Delphi optimiert Änderungsprozesse mit der CMII-Methode

Nacharbeit ist vermeidbar #####

4. August 2008, 12:15 Uhr | Udo Mathee
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Nacharbeit ist vermeidbar

Ganz allgemein heißt es bei CMII: Dokumente führen, Produkte folgen. Die Dokumentation eines Bauteiles oder Software-Moduls muss also immer zuerst vollständig erstellt, geprüft und freigegeben werden, erst dann darf entwickelt, gefertigt und beschafft werden. CMII erzwingt also eine Vordokumentation: Dadurch wird jedes Dokument zu einer klaren Anforderung.

Einzelanforderungen sind schneller freizugeben

Konsequenterweise beginnt dies bei der Umsetzung des Lastenheftes. Dieses wird mit den dazugehörenden Normen oder Umweltvorschriften systematisch in Einzelanforderungen zergliedert. Kleine Einheiten sind einfacher zu ändern, besser prüfbar und schneller freizugeben als große. Anschließend werden sie in die vierfach unterteilte Design-Basis überführt. Erst wenn jeweils aus funktionaler, physischer, logischer und prozessbedingter Sicht alle Fragen geklärt sind, ist das beauftragte „cross functional team“ sicher, die Wünsche des Kunden umsetzen zu können. Sinnvollerweise enthält diese Arbeitsgruppe Mitglieder aus dem Einkauf, der Entwicklung, der Fertigung und auch des Vertriebs.

Unterhalb dieser Design-Basis des Endproduktes werden alle zu entwickelnden Produkte, etwa ein Getriebe oder eine Kurbelwelle, hierarchisch in die Datenstruktur eingefügt und diesen wiederum alle erforderlichen Dokumente zugeordnet. Die Vollständigkeit einer jeden standardisierten Akte lässt sich sehr leicht kontrollieren. Diese physische Produkthierarchie (PIH) bildet damit die Basis für alle Design- und Prozessinformationen.

Diese müssen dann so unterteilt werden, dass jedes Dokument immer nur einen Eigentümer und einen Anwender besitzt. Darum wird beispielsweise der Schweißvorgang aus einer Fertigungszeichnung herausgenommen und in einem separaten Prozessdokument erfasst. „Mit dieser klaren, immer nur von zwei Schultern getragenen Verantwortung fallen 75 bis 85 % aller Änderungen unter die Rubrik Einfachänderungen und können damit sehr schnell ausgeführt werden“, beschreibt Weischedel die Effizienz von CMII. Zusätzlich werden dadurch die zu erwartenden Kosten transparent.

Grundsätzlich durchläuft jede Änderung einen in sich geschlossenen Gesamtprozess. Dieser „closed-loop change process“ umfasst alle Phasen eines Produkt-Lebenszyklus. Dadurch ist immer definiert, wer an welcher Stelle einbezogen werden muss. Mit diesen einheitlichen Standards liefert CMII die Basisprozesse für eine optimale Kommunikation im Unternehmen und mit den Zulieferern. Wirtschaftlichen Gesichtspunkten wird dabei eine bevorzugte Stellung eingeräumt, weil bei allen aufwendigeren Änderungen und Neuerungen die Geschäftsführung prinzipiell mit eingebunden ist. Ähnlich einem Verkehrspolizisten übernehmen dabei Change leader, CMII-geschulte Änderungsspezialisten, die Regelung der Informationswege. Dadurch wird der Weg frei vom so genannten Korrekturmodus zum kontinuierlichen Verbesserungsmodus.

„Ähnliche Standards finden sich natürlich auch später in der Null-Fehler-Methode oder beim Qualitätsmanagement wieder“, erklärt Schwartz, „während jedoch ISO 9000 lediglich vereinfacht formuliert: Schreibe auf, was du tun willst, und führe aus, was du aufgeschrieben hast, sagt uns CMII ganz konkret, wie man es zu dokumentieren und zu tun hat. Dadurch werden die Anforderungen etwa von ISO 9001 oder Six Sigma quasi nebenbei erfüllt.“

Die Gründe liegen oft schon bei falschen, fehlenden oder unterschiedlich interpretierbaren Eingangsinformationen. So fasst der Kunde seine Anforderungen und Wünsche in einem Lastenheft zusammen, das vom Volumen her eher einem dicken Buch gleicht als einem dünnen Heft. Nach der Erstellung des ebenso umfangreichen Pflichtenheftes beginnt die Entwicklung eines Prototyps. Wie kann der Entwickler aber wissen, ob er wirklich alle Forderungen umgesetzt hat? „Das zeigt sich meist erst bei der Endabnahme“, berichtet Thomas Schwartz, ebenfalls Geschäftsführer bei der GfKM (Bild 2). „Es kommt auch vor, dass der Kunde mittendrin seine Wünsche ändert oder um weitere Anforderungen ergänzt.“ Es folgen also neue Pflichtenhefte, Nacharbeiten und der Streit, welche Änderungen denn nun kostenpflichtig sind und welche nicht. Denn solche umfangreichen Dokumente werden weder vollständig gelesen noch anforderungsgerecht umgesetzt. Die Aktualisierung der Pflichtenhefte bleibt ebenfalls schwierig und wird oft nicht nachhaltig durchgeführt.

Nacharbeit kann auch entstehen, wenn die Erstellung der Dokumente den Produkten hinterherhinkt, die Produkte also die führende Rolle übernehmen. Die Mitarbeiter hoffen zwar, die Dokumentation am Ende eines Projektes vervollständigen zu können, aber meist drängt dann schon der nächste Auftrag. Dadurch wird der aktuelle „as-built“-Zustand eines Produktes weder exakt erfasst, noch die Konfiguration, – also die hierarchischen Abhängigkeiten der einzelnen Module und ihre Auswirkungen auf andere Prozesse und Unternehmensbereiche – sauber dokumentiert. Die Dokumente sind nicht nur unvollständig, sondern oft auch individuell strukturiert. „All dies rächt sich bei der nächsten Änderung“, so Weischedel, „dann sind weder der Aufwand noch die Kosten einer Maßnahme überschaubar, so dass mit einer eigentlich innovativen Produktänderung ein ganzer Rattenschwanz an unvorhergesehenen Problemen beginnt.“

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Bild 2. Thomas Schwarzt, Geschäftsführer der Gesellschaft für Konfigurationsmanagement: „Ob das Pflichtenheft erfüllt wurde, zeigt sich meist erst bei der Endabnahme.“

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  5. Rückrufaktionen sind nur die Spitze des Eisberges

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