Gilles Beltran, Avnet Silica

»Sehr herausforderndes Jahr im Halbleitermarkt«

2. August 2022, 11:10 Uhr | Karin Zühlke

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Starker Kostendruck

Welche strukturellen Veränderungen gab es seit Ihrem Amtsantritt als President von AVS bzw. welche Schritte sind in Planung?

Wir haben im letzten Jahr 20-jähriges Jubiläum gefeiert. 20 Jahre sind eine interessante Zeit und gleichzeitig ein großer Schritt für das Unternehmen. Wenn wir an der Stelle die Parallele zum Menschenalter ziehen: Mit 20 ist man erwachsen und man entwickelt sich weiter, und ich denke, das gilt auch für uns als Avnet Silica.

Eine der wichtigsten Schritte für Avnet Silica ist die Neugründung der Business-Operation-Gruppe, die jetzt etwa 15 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmacht. Es hilft wirklich dabei, die richtige Verbesserung des Betriebs zu erreichen, indem wir Aufgaben, die zentral erledigt werden können, zentralisiert haben und sich dadurch die regionalen Mitarbeiter auf ihre oberste Priorität konzentrieren können: nämlich die Unterstützung der Kunden.

Außerdem haben wir im letzten Juli eine Expertengruppe für die Lieferkette ins Leben gerufen, die sich MySupply nennt. Damit haben wir auf die Bedürfnisse des Marktes reagiert. Dabei geht es darum, die richtige Expertise, den richtigen Prozess und die richtige Unterstützung für die jeweiligen Bedürfnisse der Kunden zu haben. Die Zusammenarbeit mit Kunden, die Volumen und Low Mix produzieren, muss anders aussehen als die mit High-Mix/Low-Volume-Produktion.

Aus strategischer Sicht: Wir sind Volumenlieferant für Halbleiter, aber wir bewegen uns auch in zunehmendem Maße auf mehr Lösungen zu. Aber das strategische Ziel ist ganz klar, mehr Halbleiter zu verkaufen, denn das ist der Kern unseres Geschäfts.

Sie haben Ihre neue Position Anfang letzten Jahres mitten im Corona-Winter-Lockdown übernommen. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Zu dieser Zeit spielte sich quasi alles aus der Ferne ab. Das hat uns auch dazu genötigt, die Kommunikation umzustellen von live auf Video-Konferenzen. Aus meiner Sicht ist es besser, ein drei- bis vierminütiges Videogespräch zu führen, als eine lange E-Mail zu schreiben. Es ist auch persönlicher, als sich nur über Mails auszutauschen.

Die Arbeitsweise während der Pandemie hat sich stark verändert. Wie sieht New Work in Zukunft bei Avnet Silica aus?

Wir werden nicht mehr 100 Prozent der Zeit im Büro verbringen, so wie es früher der Fall war, sodass es mehr Flexibilität geben wird. Es wird Tage geben, an denen die Leute zu Hause arbeiten können, wenn sie wollen, aber es wird auch Präsenztage geben. Es gibt unterschiedliche Reaktionen aufseiten der Belegschaft, aber die Mitarbeiter stellen selber fest, dass Präsenzzeiten wichtig sind, um zu diskutieren, um beispielsweise bei einer Tasse Kaffee Ideen auszutauschen und Gespräche zu führen. Dieser New-Ways-of-Working-Ansatz wird bzw. wurde über den ganzen Avnet-Konzern ausgerollt.

Supply-Chain-Experten sind der Meinung, dass die Lieferkette zu wenig stark auf die Digitalisierung ausgerichtet ist. Das heißt, es existieren natürlich jede Menge singuläre Ansätze wie EDI, aber es gibt keinen durchgängigen digitalen Fluss.

Wir entwickeln uns zum einen weiter, um die Daten, die uns vorliegen, bestmöglich zu verwerten. Wir sehen, dass wir als Halbleiter-Distributor uns in den meisten Fällen irgendwo in der Mitte des gesamten Ökosystems befinden. Wir sind mit Lieferanten, Kunden und Partnern verbunden, und eine der Herausforderungen in der Lieferkette ist, wie wir die Analyse der Lieferkette am besten nutzen können. Die Frage, die sich für uns stellt, ist: Wie können wir die verschiedenen Seiten der Bedürfnisse verknüpfen und unsere Position und unsere enge Verbindung zu den Lieferanten am besten einbringen?

Morgen ist derjenige am erfolgreichsten, der in der Lage ist, die schnellste und beste Entscheidung zu treffen, denn sowohl der Markt als auch die Rahmenbedingungen werden sich immer wieder ändern. Das Wichtigste ist, dass wir unseren Kunden die volle Transparenz über das, was wir an Ware bekommen, bieten müssen und dass wir diese Transparenz auf einfache Weise herstellen. Es geht also um die digitale Kommunikation, die wir noch weiter ausbauen müssen.

Welche neuen Trends und neue Technologien erachten Sie als besonders interessant?

Der Markt entwickelt sich sehr schnell. Die Menge an elektronischem Inhalt in Produkten nimmt deutlich zu. Heute liegt der Anteil der Halbleiter an den Kosten eines elektronischen Produkts bei 33 Prozent und wird auf 40 Prozent oder mehr des Gesamtpreises ansteigen.

Wir sehen, dass die Elektronik in den Mittelpunkt der Gesellschaft rückt und eine Rolle dabei spielen wird, wie sich die Gesellschaft entwickelt. Elektronik wird uns dabei helfen, beispielsweise die Energie und die Ressourcen besser nutzen zu können.

Die Themen »Konnektivität« und »vorausschauende Wartung« erachten wir als besonders interessante Trends. Da sich Technologien schnell ändern, ist es wichtig, Lösungen immer wieder neu zu überdenken, damit sie sich weiterentwickeln können. Diese Anpassung und Innovation ist in diesem hart umkämpften Markt äußerst wichtig.

Die Sicherung der von Connected Devices übermittelten Daten wird ebenfalls zu einem wichtigen Thema. Ein Akkreditierungssystem für alle vernetzten Geräte wird derzeit auf europäischer Ebene vorbereitet. Wir bereiten uns darauf mit einem umfassenden Lösungsangebot vor.

Man muss bedenken: Jedes einzelne Produkt, das mit einem Netzwerk verbunden ist, stellt auch eine potenzielle Sicherheitslücke dar. Hier bedarf es adäquater Lösungen. Und ich denke, dass dieser Bereich im nächsten Quartal ebenfalls erheblich wachsen wird.

Es geht also ganz klar um Konnektivität, um Sicherheit und darum, wie wir Inhalte auf sichere Weise in die Cloud bringen und wie wir dem Endnutzer auf einfache Weise Zugang gewähren können. Das ist also das Gesamtbild, das wir brauchen.

Und es geht um Ressourcenmanagement. Wir können das auf Lebensmittel, Energie und viele andere Themen anwenden, und das wird eine der wichtigsten Anwendungen der Elektronik von morgen sein.

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