Digitale Transformation aus Sicht eines IT-Distributors

»Daten sind das Öl der Zukunft«

5. Februar 2016, 10:18 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Herausforderungen der digitalen Transformation

Bei Mike Cramer, Senior Manager Advanced Solution, Ingram Micro, laufen die Fäden der Digitalen Transformation von Ingram Micro zusammen.
© Ingram Micro

OPC-UA ermöglicht es, die Kommunikation innerhalb der Maschine aufrechtzuerhalten und Teile, mit denen Sie „sprechen“ wollen, zu identifizieren und nachzuverfolgen. Dazu erhält jedes Teil einen „Namen“, beispielsweise über RFID oder Barcode. Jedes Werkstück muss identifizierbar sein. In der IoT-Welt übernimmt das die IP-Adresse. Erst in dem Moment, in dem Dinge einen Namen haben, entstehen Daten – die man dann als wertvolle Informationen in den digitalen Kreislauf zurückführen kann.

Inwieweit unterstützen Sie als Ingram dabei, die Brücken zwischen IT und Industriewelt zu schlagen?
Wir versuchen derzeit an verschiedenen Orten, Brücken zu schlagen, zum Beispiel indem wir IT- und MES-Unternehmen über den MES DACH-Verband zusammenzubringen unter dem Motto „IT trifft Operation Technology“, also die produktionsnahe IT. Wie innovativ die OT ist, zeigt etwa das Unternehmen Nemetris, das Apps für Industrie 4.0 entwickelt, zum Beispiel ein elektronisches Maschinen-Störbuch, in dem sog. Stördaten gesammelt werden wie vormals in einem klassischen Buch. Mit der elektronischen Form lassen sich standortübergreifend Stör-Informationen auswerten.

Am Ende geht es natürlich auch für Sie als Distributor um Umsätze. Wie generieren Sie als IT-Distributor aus Industrie 4.0 Geschäft?
Der erste Schritt für uns ist die Aufklärungsarbeit. Der zweite Schritt sind Business Transformation Workshops bei unseren Resellern, um sie in diese Richtung zu sensibilisieren. Ein Gesamtbild zu vermitteln, hilft vielen zu verstehen, worum es eigentlich geht. Gleichzeitig helfen wir dabei, den Vertrieb unserer Reseller dahingehend zu schulen, dass er auf die sich verändernden Organisationsstrukturen bei den Kunden reagieren kann. Beim Endkunden wird es die IT-Abteilung im klassischen Sinne so in Zukunft nicht mehr geben. Wir werden künftig mit einem Chief Data Officer sprechen oder einen Architekten, der für alle digitalen Prozesse im Unternehmen verantwortlich ist. Unsere Reseller müssen also auch umdenken und mit in Prozesse hineindenken können. Hier versuchen wir, den Vertrieb dabei zu unterstützen, das Thema „Digitale Transformation“ auch pro-aktiv beim Endkunden zu platzieren. Wir supporten unsere Reseller in dieser ersten Phase auch dahingehend, dass wir mit unseren Reseller-Partnern gemeinsam Endkunden-Termine wahrnehmen.

Zudem haben wir uns zum Ziel gesetzt, unsere Partnernetze herstellerunabhängig und mit für uns untypischen Partnern auszubauen. Wir haben vor über sechs Jahren ein Partnernetzwerk rund um den IBM-Bereich gegründet mit sechs Partnern, die unterschiedliche Schwerpunkte abdecken: Social Business, Web, Datenanalyse, Hardware und Web. Diese Partner arbeiten mittlerweile sehr eng zusammen. Aufgrund dieser Erfolge versuchen wir, sukzessive Partnernetzwerke auch herstellerübergreifend aufzusetzen und Synergien zu schaffen zwischen unseren Resellern. Denn es kann nicht jeder alles abdecken, und Spezialisierung ist wichtig.

Digitale Transformation ist zum einen eine technische Herausforderung, aber sehr stark auch eine menschliche?
In der Tat. Eine wichtige Herausforderung ist sicher die Frage „Wie bekomme ich die digitale Transformation in die Köpfe meiner Mitarbeiter“. Auch hier müssen die Unternehmen umdenken und moderne Strukturen einführen, wenn sie beispielsweise junge dynamische Mitarbeiter, die das Internet wirklich leben, rekrutieren und halten wollen. Die DNA dieser Menschen ist teilweise ganz anders gestrickt. Sie arbeiten anders zusammen und haben eine andere Art zu kommunizieren. Hierarchie- und Quartalsdenke liegt nicht im Mind-Set dieser Menschen. Unternehmen, die solche Leute rekrutieren wollen, locken heute nicht mehr mit dem großen Firmenauto, sondern mit Vorzügen wie Sabaticals, Elektrotankstelle usw.

Bleibt die digitale Transformation Ihrer Ansicht nach auf Unternehmen begrenzt oder wird sie sich auf kleine Betriebe ausdehnen?
Die digitale Transformation macht weder vor einer Branche noch vor der Größe der Unternehmung halt. Auch der Handwerker wird künftig digitaler werden. Eine digitale Auftragsverwaltung und intelligente (IoT-)Maschinen könnten ihm beispielsweise sagen, welche Maschinen für den Auftrag gebraucht werden und ob sich die benötigen Maschinen im Montage-Fahrzeug befinden.

Glauben Sie, dass die Entwicklungen, die derzeit hierzulande laufen, an der Standardisierungsthematik vorbeilaufen?
Standards werden in Deutschland gerne als pauschale Ausreden vorgeschoben, um sich dahinter zu verstecken. Ich glaube aber nicht, dass es ein Hemmschuh sein wird, dass Industrie 4.0 sich nicht parallel zu den Standardisierungsbemühungen aus der Praxis heraus entwickeln wird. Aber wer jetzt nicht auf den Zug aufspringt, der wird von anderen überholt. Die USA mit dem IIoT, also dem Industrial Internet of Things, haben diese Bremse nicht und ziehen hier durch. Hier laufen wir – Deutschland – schon Gefahr, den Markt zu verlieren.


  1. »Daten sind das Öl der Zukunft«
  2. Herausforderungen der digitalen Transformation
  3. Verschiebung in die Cloud

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