»Dessen ungeachtet bieten wir natürlich auch bei den IGBTs Produkte der neuesten Generation«, so Mangler. »Das ist derzeit allen voran der erste SiC-IGBT, der wirklich in Serie produziert wird, und die entsprechenden Dioden von unserem Hersteller Rohm. Der SiC-IGBT bietet alle Vorteile, die durch die Verwendung von SiC entstehen, in erster Linie weniger Schaltverluste. Sie reduzieren sich um 85 Prozent, verglichen mit einem Silizium-IGBT mit einer Freilauf-Diode plus einem SiC-MOSFET der 800-W-Klasse. Dadurch verringert sich auch die Wärmeentwicklung, so dass eine höhere Leistungsdichte und kompaktere Designs mit geringeren Anforderungen an das Thermomanagement möglich werden. »Ein enormer Vorteil ist auch, dass durch die niedrigeren Temperaturen die Langlebigkeit der Komponenten und des Gesamtsystems steigt, obgleich die SiC -Komponenten auch mit höheren Junction-Temperaturen arbeiten können.«
Das ist für Elektrofahrzeuge wie auch für PV- oder Windkraftanlagen ein entscheidendes Qualitätsmerkmal: Bei Windkrafträdern spielen die Wartungskosten eine große Rolle, vor allem bei Offshore-Anlagen sind sie extrem hoch. Je langlebiger die Komponenten sind, desto geringer sind auch die Kosten für Wartung und Austausch. Im Automotive-Bereich möchten Endkunden nicht auf Features und Komfort verzichten, wenn sie sich für ein Elektro- oder Hybridfahrzeug entschieden haben. Für sie wäre es inakzeptabel, den Motor nach spätestens zehn Jahren austauschen zu müssen. »Diese Anforderung der Wärme- bzw. Verlustleistungsreduzierung zur Verlängerung der Lebensdauer war und ist einer der Haupttreiber für viele ganz neue Entwicklungen, darunter auch SiC.«
Auch im Packaging entstehen neue Ansätze. So hat der Rutronik-Partner Bosch Semiconductor einen IGBT entwickelt, bei dem man die Hochstrom-Kontakte anschweißen kann und nicht mehr schrauben muss. Zudem sind die Kontaktverbindungen zum Chip ohne Wirebond-Drähte realisiert. Dadurch ist der IGBT viel robuster gegenüber Vibrationen, wie sie in Fahrzeugen praktisch immer vorhanden sind. Zudem bietet er eine höhere Zuverlässigkeit, da die Drehmomentbelastung der Verschraubung wegfällt. Die geschweißten Anschlüsse können die entstehende Wärme effizienter über den Hauptanschluss ableiten, was die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit des Systems nochmals erhöht bzw. höhere Taktungen erlaubt. Gleichzeitig erlauben sie ein kompakteres Design als die üblichen geschraubten Modelle. Und weil die Kontakte industriell aufgebracht werden können, lässt sich das Gesamtsystem auch effizienter herstellen.
»Damit beschreitet Bosch komplett neue Wege, denn das Schweißen direkt am Halbleiter ist alles andere als trivial«, merkt Andreas Mangler an. »Das zeigt, wie die aktuellen Anforderungen rund um die Energiewende in vielen Bereichen der Elektronik Neuentwicklungen und zum Teil sogar ein komplettes Umdenken fordern und fördern. Dabei beobachten wir häufig, dass Entwickler solche Lösungen als Allheilmittel betrachten. Das sind sie jedoch keineswegs.« Wenn SiC-IGBTs höhere Schaltfrequenzen ermöglichen, müssen alle Komponenten mit diesen Geschwindigkeiten umgehen können. Erreicht z.B. bei der Strommessung auf der Motorseite die Schaltfrequenz über 50 kHz, kommt der Strommesssensor an seine Grenzen. Auch die Ansteuerungskomponenten, die Gate Driver, müssen mit den Geschwindigkeiten umgehen können. Beim Einsatz der entsprechenden Bauteile steigen in der Regel auch die Kosten. Damit ist ein Hindernis beim Einsatz der SiC-Technologie nicht nur deren Preis, sondern auch die Verteuerung bei den anderen Systemkomponenten. »Viele Märkte sind derzeit nicht bereit oder in der Lage, diese höheren Kosten zu bezahlen. Hier muss applikations- und marktspezifisch entschieden werden, was machbar und sinnvoll ist«, so Mangler. »Langfristig betrachtet, werden wir an der SiC-Technologie aber nicht vorbeikommen.«