Bei industriellen Anwendungen, für die mehr Knoten, eine höhere Datenrate oder ein stärker deterministisches Verhalten gefordert werden, als es CAN bietet, sollte FlexRay sicherlich in Betracht gezogen werden. Mit konkurrenzfähigen Implementierungskosten ist zu rechnen: Auch wenn die Komponentenkosten für FlexRay-Bauteile heute beträchtlich höher sind als bei CAN-Controllern und PHYs, werden die Preise bei einem großflächigen Einsatz von FlexRay in den Kfz und bei einer Zunahme der Stückzahlen sinken.
Im Industriebereich steht FlexRay im Wettbewerb zu anderen Bussen wie Profibus, EtherCAT, DeviceNet und Modbus, die im Gegensatz zu Kfz-Anwendungen für den industriellen Einsatz optimiert sind. Im Vergleich zu diesen Bussen weist FlexRay einige klare Vorteile auf. Die Datenrate von FlexRay (10 Mbit/s) braucht den Vergleich mit den Feldbussen nicht zu scheuen: Profibus erreicht bis zu 12 Mbit/s, EtherCAT bis zu 9,6 Mbit/s, DeviceNet 500 Kbit/s und Modbus 1 Mbit/s.
Andererseits unterliegt FlexRay hinsichtlich der physikalischen Schicht einigen Beschränkungen, da es maximal 44 Knoten unterstützt und die Leitung zwischen den Knoten nicht länger als 24 m sein darf. Busse wie Profibus und Modbus, die in erster Linie für den Einsatz in großen Fabriken und anderen industriellen Anlagen entwickelt wurden, können eine Entfernung zwischen den Knoten von mehr als 1 km unterstützen – wobei eine solch lange Leitungsstrecke die verfügbare Bandbreite reduziert – und selbst DeviceNet und EtherCAT ermöglichen bis zu 100 m zwischen den Knoten. Bei der Versorgung sehr großer Installationen sticht EtherCAT hervor, da hier 65 535 Knoten an einen einzigen Bus angeschlossen werden können.
Hinsichtlich der Netzwerkarchitektur stehen ebenfalls mehrere Optionen zur Auswahl: Während Profibus, DeviceNet und Modbus alles Multimaster-Bussysteme sind, verfügen EtherCAT und FlexRay nur über einen einzigen Master.
Um die Anforderungen der verschiedenen Anwendungsarten genau zu erfüllen, wurden unterschiedliche Busse entwickelt. Die offenkundigste Einschränkung von FlexRay besteht darin, dass es für die physisch kleine Umgebung eines Fahrzeugs entworfen wurde, wohingegen es nicht für eine physische Umsetzung in großem Maßstab wie bei einer sehr großen industriellen Anlage taugt, für die ältere Bus-Technologien wie Profibus und EtherCAT besser geeignet sind.
Aber bei Anwendungen, bei denen FlexRay die Kriterien hinsichtlich Anzahl der Knoten und Entfernung zwischen den Knoten erfüllt, könnten es seine übrigen Vorteile als die richtige Wahl erscheinen lassen.
Ersatz für mehrere Busse
FlexRay könnte sich insbesondere für Anwendungen mit einer Mischung aus sicherheitskritischen und sekundären Daten eignen. So gibt es in einem Gebäude normalerweise mehrere Busse für verschiedene Anwendungen. Sicherheitselemente wie Rauchsensoren und Brandalarme sind häufig an einen dedizierten Bus angeschlossen.
Alle diese Funktionen könnten von einem einzigen FlexRay-Bus übernommen werden. Die sicherheitskritischen Sensoren und Brandalarme wären Knoten mit hoher Prorität und würden vom deterministischen Verhalten profitieren. Anderen Geräten (Türklingeln oder Sprechanlagen) würde eine niedrige Priorität an demselben Bus zugewiesen werden. Über den FlexRay-Bus könnten auch das interne Telefonnetz und eine Videosprechanlage realisiert werden. Durch die Übernahme all dieser Netzwerkfunktionen kann das System hinsichtlich der Material-und Installationskosten deutlich billiger sein als bestehende Multibus-Alternativen.
In einer Fabrikumgebung könnte ein FlexRay-Bus ebenso eine Reihe von Robotern in einer Montagestraße steuern. Er würde genügend Bandbreite zur Verfügung stellen, um Bilder zu einem zentralen Controller zu übermitteln (z.B. zur Überprüfung der Qualität von Schweißnähten), dabei aber gleichzeitig die Echtzeit-Übertragung von Alarmmeldungen priorisieren. Erneut kommt hier der Vorteil zum Tragen, dass ein einziger FlexRay-Bus mehrere Busse ersetzen kann, von denen jeder nur für eine einzige Funktion vorgesehen ist.
Schließlich weist die vermehrte Anwendung von CAN und LIN in der Industrie darauf hin, dass auch der Flex-Ray-Bus außerhalb des Automobilbereichs erfolgreich sein wird. Die Vorteile, die für CAN und LIN zutreffen, wie z.B. geringe Hardware-Kosten, große Auswahl an Hardware- und Software-Komponenten, werden zunehmend auch für FlexRay gelten, wobei es aber zusätzlich den Vorteil einer höheren Leistung hinsichtlich Datenrate, Knotenanzahl und Determinismus bietet. Aus der Sicht des Autors ist es nur eine Frage der Zeit, bis FlexRay-Busse die Steuerungskommunikation in Fabriken, Gebäuden und Autos übernehmen werden.
Der Broadline-Distributor Future Electronics übernimmt den Verkauf und die technische Unterstützung für die Komponenten von Freescale Semiconductor, Actel, NXP Semiconductors und austriamicrosystems.
Der Autor:
Gianfranco Camoirano schloss sein Informatik-Studium an der Universität von La Spezia 1990 ab. Seine berufliche Laufbahn begann er in Mailand als C-, Delphi- und LabVIEW-Programmierer. 2007 stieß er zu Future Electronics und ist dort tätig als Produktspezialist für Mikrocontroller sowie als Technical Solutions Manager.