Die Vorteile von Edge-Computing sind umfangreich und bedeutend. Dennoch gibt es im Zusammenhang mit dem Computing-Modell auch Herausforderungen, die es zu beachten und zu lösen gilt. Der Standort ist beispielsweise ein wichtiger Faktor, denn eher abgelegene Einrichtungen verfügen häufig über vergleichsweise begrenzte Ressourcen. Unternehmenszentralen mit eigenen Rechenzentren und Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen stehen unter diesem Aspekt deutlich besser da.
Nur wenige Unternehmen können es sich leisten, an allen Standorten High-End-Server und Speicher- sowie Netzwerkgeräte zu installieren. Stattdessen wird häufig auf handelsübliche Server oder sogar Desktop-PCs zurückgegriffen. Auch Serverräume oder eine allgemein zufriedenstellende IT-Ausrüstung sind nicht immer gegeben. Das Fehlen von adäquater Stromversorgung, Kühlung oder Belüftung der Ausrüstung kann dann zu einem Single Point of Failure führen.
Bei besonders abgelegenen Standorten ist oft trotz vorhandener finanzieller Mittel ein Hochgeschwindigkeitsanschluss nicht möglich, weil schlichtweg nicht jede Region über die nötige Infrastruktur verfügt. Dann muss häufig auf teurere private Leitungen zurückgegriffen werden, oder der jeweilige Standort muss 4G- oder 5G-Mobilfunkverbindungen mit unter Umständen begrenzten und teuren Datentarifen nutzen. Gerade in solchen Fällen kann ein Ausfall des Internets einen totalen Produktionsstopp bedeuten.
Ein weiterer wichtiger Faktor im Hinblick auf Edge-Computing ist der branchenübergreifende Fachkräftemangel. Besonders qualifiziertes Personal zentriert sich oftmals in der Unternehmenszentrale und nicht an abseits gelegenen Außenstellen. Wenn es also zu IT-spezifischen Problemen kommt, muss das Fachpersonal unter Umständen aus der Ferne Zugriff erhalten. Dies wiederum kann sich aufgrund von begrenzten Fernverwaltungstools als Hindernis entpuppen. In solchen Fällen müssen die IT-Spezialisten extra anreisen, was nicht nur Kosten verursacht, sondern auch Zeit in Anspruch nimmt, die andernfalls besser genutzt werden könnte.
Ein weiterer Kostenfaktor sind die im Vergleich hohen Vorlaufkosten für die Anschaffung zusätzlicher Hard- und Software. Auch der Schulungsaufwand für die Verwaltung und Wartung dieses Computing-Modells kann zu Beginn ansteigen.
Die Vorteile des Edge-Computings wie erhöhte Datensicherheit, kürzere Latenzzeiten und die Unabhängigkeit von Totalausfällen der Cloud sind von grundlegender Bedeutung und können Unternehmen helfen, auf lange Sicht Kosten zu sparen und die Produktivität zu steigern. Edge-Computing bietet sich besonders dann an, wenn Datenanalysen in Echtzeit stattfinden sollen. Für zentralisierte und umfangreichere Analysen stellt die Cloud die bessere Option dar. Einige Anwendungen wie etwa SCADA profitieren davon, dass sie sich näher an der Maschine befinden.
Edge-Computing birgt durchaus auch Hürden, die aber nicht unüberwindbar sind. Besonders der Aspekt abgelegener Standorte mit schlechter Infrastruktur ist ein Zustand, der künftig durch die fortschreitende Digitalisierung behoben werden kann. Auch Reisen von IT-Fachpersonal zu abgelegenen Produktionsstätten lassen sich durch geeignete Software auf ein Minimum reduzieren. Mit der Cloud-Software »FactoryTalk Edge Manager« von Rockwell Automation lässt sich das Einbinden, Konfigurieren und Überwachen von Geräten leicht von überallher steuern.
Die Software schützt Betreiber selbst dann, wenn die Edge-Netzwerkverbindung zusammenbrechen sollte, denn die Produktivitäts-Aktualisierungen erfolgen automatisch, sobald die Netzwerkverbindung wiederhergestellt ist.
Trotz ihrer Unterschiede können Edge- und Cloud-Computing-Modelle aber auch komplementär funktionieren. Echtes industrielles Edge-Computing ermöglicht die Kombination von in die Cloud integrierten Anwendungen mit Local-First- oder Local-Only-Anwendungen auf neuartige Weise. Gemeinsam liefern Edge- und Cloud-Computing sowohl Echtzeit-Einblicke als auch längerfristige Einblicke etwa in Machine-Learning oder Asset-Performance-Management.
Der Autor:
Gunther Sälzler ist Director SWC & ITD bei Rockwell Automation.