Digi-Key spielt die regionale Karte

»Wir wollen DER Online-Händler für Bauteile sein«

13. Mai 2016, 9:56 Uhr | Karin Zühlke
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Ausblick auf die Zukunft der Distribution

Hermann Reiter, DigiKey
Hermann Reiter, DigiKey: »Die traditionelle Distribution hat ein Vakuum kreiert, weil sie die großen Kunden haben will und somit im traditionellen Modell der Distribution tätig wird.«
© DigiKey

Was meinen Sie damit genau?

Die traditionelle Distribution hat ein Vakuum kreiert, weil sie vor allem die großen Kunden haben will und somit im traditionellen Modell der Distribution tätig wird, wo Verfügbarkeit, Breite und Wiederauffüllung eigentlich konträr zu den Grundsätzen einer Aktiengesellschaft – dem Shareholder Value – stehen. Die Messgrößen (Leistungskennzahlen) sind bei den börsennotierten Unternehmen monetär bestimmt: Schlagworte wie Inventory, Cash-to-Cash-Zyklen und ROWC - also Return on Working Capital - sind nicht mit den Bedürfnissen und Wünschen der Kunden vereinbar. Kunden wollen ein breites Angebot.

Sofortige Verfügbarkeit ist dabei entscheidend, zudem hohe Qualität, kurze Lieferzeiten und absolute Zuverlässigkeit. Der Kunde weiß, dass wir es schaffen, unsere Waren innerhalb von 48 Stunden von USA nach Europa zu liefern. Das ist nicht selbstverständlich, weil selbst Marktbegleiter mit einem europäischen Lager dies nicht immer garantieren können. So wird Service definiert. Zudem arbeiten wir kontinuierlich an der Verbesserung unserer End-to-End-Prozesse und betrachten den Six-Sigma-Gedanken als Qualitäts-Standard.

Wenn Sie von einem breiten Produktspektrum sprechen: Wird es bei Digi-Key künftig ein MRO-Angebot geben?

Natürlich wächst unser Portfolio täglich, und wir haben aktuell über 1,3 Millionen Produkte auf Lager und über 4,75 Millionen Produkte online. Das ist „best in class“, und wir liefern Kunden bereits viele Produkte, die über den Electronics-Bereich hinausgehen. Dennoch ist Electronics unser Kerngeschäft, und unsere Kunden wissen, dass sie bei Digi-Key das breiteste Angebot und zudem einen erstklassigen Service erhalten. Gerade im Bereich Entwicklungsboards und Messgeräte haben wir viele Produkte aufgenommen. Außerdem ist es für uns wichtig, autorisierter Distributor zu sein und eng mit dem jeweiligen Lieferanten zu kooperieren.

Die Erweiterung in Richtung Module bzw. Entwicklungsboards soll ja den Gedanken „Make or Buy“ umsetzen. Wie greift diese Strategie?

Wir haben derzeit über 10.000 Development-Boards und Module ab Lager lieferbar. Wir sehen dies als einen Wachstumstreiber. Wir stellen auch die Open Software zur Verfügung. Der Kunde kann sich die BOM des Boards direkt herunterladen und damit weiterarbeiten.

Wie adressieren Sie die Maker-Kunden?

Wir haben mit der Maker-Szene einige Projekte laufen und waren schon immer an den „make“-Kunden dran. Darüber hinaus arbeiten wir auch sehr aktiv mit Croud-Fundern wie Kickstarter zusammen und sind Mentoren für Newcomer und Start-ups auf dem Weg zu Crowd-Funding. Mehr Infos dazu finden alle Interessierten auf unserer neuen Maker-Seite: www.Maker.io.

Wir waren schon immer nahe an den Makern dran, weil sie bei uns schon immer die Produkte gefunden haben, die sie brauchen. Diese Kunden kennen die klassischen Distributoren oft gar nicht. Die kommen erst dann ins Spiel, wenn ein EMS ein Produkt eines Makers produziert. Diese Kunden passen gut zu uns, und wir bieten auch einiges für diese Klientel: Unsere Scheme-it Design Software ist kostenlos verfügbar in der Basisversion, und wir haben schon über 100.000 Designs von unseren Kunden in diesem Tool. Die Designs sind natürlich geschützt, aber die Kunden können ihre Designs auch untereinander freigeben bzw. teilen.

Wir haben für diese Klientel ein rundes Portfolio und führen nicht nur die klassischen Bauteile-Hersteller, sondern auch Tools zum Beispiel von Seeed, Ada-Fruit oder Quadzept, um dem One-Stop-Shop-Gedanken für die Maker-Szene Rechnung zu tragen.

Der Markt und die Klientel wandeln sich. Vielleicht gibt es künftig neue Player im Markt wie Amazon?

Wir haben Anforderungen zu erfüllen, wie ESD-Standards, Traceability und weitere Qualitätsmerkmale, und das kann man nicht einfach über einen Marktplatz abwickeln – die Diskussion hatten wir vor 20 Jahren schon mal, als Logistikdienstleister in den Markt kamen. Wir sehen das entspannt, denn als High-Service-Distributor haben wir mit der hohen Anzahl an Einzelkunden und den prototypenspezifischen Bedürfnissen der Kunden ein ganz anderes Servicelevel.

Bei den Prototype-to-Production-Kunden gehen Sie den umgekehrten Weg in Richtung Volumen.

Im Produktionsgeschäft haben wir Kunden, die mehr wollen als nur den Online-Service. Hier erhöhen wir das Volumen, aber auch den Servicelevel. Bei allen Kunden stehen Integration und mehr Automatisierung im Vordergrund: Seit kurzem bieten wir ein API-Interface an, das sich jeder dieser Kunden herunterladen kann und mit dem er sich bis zu 1000 Artikel pro Tag in sein System ziehen kann.

Die Webseite ist die Vorstufe zur tatsächlichen Machine-2-Machine-(M2M-)Connection, die diese Kunden benötigen, denn der klassische Industriekunde bestellt ja nicht über das Web, sondern möchte möglichst einfach integrieren. Für die Industriekunden gehen wir deshalb weg von der Webseite zu einer klassischen M2M-Connection.

Automatisierung ist auch der Schlüssel im Einkauf, um die Prozesse zu verschlanken. Wir bieten darüber hinaus daher auch Punch-out-Kataloge an, die der Kunde in seine Systeme integrieren kann. Hier arbeiten wir auch mit gängigen Market-Places wie z.B. Ariba zusammen.

Die Distribution hat sich in den letzten Jahren im Volumenbereich konsolidiert. Wie lautet Ihr ganz persönlicher Ausblick für die Distribution?

Ich sehe nicht, dass sich die Anzahl der Distributoren weiter reduziert, sondern eher eine Steigerung der Nischendistributoren. Der Grund dafür sind neue Hersteller, die in den Market gekommen sind, und somit auch neue Technologien, die sich daraus entwickelt haben.


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