Eine digitale Übertragung unkomprimierter Videodaten wird seit mehr als zehn Jahren in Kraftfahrzeugen eingesetzt. Systeme mit räumlich getrennten Videoquellen und -senken erfordern Lösungen zur effizienten und störungsfreien kabelgebundenen Übertragung von Informationen, deren Datenrate in der Regel durch die verwendete Display-Auflösung, Farbtiefe und Bildwiederholfrequenz bestimmt wird. Mit steigender Videoauflösung wuchs die benötigte Datenrate von 200 Mbit/s auf 1,5 bis 2 Gbit/s; für die nahe Zukunft werden mehr als 3 Gbit/s erwartet.
Die Automotive-Umgebung stellt besondere Anforderungen an das Übertragungssystem, was den Einsatz von Lösungen aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik nahezu unmöglich macht, da v.a. Kabel und Steckverbinder nicht einsetzbar sind. Es wurden spezielle Chip-Sätze entwickelt, die digitale Videoinformationen serialisieren und als differenzielles Signal mit geringem Spannungshub (LVDS) auf wenigen oder sogar nur einem einzelnen impedanz-kontrollierten Kanal über Entfernungen von 10 bis 15 m übertragen. Ausgehend von Lösungen, die geschirmte Kabel mit vier oder fünf verdrillten Leiterpaaren verwendeten, wurden die Übertragungssysteme schnell weiterentwickelt, um die Kommunikation auf einem einzelnen Leiterpaar zu erreichen. Mit der Einführung einer gleichspannungsfreien Codierung, die eine kapazitive Kopplung der Signale ermöglicht, wurde ein robustes Übertragungssystem geschaffen, das die Anforderungen des automobilen Umfeldes erfüllt. Bild 2 zeigt verschiedene Chip-Satz-Familien und das Jahr deren Markteinführung.
Aktuelle Chip-Sätze unterstützen neben der Videoübertragung auch Audiosignale und ermöglichen eine bidirektionale Kontroll-Kommunikation auf UART- oder I²C-Basis.
Geeignete technische Maßnahmen, wie programmierbare Preemphasis und Equalization sowie Methoden zur Jitter-Reduzierung, ermöglichen die Datenübertragung mit mehr als 3 Gbit/s auf einem einzelnen Leitungspaar einschließlich der Kontrollkommunikation in umgekehrter Richtung. Für die Systemarchitektur von Videoapplikationen erschließen sich neue Möglichkeiten, da Schnittstellen wie CAN, LIN oder proprietäre Lösungen durch den Kontrollkanal ersetzt werden. Der Video-Link unterstützt die Steuerung, die HMI-Kommunikation von Bedienelementen und auch Multi-Touchscreen-Applikationen oder Diagnosefunktionen.
Spezielle Funktionen zur Diagnose des gesamten Übertragungssystems werden von Maxims GMSL-Chip-Sätzen (Gigabit Multimedia Serial Link) in Hardware bereitgestellt. Neben einem integrierten Bit-Error-Testsystem, einer Fehlererkennung zur Laufzeit und einer Paritätsprüfung bietet GMSL einen Line Fault Monitor, der die Erkennung und Unterscheidung von Leitungsbrüchen oder Kurzschlüssen erlaubt. Eine beidseitige Wake-up-Funktion reagiert auf einen Stimulus, der über den Link übertragen wird. Der Kontrollkanal erlaubt den Betrieb mit gleichberechtigten Steuergeräten auf beiden Seiten (Multi-Master-Betrieb) und stellt einen fernsteuerbaren I²C-Master bereit.
Die Notwendigkeit, Inhalte von einer Blu-ray-Disk oder einem digitalen TV-Tuner zu übertragen, erfordert Verschlüsselungsverfahren, wie beispielsweise HDCP (High-Definition Content Protection). Der Chip-Satz muss in der Lage sein, Informationen in Echtzeit zu verschlüsseln und über den Kontrollkanal die erforderliche Kommunikation der Synchronisationsmechanismen wie Link-Authentifizierung und Link-Integritätsprüfung abzuwickeln. Darüber hinaus ist in den Chips ein spezieller Speicher notwendig, der im Rahmen der Chip-Herstellung mit individuellen Schlüsseln programmiert wird.
Die erfolgreiche Implementierung mehrerer Generationen von Übertragungssystemen in Kraftfahrzeugen brachte immer wieder Schritte der Innovation, aber auch der Kostenreduzierung mit sich. Auf Siliziumebene konnte beispielsweise mit Funktionen wie Spread-Spectrum-Modulation am Serializer das EMV-Verhalten bezüglich der Abstrahlung verbessert werden, was den Aufwand an Schirmmaßnahmen verringert. Ähnlich verhält es sich mit einem Funktionsblock zur Jitter-Reduktion des Eingangstaktes am Serializer, wodurch eine Steigerung der Übertragungsqualität erreicht wird. Auch die verwendeten Kabel- und Steckverbinder-Systeme bieten noch Optimierungspotential. Ein Ziel ist, vorhandene Systeme zu preiswerteren Lösungen durch Optimierung von Materialien, Herstellungs- und Montage-Verfahren weiterzuentwickeln.