Elektrische Traktion

Ohne große Verluste von A nach B

22. November 2012, 10:11 Uhr | Von Thomas Schütze und Piotr Luniewski
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

AC-Antrieb hat viele Vorteile

Ein Schaltwerksantrieb ist vergleichsweise günstig, aber die durch Wartung und Verschleiß anfallenden Kosten lassen diese Variante heute nicht mehr akzeptabel erscheinen. Die Kosten eines AC-Systems aus Umrichter und Motor sind höher als die des DC-Systems aus Gleichstromsteller und DC-Motor, werden aber durch deutlich geringere Betriebskosten kompensiert. Tabelle 1 zeigt eine Übersicht verschiedener Systemkonfigurationen für Traktionsantriebe.

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Antriebsstrang
Kosten
Wirkungsgrad
Wartungsaufwand
DC-Motor mit Schaltwerk
niedrig
niedrig
sehr hoch
DC-Motor mit Gleichstromsteller
mittel
mittel
hoch
AC-Motor mit dreiphasigem Drehstromumrichter hoch hoch niedrig

Tabelle 1. Übersicht verschiedener Systemkonfigurationen für Traktionsantriebe.


Weitere Vorzüge eines AC-Antriebs gegenüber einem DC-Antrieb mit Gleichstromsteller sind:

  • Bei gleicher Leistung ist die Baugröße eines AC-Motors ca. 30 % geringer.
  • Regelmäßige Wartung (Bürstentausch) und Reinigung (Kohlestaub) ca. alle sechs Monate fällt nicht an.
  • AC-Motoren haben auch im unteren Geschwindigkeitsbereich ein konstantes Drehmoment und bieten 100 % Leistung bei hoher Geschwindigkeit. DC-Motoren weisen dagegen einen Leistungsabfall in diesem Bereich von bis zu 30 % auf.
  • AC-Antriebe haben einen um 15 % bis 30 % besseren Wirkungsgrad bei niedriger Geschwindigkeit und können 40 % bis 65 % der Leistung im Bremsbetrieb zurückspeisen.

Eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Traktionsumrichtern mit AC-Motoren spielte die zunehmende Verfügbarkeit von IGBTs mit Sperrspannung von 1.200 V (1993), 3.300 V (1995) bis 6.500 V (1999). Motivation für neue Chip- und Modulentwicklungen war und ist die Verlustleistungsreduktion und damit die Erhöhung der Umrichter-Leistungsdichte und Energieeffizienz. Tabelle 2 zeigt Traktionsanwendungen mit ihren typischen Netzspannungen und zugehörigen IGBT-Spannungsklassen.

Anwendungsgebiet
Netzspannung
eingesetzte IGBT_Spannungsklasse
Busse, Nahverkehr, Straßenbahnen
600 VDC (max. ca 900 V)
1.200 V
Busse, S- und U-Bahnen, Straßenbahnen
750 VDC (max. ca 1.100 V)
1.700 V
Diesel-elektrische Antriebe
bis ca. 1.300 VDC geregelt
2.500 V
S- und U-Bahn, Loks, Fernverkehr
1.500 VDC (max. ca. 2.100 V)
3.300 V
Diesel-elektrische Antriebe
bis ca. 2.800 VDC geregelt
4.500 V
Loks, Fernverkehr
3.000 VDC (max. ca. 4.400 V)
6.500 V

Tabelle 2. Traktionsanwendungen mit ihren typischen Netzspannungen und zugehörigen IGBT-Spannungsklasen


Infineon ist Hersteller von Leistungsschaltern, die speziell auf die Erfordernisse dieser Antriebsanwendungen zugeschnitten sind. Die zum Einsatz kommenden Halbleiter sind hinsichtlich geringer Verluste optimiert und erlauben so eine möglichst hohe Ausgangsleistung.

IGBT-Generation
IGBT 2
IGBT 3
IGBT 4
IGBT 2 > IGBT 3IGBT 3 > IGBT 4
Modultyp
KF6C_B2
KE3_B2
HP4_B29
    

Ausgangsfrequenz
(Hz)

                5
               50
5 (@max.Halbleitertemperatur)
Umrichterleistung
(kW)  
1.058
1.058
1.058

+143 (14%)

+528 (50%)
1.274
1.274
1.274
1.058
1.201
1.586
Verlustleistung
(W)  
14.010
12.570
11.946
-1.440
-2.064
17.208
15.270
12.786
-1.938
-4.422
14.010
14.322
19.326
+312
+5.316
Umrichterwirkungs-
grad (%)  
98,69
98,83
98,88
+0,14
+0,19
98,67
98,82
99,01
+0,15
+0,34
98,69 98,82 98,80 +0,13 +0,11

Tabelle 3. Umrichter-Wirkungsgrad bei gleicher Ausgangsleistung und einer Ausgangsfrequenz von 5 Hz (Anfahren des Fahrzeugs) sowie 50 Hz (Fahrzeug unter voller Geschwindigkeit und Last).


Tabelle 3 gibt einen Überblick über erzielbare Umrichter-Wirkungsgrade in Abhängigkeit von der jeweiligen IGBT-Generation. Die Berechnungen wurden auf Basis eines 1.700-V/2.400-A-IGBT-Moduls der jeweiligen Chipgeneration unter ansonsten gleichen Betriebsbedingungen durchgeführt. Die Ausgangsfrequenz von 5 Hz entspricht dem Anfahren des Fahrzeugs; 50 Hz Ausgangsfrequenz bedeuten, dass das Fahrzeug unter voller Geschwindigkeit und Last betrieben wird. Man erkennt, dass die Verlustleistung von einer IGBT-Generation zur nächsten jeweils gesenkt werden konnte, während der Wirkungsgrad gestiegen ist.

Geringere Umrichterverluste

Die neuen Halbleitergenerationen reduzieren also die Umrichterverluste und verbessern gleichzeitig den Umrichter-Wirkungsgrad. Wird das Modul jeweils an seiner oberen thermischen Grenze betrieben, im Fall der zweiten und dritten Generation bei einer maximaler Halbleitertemperatur von 125 °C und im Fall der vierten Generation bei 150 °C, so kann die Umrichterleistung nochmals um bis zu 50 % gesteigert werden.

Der Motorwirkungsgrad beträgt für AC-Traktionsmotoren, wie sie heutzutage in U-Bahnzügen zum Einsatz kommen, bei niedrigen Frequenzen ca. 85 % und steigt mit zunehmender Frequenz. Da der Umrichterwirkungsgrad in praktisch jedem Betriebszustand deutlich über dem des Motors liegt, bietet der Traktionsmotor ein wesentliches Potenzial für zukünftige Verbesserungen des Antriebsstrangs.

 

Der Autor:

Piotr Luniewski
betreut bei Infineon als Technical Marketing Manager die IHM- und PrimePACK-IGBT-Produkte in den Spannungsklassen 1.200 und 1.700 V. Seit acht Jahren ist er bei Infineon für das technische Marketing und die Kundenunterstützung für Hochleistungsmodule zuständig.

Piotr.Luniewski@infineon.com



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