Warum sich Christian Reinwald, Head of Marketing und Product Management bei reichelt elektronik, mit dem Thema Quantencomputer beschäftigt und wie wichtig es ist, Zukunftsthemen früh zu erkennen, erklärt er im Interview.
Markt&Technik: Kürzlich hatten Sie in einem Kommentar das Thema Quantencomputer angesprochen, auch weil Sie dafür ein hohes Potenzial für Deutschland sehen. Warum beschäftigt sich ein Elektronik-Distributor wie reichelt elektronik mit diesem Thema?
Christian Reinwald: Wir diskutieren intern mehrfach im Jahr über gesellschaftliche, technologische und wirtschaftliche Zukunftstrends und bewerten diese dahingehend, wie sie in naher zeitlicher Hinsicht unsere Kunden und Märkte beeinflussen könnten. Da muss es noch nicht unbedingt um konkrete Produkte gehen, die wir morgen im Sortiment aufnehmen werden. Wir wollen schon früh erkennen, welche Technologien in der Industrie von Relevanz sind und damit längerfristig für uns als Online-Distributor interessant werden könnten.
Denn so können wir Innovationen schneller verfügbar machen. Zusätzlich zu unseren internen Überlegungen führen wir regelmäßig Studien durch, inwiefern sich deutsche Industrieunternehmen schon mit diesen Trendthemen befassen. Diese Studien belegen häufig unsere Einschätzungen. So haben wir uns beispielsweise schon früh mit der additiven Fertigung und 3D-Druck beschäftigt. Diese haben inzwischen in der Industrie stark an Popularität gewonnen, was auch die große Nachfrage bei uns nach 3D-Druckern bestätigt. Aktuell bieten wir sogar 3D-Drucker für Platinen, Schokolade und Beton an.
Welche Trends haben Sie zurzeit identifiziert?
Neben Energiesparen stehen auf der technischen Seite ganz oben Automatisierung, Robotik und KI. Dieser Markt ist für uns schon jetzt in greifbarer Nähe. Beispielsweise vertreiben wir Robotik-Bausätze an Schulen und Universitäten, mit denen der Umgang mit der Technologie gelernt werden kann. Das muss technisch nichts Großartiges sein, was dort über KI realisiert wird, aber die Schüler und Studenten lernen so den Umgang mit Robotik und KI-Systemen und wie sie in der Realität funktionieren.
Wir haben aber immer mehr Kunden in der Industrie, die sich auf professioneller Ebene sehr konkret mit KI-Anwendungen auseinandersetzen, beispielsweise mit Predictive Maintenance – oder auch Hochschulen und Ausbildungsbetriebe, die beispielsweise Cobots, Roboter-Arme oder auch ROS- und KI-gesteuerte vierbeinige Roboter über uns beziehen. Das zeigt uns: Der Verkauf von industriellen KI-Systemen wie Robotik und 3D-Druck, die schnell mal 8000, 12.000 oder 16.000 Euro kosten können, ist auch über den Versandhandel möglich.
Unsere Kunden verstehen das Potenzial dieser Technologien inzwischen so gut, dass sie zeitnah investieren, wenn sie derartige Produkte bei uns im Sortiment sehen. Daher ist es für uns wichtig, immer drei bis fünf Jahre in die Zukunft zu denken und neue Produkte und Innovationen anzubieten, auch wenn das Absatzrisiko im ersten Moment noch hoch erscheint.
Kürzlich war auf dem Titelblatt des Katalogs ein vierbeiniger Roboter-Hund zu sehen, der ähnlich aussieht wie die bekannten Vierbeiner von Boston Dynamics. Werden Sie jemals solche Roboter über Katalog verkaufen?
Sie werden erstaunt sein – und wir waren es selbst –, dass wir bereits solche Roboter-Hunde verkauft haben. Der Markt ist bereits sehr nahe an uns herangerückt. Die chinesische Firma, die den Roboter-Hund baut, den wir in unserem Sortiment aufgenommen haben, hat uns überzeugt, weil sie ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Aber die Kosten liegen für ein solches System noch immer zwischen 14.000 und 16.000 Euro, das ist ja nicht unerheblich. Unser Robotik-Angebot kommt gerade auch bei Universitäten und Forschungseinrichtungen sehr gut an. Insgesamt konnten wir bereits zwanzig der Roboter-Hunde und diverse Roboter-Arme absetzen.