 %) und Frankreich (-11,5 %). 

Industrielle Stagnation in Europa

Hermann Reiter, Chairman von DMASS Europe, betont die geopolitischen Herausforderungen: „Während weltweit der Bedarf an KI und IoT wächst, verzeichnet Europa industrielle Stagnation. Die Fragmentierung der Kundenmärkte erfordert neue Strategien. Design-Innovation gewinnt an Bedeutung – klassische Sourcing-Modelle verlieren an Wirksamkeit.“

Reiter verweist auf Chancen durch Nearshoring, digitale Transparenz und Diversifizierung, sieht jedoch auch eine wachsende Abhängigkeit von Asien bei kritischen Rohstoffen. „Europa muss aktiver die globalen Dynamiken mitgestalten, wenn es im internationalen Wettbewerb bestehen will.“

Fazit

Der europäische Komponentenmarkt bleibt 2025 stark belastet. Nur mit strategischen Investitionen in Zukunftstechnologien, resilienteren Lieferketten und politischer Stabilität kann Europa mittelfristig wieder zur Wachstumsspur zurückfinden.


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