Drei Sensortechnologien

Lidar und die Levels

20. Januar 2020, 8:54 Uhr | Iris Stroh
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Verhelfen People Mover dem Lidar zum Durchbruch?

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Rayk Blechschmidt, Microchip Technology: »Level 3 hat früh gestartet und wurde dann aber zurückspezifiziert auf 2 und 2+, aus Kosten- und aus rechtlichen Gründen. Ich glaube aber auch, dass es eine Folge der aktuellen wirtschaftlichen Situation der OEMs ist. Sie müssen ihre Kosten reduzieren und gleichzeitig viel Geld in die verschiedenen Antriebskonzepte tätigen, da fehlen die Gelder für andere Sachen. Das heißt: Lidar wird kommen, aber langsamer.«
© Markt&Technik

»People Mover sind eher Zubringer. Beispiel Singapur: Dort werden mit People Movern Leute von der U-Bahn-Station in die Wohngebiete hineingebracht. Diese Art der Fahrzeuge wird ganz schnell kommen, und dann ist Lidar sowieso gesetzt, denn dort wird überhaupt nicht über den Einsatz von Lidar diskutiert«, so Adlkofer weiter. Das sieht Wiese allerdings anders und erklärt: »Wir haben schon darüber diskutiert, dass das Auto besser fahren muss oder zumindest so gut wie ein Mensch. Und ich denke, wir sind uns alle einig darüber, dass Sensorfusion mit mehreren Sensoren mehr Sicherheit bringt. Aber sobald die erste Firma mit nur zwei oder sogar mit nur einem Sensor genügend gut fahren kann, wird das kommen. Ich wäre noch vorsichtig mit der Aussage, dass Lidar gesetzt ist. Das hängt davon ab, wie gut die Sensorfusion ist. Es sieht so aus, als würde Lidar gebraucht, aber ich würde persönlich nicht sagen, dass es unbedingt gesetzt ist. Es gibt genauso viele Firmen, die sagen, wir brauchen nur zwei Systeme.«

Und Adlkofer stimmt ihm insofern zu, dass ähnliche Entwicklungen auch in anderen Bereichen zu sehen waren: Durfte man früher den Atlantik nur mit vier Triebwerken überfliegen, kann man das jetzt auch mit nur zwei. »Das Gleiche wird auch im Automotive-Bereich passieren. Es muss noch nicht einmal unbedingt eine Firma sein, denn wenn regulatorisch bewiesen ist, dass man mit zwei Sensorsystemen sicher genug ist, dann wird ein drittes System überflüssig«, so Adlkofer.

Allerdings wirft Claudio Valesani, Group Vice President und Head der EMEA Central Europa Sales Unit von STMicroelectronics, in diesem Zusammenhang die Frage auf: »Was heißt „sicher genug“?« Wenn ein Unfall passiert, nachdem ein Hersteller von drei auf zwei Sensoren zurückgegangen ist, dürfte er sicherlich Probleme bekommen. Valesani: »Wir wissen alle, dass mit nur zwei Systemen die Sicherheit dramatisch reduziert wird.«

Akzeptanzprobleme?

Adlkofer: »Es gibt auch Leute, die Angst haben, in ein Auto einzusteigen, in dem kein Fahrer mehr sitzt.« Damit bestätigt er die Aussage, die auch in dem Manager-Magazin-Artikel über Waymo One zu lesen war. Dort hieß es: »Doch Waymos geringe Kundenzahlen zeigen, dass die Euphorie um selbstfahrende Autos in Städten ein Stück weit verflogen ist.« Valesani ist ebenfalls eher skeptisch, wenn es um die Frage geht, ob Leute das pilotierte Fahren auf der Autobahn wollen. Leute mit Technikverstand hätten keine Probleme, aber bei Otto Normalverbraucher ist sich Valesani nicht sicher.

Deshalb: »Man muss den Fahrer davon überzeugen, dass solche Systeme sicher sind«, so Derpmanns weiter. Ob hier ein regulatorischer Rahmen einen positiven Effekt haben könnte, so nach dem Motto: Die Regierung hat solche Fahrzeuge freigegeben, dann müssen sie auch sicher sein, kommentiert Derpmanns folgendermaßen: »Das funktioniert genau so lange gut, bis der erste Unfall passiert. Die schlagen auf das Verbraucherverhalten durch, das zeigt auch das Beispiel Boeing.« Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele: Tesla scheint trotz diverser Unfälle mit dem Auto-Pilot kein Akzeptanzproblem zu haben.

Gegenwärtig sind also viele überzeugt, dass man mindestens drei Technologien braucht, um Fahrzeuge, die auf der Autobahn pilotiert fahren können, sicher zu machen. Ob das in Zukunft aus Kostengründen auch der Fall sein muss, wird sich zeigen. Derpmanns: »Die Lidar-Systeme sind heute viel zu teuer. Mit den derzeitigen Kosten gehen sie nicht in die Volumina.« Ähnlich wie bei Radar ist also noch viel Zeit notwendig, um die notwendigen Kostensenkungen durchführen zu können. Wobei hierzu Blechschmidt anmerkt, dass Kosten bei einem veränderten Mobilitätsverhalten auch anders bewertet werden, sprich: wenn das Auto nicht mehr besessen wird, sondern Carsharing-Modelle genutzt werden, dürfte auch ein teureres Lidar, das aber zusätzliche Sicherheit bietet, keine Rolle mehr spielen.


  1. Lidar und die Levels
  2. Das leidige Thema Kosten
  3. Verhelfen People Mover dem Lidar zum Durchbruch?
  4. Kann Zeit helfen?

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