Level 3 hat aber nicht nur das Problem, dass es in Deutschland momentan am rechtlichen Rahmen dafür fehlt, sondern aus der Sicht von Hans Adlkofer, Vice President und Head of Automotive Systems Group von Infineon Technologies, noch ein ganz grundlegendes: »Es geht auch um die Frage, was das Ganze kostet. Wenn ein Hersteller auf Level 3 umsteigt, so wie es im Buch steht, muss er im Prinzip den gleichen Aufwand an Hardware und Software betreiben wie für Level 4 und 5.«
Denn auch bei Level 3 werde im Grunde genommen der Fahrer ersetzt, ganz egal, wie lange es dauert, bis der Fahrer das Fahrzeug wieder übernehmen kann. Also gibt es auch bei Level 3 Situationen, in denen im Millisekundenbereich Dinge auf der Straße passieren, in denen das Fahrzeug reagieren muss und nicht warten kann, bis der Fahrer wieder übernommen hat. »Deshalb ist der Aufwand der gleiche wie für Level 4 und 5 und deshalb sind die Aktivitäten bei Level 2,5 so stark. Denn damit kann eine kostengünstige Version realisiert werden, um dem Kunden Level-3-Features anbieten zu können, aber die Verantwortung bleibt weiterhin beim Fahrer«, so Adlkofer weiter.
Wobei sich dann die Frage stellt, ob in dem Fall der Hard- und Software-Aufwand für Level 2,5 nicht genauso groß ist wie für Level 3. Das verneint Adlkofer mit dem Hinweis, dass gewisse Redundanzen weggelassen werden können. Adlkofer weiter: »Lidar wird kommen, um Level 4 und 5 zu ermöglichen. Inwieweit Level 3 Lidar braucht, ist allerdings nicht klar.« Denn einerseits müssten die Ingenieure von der Kostenseite her versuchen, diese Technik nicht einzusetzen, andererseits müssten die Qualitätsingenieure unterschreiben, dass das Fahrzeug trotzdem absolut sicher ist. »Das muss sich dann erstmal zeigen, ob das auch ohne Lidar richtig funktioniert. Derzeit wird das aber sicherlich kein Ingenieur unterschreiben«, so die Überzeugung von Adlkofer.
Rayk Blechschmidt, Europe Segment Manager Transportation bei Microchip Technology, macht neben Kosten und rechtlichen Gründen auch die derzeit schwierige wirtschaftliche Situation für die langsamere Entwicklung von Level-3-Fahrzeugen verantwortlich. »Vor eineinhalb bis zwei Jahren saß man mit zehn Leuten am Tisch, jetzt sitzt man mit einem oder zwei zusammen. Die OEMs reduzieren ihre Kosten, weil das Thema zeitlich weiter weg gerutscht ist, sodass die gesamte Entwicklung langsamer abläuft.«
In einem Bereich rund um das automatisierte Fahren gehen die Entwicklungen laut Blechschmidt aber ungehindert weiter: Projekte mit Robo-Taxis. Blechschmidt: »Robo-Taxis laufen definitiv auf voller Geschwindigkeit weiter.« In diesem Zusammenhang verweist er als Beispiel auf Waymo One in Chandler in Arizona. Diese Fahrzeuge würden wie normale Autos fahren, sprich: relativ zügig anfahren und bremsen, sodass man den Unterschied zu einem normalen Fahrzeug nicht erkennt. Auch wenn das Manager-Magazin bereits im Mai letzten Jahres darauf hingewiesen hat, dass die Akzeptanz dieser Robo-Taxis eher gering ist, verweist Peter Wiese, Vice President und General Manager Automotive Sales EMEA von NXP Semiconductors, darauf, dass »durchschnittlich zwei Fahrten pro Tag zwar nicht viel sind, aber in der Summe sind das ein paar tausend Fahrten, seitdem sie laufen. Und damit werden Daten gesammelt.« Ein Punkt, der beim autonomen Fahren einen entscheidenden Vorteil bringt.