Aus diesen Technologien ergeben sich zwei wesentliche Herausforderungen an die Umsetzung der zukünftigen Bordnetze: an die EMV und das Impedanzverhalten sowie an die Zuverlässigkeit und somit die Qualität. In beiden Fällen muss ein gestiegener Anspruch an die Systemintegrität eines Fahrzeuges sichergestellt werden.
Das führt uns schnell auf die Ausgangsfrage zurück: Wie lassen sich die gestiegenen technologischen Anforderungen im Rahmen der Leitungssatzkonfektionierung absichern?
Es wird schnell klar, dass es nicht mehr ausreicht, nur die eigentliche Konfektionierung eines Leitungssatzes abzusichern. Vielmehr müssen Vorentwicklungen betrieben werden, die unter erheblich gestiegenen technologischen Ansprüchen eine prozesssichere Fertigung gewährleisten.
Nehmen wir Ethernet. Erste Umsetzungen im Fahrzeug bestanden bis vor einigen Jahren lediglich im Rahmen der Diagnose und des Software-Update. Diese Kommunikationswege durften und dürfen auch meist heute noch nur in Fachwerkstätten betrieben werden. Warum? Die EMV würde im Fahrzeugbetrieb einen erheblichen Einfluss auf die Systemintegrität haben.
Das bedeutet also, wenn Ethernet als Breitbandkommunikation im Fahrzeug realisiert wird, dass man sich darüber Gedanken machen muss, wie die EMV-Problematik anzugehen ist. Um dieser und anderen Herausforderungen zu begegnen, hat sich vor einiger Zeit die OPEN Alliance gegründet, der auch die Dräxlmaier Group beitrat. Ziel ist es, eine auf Ethernet basierende Netzwerktechnologie als Standard in die Welt des Automobils einzuführen. Dieser beruht unter anderem darauf, dass eine ganz normale zweiadrige, verdrillte Leitung zum Einsatz kommen soll. Diese ist in Bezug auf die EMV für das geplante Einsatzgebiet von Haus aus nicht sonderlich hilfreich – kein Mantel, kein Schirm. Die einzusetzenden Leitungen sind jedoch systemrelevant!
Aus diesem Grund wurde im Rahmen des Innovationsmanagements bei der Dräxlmaier Group ein Grundlagenprojekt etabliert. Als Systemlieferant sah sich die Dräxlmaier Group mit neuen Themen in der Konfektionierung konfrontiert. Im Rahmen der Vorentwicklung galt und gilt es also, Wege der Umsetzung zu finden. Hierzu wurde zum einen das Systemverhalten auf der physikalischen Ebene analysiert. Zum anderen wurden die möglichen Fertigungsprozesse untersucht und ein machbarer Weg aufgezeigt. Anhand von EMV- und Impedanzmessungen ließ sich der Nachweis erbringen, dass entsprechende Leitungen gemäß den Systemanforderungen konfektioniert werden können. Die detaillierte Analyse der physikalischen Übertragungsebene sowie die zugehörigen EMV- und Impedanzmessungen sind ein neues Element, das in Teilen für die zukünftige Absicherung der zu entwickelnden Bordnetze notwendig wird.
Der zweite Aspekt, der für die zukünftigen Absicherungen an Bedeutung gewinnen wird, kann an dieser Stelle als ein Novum in der Automobilindustrie angesehen werden: Alterungstests – ähnlich, wie sie von je her bei E/E-Komponenten gang und gäbe sind. Bis dato wurden Alterungstest nur eingesetzt, um die Robustheit der verschieden Materialien eines Leitungssatzes nachzuweisen, und zwar von den jeweiligen Komponentenlieferanten. Nun wird anhand der Alterungstests der Einfluss auf die Ethernet-Leitungen ermittelt und bewertet. Die Systemintegrität über den Lebenszyklus eines Teils des Bordnetzes wird untersucht. Über die EMV-Untersuchungen sowie die Alterungstests lässt sich der gestiegene Anspruch an die Systemintegrität über den Lebenszyklus eines Fahrzeuges sicherstellen.