In der Fahrschule haben wir alle gelernt: Vorausschauendes Fahren schont das Fahrzeug und senkt den Kraftstoffverbrauch. Moderne Fahrerassistenzsysteme, welche die Informationen über die vorausliegende Fahrstrecke auswerten, können dies noch viel einfacher möglich machen und damit zusätzlich Kraftstoff und Kohlendioxid einsparen.
Fossile Brennstoffe sind endlich, unser Klima wandelt sich ungebremst und die auch die Bedürfnisse der Bevölkerung verändern sich. Damit sind neue Konzepte im Bereich der individuellen Mobilität nötig. Insbesondere für die Automobilindustrie ist dies eine Herausforderung, denn auf den weltweit wachsenden Energiebedarf und die allmähliche Erderwärmung hat der Gesetzgeber mit Vorgaben zur Verbrauchslimitierung und Reduktion von Kohlendioxid reagiert. Auf europäischer Ebene wurden konkrete Zielwerte für die CO2-Durchschnittsemission aller EU-weit neu zugelassenen Pkw erlassen, und Automobilhersteller, die ihr Flottenziel nicht erreichen, müssen mit empfindlichen Strafen rechnen.
Allein durch Weiterentwicklungen an den Verbrennungsmotoren lassen sich diese Zielwerte nicht erreichen. Zudem verlangt das stetig wachsende Verkehrsaufkommen von den Fahrern, sich immer stärker auf das Verkehrsgeschehen zu konzentrieren, und die Gefahr von Unfällen steigt. Automobilhersteller rüsten deshalb ihre Fahrzeuge zunehmend mit technischen Innovationen für mehr Komfort und Sicherheit aus, die unter dem Begriff »Fahrerassistenzsysteme« zusammengefasst werden. Grundlage dieser Systeme ist die zuverlässige Erkennung des Fahrzeugumfelds und der Fahrsituation. Umgebungsinformationen von Radar-, Video- und Ultraschallsensoren bilden die Basis vieler heutiger Anwendungen. Beispiele dafür sind der Abstandsregeltempomat, der Spurhalte- oder Spurwechselassistent und die Einparkhilfe.
Solche Systeme können nicht nur den Fahrkomfort verbessern und die Verkehrssicherheit erhöhen, zukünftige Fahrerassistenzsysteme können auch einen wesentlichen Beitrag dazu liefern, den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren. Dazu sind neben der Umfelderfassung im Nahbereich des Fahrzeugs weitere Informationen notwendig. Ein vielversprechendes Konzept beruht dabei auf der Auswertung von Informationen über die vorausliegende Fahrstrecke. Die Bereitstellung dieser Informationen auf Basis von digitalen Karten und der aktuellen Fahrzeugposition, die unter anderem über GPS (Global Positioning System) zur Verfügung steht, wird als »Elektronischer Horizont « bezeichnet (Bild 1).
Sind prädiktive Streckendaten (z.B. Fahrbahnsteigungen, Kurvenradien, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Kreuzungen, Ampeln) verfügbar, bietet sich neue Möglichkeiten, den Ausstoß von Kohlendioxid zu reduzieren. Den elektronischen Horizont stellt typischerweise ein im Fahrzeug verbautes Navigationssystem aufgrund einer zuvor berechneten Fahrroute bereit. Denkbar sind aber auch spezielle, kostenoptimierte Steuergeräte ohne Bedienschnittstelle. In diesem Fall bildet nicht die geplante Route, sondern der wahrscheinlichste Fahrweg die Grundlage der Vorausschau, was insbesondere auf Fernverkehrsstraßen keinen wesentlichen Nachteil darstellt. Somit hat der elektronische Horizont die Funktion eines im Fahrzeug integrierten, vorausschauenden Sensors, dessen Daten über den Fahrzeugbus anderen elektronischen Steuergeräten wie der Motor- oder Getriebesteuerung zur Verfügung gestellt werden.
So lässt sich CO2 reduzieren
Fahrzeughersteller und Zulieferer untersuchen derzeit verschiedene Konzepte zur CO2-Einsparung, wobei prädiktive Streckendaten als Grundlage dienen. Informationen über Steigungen und Gefälle der über mehrere Kilometer vorausliegenden Fahrstrecke stellen zum Beispiel wesentliche Eingangsgrößen für ein »intelligentes« Energiemanagement bei Hybridantrieben dar. Der Elektromotor kann bei einer Bergauffahrt den Verbrennungsmotor mit deutlich mehr Leistung unterstützen und damit Kraftstoff einsparen, wenn aufgrund der Topologie der Strecke eine spätere Energierückgewinnung absehbar ist. Durch die Vorausschau auf die vorausliegende Strecke lässt sich somit der Einsatz von Elektro- und Verbrennungsmotor effizienter austarieren. Strategien zur Regelung der Kühlleistung und der Nebenaggregate stellen weitere Beispiele in diesem Zusammenhang dar. Ist der Steigungsverlauf der Strecke bekannt, könnte die Kühlleistung deutlich früher, bereits vor dem Ende einer Steigung reduziert werden, um so Energie einzusparen (Bild 2).