Steuerungstechnik in der Industrie 4.0

Ersetzt der Edge-Controller die SPS?

23. November 2016, 0:00 Uhr | Andreas Knoll
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Den Controller an die Sensoren!

Rahman Jamal, National Instruments: »Edge Controller gestatten die schnelle Analyse und Filterung der Daten direkt am Ort des Geschehens, also dort, wo sich die Sensoren befinden.«
Rahman Jamal, National Instruments: »Edge Controller gestatten die schnelle Analyse und Filterung der Daten direkt am Ort des Geschehens, also dort, wo sich die Sensoren befinden.«
© National Instruments

Je mehr Sensordaten in der Produktion erfasst und verarbeitet werden, desto näher muss der Controller an die Sensoren rücken. Edge Computing ist das passende Konzept hierfür, betont Rahman Jamal, Global Technology and Marketing Director von National Instruments, und erläutert die Hintergründe.

Markt&Technik: Wie erklärt sich Ihres Erachtens der Trend zum Edge Computing?
Rahman Jamal: Im vergangenen Jahrzehnt ist die Intelligenz von Datenerfassungsgeräten und Sensoren erheblich gewachsen und dezentraler geworden. Die Verarbeitungselemente rückten dabei näher an den Sensor. Intelligente Sensoren vereinen heutzutage den Sensor, die Signalkonditionierung, die Embedded-Verarbeitung und die digitale Schnittstelle in einem extrem kleinen System. Angesichts dieser Entwicklung liegt bei vielen Szenarien nun der Schwerpunkt auf Intelligenz und Signalverarbeitung direkt am »Edge«.

Wie definieren Sie den Begriff Edge-Controller?
Nach meinem Verständnis werden Controller, die quasi am »Rand« (Edge) des Internets ihren Einsatz finden, als »Edge-Controller« oder synonym als »Fog-Controller« bezeichnet. Der Begriff »Fog-Computing« soll andeuten, dass sich der Controller nicht in der Cloud, also oben in der Wolke des Netzes, sondern im »Nebel« unten am Boden befindet. Als lokaler Controller leistet ein Edge-Controller hervorragende Dienste für das IIoT, denn er kümmert sich um die Datenübertragung zum dezentralen Rechenzentrum und kann es dadurch entlasten. Zum einen gestattet er die schnelle Analyse und Filterung der Daten direkt am Ort des Geschehens, also dort, wo sich die Sensoren befinden. Zum anderen kann er auch als Zwischenspeicher dienen. Ein schöner Nebeneffekt dabei ist, dass somit Engpässen bei der Internet-Bandbreite entgegengewirkt werden kann.
Wie Pilze aus dem Boden schießen zurzeit Sensoren und Aktoren, die sich direkt am »Rand« von IoT-Systemen befinden. Hier fallen große Mengen an Daten der physischen Welt an - wir bezeichnen das als »Big Analog Data« -, die in ein digitales Signal verwandelt werden. Wenn die Daten direkt an den Sensoren und Aktoren analysiert werden, also sehr früh in ihrem Lebenszyklus, lassen sich daraus schneller wertvolle Informationen ziehen.

Was bedeutet dies für die Messsystem-Software?
Weil die Verarbeitung näher an den Sensor rückt, müssen Neuerungen in der Messsystem-Software auch dafür sorgen, dass die Analyse weiter in Richtung Edge verlegt wird. Zukünftige Software für Systeme auf Edge-Basis wird es ermöglichen, Tausende vernetzter Messgeräte zügig zu konfigurieren und zu verwalten sowie eine Unmenge an Analyse- und Signalverarbeitungsdaten an diese Knoten zu übertragen. Unternehmen müssen auf intelligentere Messknoten auf Software-Basis umsteigen, um mit der Menge analoger Daten mithalten zu können, die sie generieren werden.

Welche Konsequenzen hat das Ganze für die Unternehmensebene?
Sobald intelligente Systeme die Daten erfasst haben, besteht der nächste Schritt darin, die Daten dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, damit sie sich effizient verwalten, konsolidieren und analysieren lassen. Eine Lösung zur unternehmensweiten Datenverwaltung und -analyse, die Engineering-Daten aus zahlreichen Quellen handhaben kann, ist unabdingbar, um die richtigen Daten den richtigen Personen zur rechten Zeit vorzulegen, so dass sie fundierte Entscheidungen auf Basis der Daten fällen können.

Welche Bedeutung werden Edge-Controller in der Industrie 4.0 haben?
Das Thema IoT oder Industrie 4.0 hat große Auswirkungen auf die Fertigungstechnik. Es geht dabei tatsächlich um das nächste große »Ding«: ein Netzwerk aus Tausenden von Sensoren, die mit noch nie dagewesener Embedded-Intelligenz ausgestattet sind und Unmengen an Big Analog Data erfassen, die anschließend über extrem schnelle Drahtlosnetzwerke weitergeleitet werden. Weil es aber auch in der Produktion letztlich darauf ankommt, die richtigen Informationen rechtzeitig zur Hand zu haben, um korrekte Entscheidungen treffen zu können, reicht es nicht mehr aus, wenn die Controller lediglich Steuerungsaufgaben übernehmen. Die Anforderungen des IIoT ändern sich ständig, so dass die Controller zu wesentlich mehr fähig sein und zudem enorme Rechenleistung, Kommunikationsmöglichkeiten und präzise Regelung zugleich bereitstellen müssen.

Welche Aufgaben könnten Edge-Controller von der SPS übernehmen?
Schon jetzt sehen wir einen Bedarf an Systemen mit Smart-Edge-Architektur in der Produktion. Zudem zeigt sich bereits ein Wandel in der Steuerungstechnik mit klassischen SPSen: Die SPSen sind weniger für die Steuerung zuständig und entwickeln sich mehr in Richtung Smart-Edge-Messtechnik. Aufgaben wie Bildverarbeitung oder Datenauswertung werden direkt am »Edge« erledigt.
Industrielle Systeme und Maschinen werden immer komplexer und umfassen oft einige unabhängige Subsysteme für ganz bestimmte Aufgaben wie die Bildverarbeitung, die Motorsteuerung und die Mensch-Maschine-Schnittstelle. Ein solches Umfeld erfordert künftig Controller, die einen zentralisierten Ansatz verfolgen und neben Steuerungs- und Regelungsfunktionen auch viele dieser Aufgaben oder gar alle erledigen.

SPS IPC Drives: Halle 7, Stand 381


  1. Ersetzt der Edge-Controller die SPS?
  2. Den Controller an die Sensoren!
  3. Die SPS wird zum Edge-Controller
  4. Server an der Maschine

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