Die Zukunft der Bildverarbeitung, Teil 2

Embedded Vision und KI gehen miteinander einher

23. November 2022, 12:20 Uhr | Andreas Knoll
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Christoph Wagner, MVTec Software: »Edge-Cloud-Techniken fördern Embedded-Lösungen«

Christoph Wagner, Product Manager und Business Developer für Embedded Vision bei MVTec Software
Christoph Wagner, MVTec Software: »Deep Learning fungiert häufig als Enabler für neue Anwendungsgebiete.«
© MVTec Software GmbH

Embedded-Vision-Systeme eignen sich für IIoT-Anwendungen mit Datenverarbeitung in Edge und Cloud. Doch auch in den eingebetteten Systemen haben KI- und Deep-Learning-Verfahren gegenüber klassischen Bildverarbeitungsverfahren nicht nur Vorteile. Christoph Wagner, Product Manager und Business Developer für Embedded Vision bei MVTec Software, verdeutlicht, warum.


Elektronik: Welche Bedeutung wird Embedded Vision in der Bildverarbeitung künftig erlangen? In welchen Anwendungen wird Embedded Vision zu finden sein?

Christoph Wagner: Embedded Vision spielt in der industriellen Bildverarbeitung eine zunehmend wichtige Rolle. Hierfür gibt es vielerlei Gründe. So steigt beispielsweise die Verbreitung kompakter Geräte mit integrierter Embedded-Software in der Industrie rasant an. Dazu zählen etwa Smart Cameras, mobile Vision-Sensoren, Smartphones, Tablets, Handhelds, System on Modules (SoMs) sowie – auf der Chipebene - System on Chips (SoCs). Damit sich diese Embedded Devices im Rahmen hochautomatisierter industrieller Szenarien optimal nutzen lassen, müssen sie „Machine-Vision-ready“ sein. Das bedeutet, leistungsstarke Bildverarbeitungssysteme sollten sich robust darin betreiben lassen. So lassen sich in den Embedded-Geräten auch anspruchsvolle Machine-Vision-Aufgaben ausführen. Die Rechenleistung in Embedded-Geräten ist in den letzten Jahren rasant angestiegen, im Verhältnis deutlich schneller als im klassischen PC-Markt. Das ist ein weiterer Grund, warum Embedded Vision eine wachsende Rolle in der Industrie einnimmt.

Ein weiterer Treiber für den boomenden Embedded-Markt ist die stark zunehmende Verbreitung von Cloud-Anwendungen in der Industrie. Um hier Latenzzeiten zu reduzieren, setzen sich mehr und mehr kombinierte Lösungen aus Cloud- und Edge-Technologien durch. Hierbei werden nur noch die aggregierten Daten in die Cloud überspielt. Die aufwendigeren Berechnungen und Bildverarbeitungs-Tasks finden „on the edge“ statt, und zwar meist in Embedded-Geräten. Dabei nutzen viele Embedded-Lösungen hardwareseitig mittlerweile die Arm-Prozessor-Architektur als Standard. Dies beschleunigt den Einsatz von Software sowie Schnittstellenkomponenten und erleichtert Embedded-Systemen den Marktzugang. Zudem halten gerade bei Deep Learning sogenannte Embedded Deep Learning Accelerators Einzug. Diese sind in puncto Leistung vergleichbar mit Midrange-PC-Grafikkarten und eröffnen somit ganz neue Möglichkeiten für den Einsatz von Embedded-Geräten.

Und schließlich ist auch die zunehmende Nutzung von Bildverarbeitungssystemen außerhalb der klassischen Industrieproduktion ein weiterer wichtiger Treiber für Embedded-Lösungen. Hier reichen die Anwendungsszenarien von Sensoren in Nutzfahrzeugen für die Landwirtschaft über mobile Code-Lesegeräte für die Lager-Kommissionierung bis hin zu Embedded-Sensoren in durchgängig automatisierten Supermärkten.


Welche Rolle wird künstliche Intelligenz in der Bildverarbeitung künftig spielen, und welche Aufgaben wird sie erfüllen?

Künstliche Intelligenz (KI) ist schon jetzt aus der industriellen Bildverarbeitung nicht mehr wegzudenken. Neben Machine-Learning-Algorithmen spielen dabei vor allem Deep-Learning-Technologien eine tragende Rolle. Bei einem solchen selbstlernenden Verfahren werden auf Basis großer Mengen von Bilddatensätzen neuronale Netze trainiert. Dadurch lassen sich die relevanten Bildeigenschaften gezielt identifizieren und auswerten, was zu sehr robusten Erkennungsergebnissen führt. Deep Learning hat jedoch auch seine Grenzen. Auch wenn die KI-Technologie in vielen alltäglichen Anwendungen wie etwa in digitalen Assistenten oder selbstfahrenden Autos eine wichtige Rolle spielt, ist sie für industrielle Bildverarbeitungsszenarien nicht immer die erste Wahl.

So haben Deep-Learning-Technologien meist einen hohen Bedarf hinsichtlich System-Performance und Speicherkapazitäten. Erforderlich sind sehr große Datenmengen und eine entsprechende Rechenleistung, die nicht immer bereitgestellt werden kann. Hinzu kommt: Ein neuronales Netzwerk fungiert typischerweise als „Black Box“, die von außen schwer einsehbar ist. Daher lassen sich die Prozesse im Inneren eines Deep-Learning-Netzes meist kaum nachverfolgen. Gerade in industriellen Anwendungen ist eine entsprechende Transparenz aber enorm wichtig.

Daher ist häufig die Kombination aus beiden Systemwelten – Deep Learning und traditionellen, regelbasierten Bildverarbeitungsverfahren – der Königsweg. Damit lassen sich in der Industrie die meisten Aufgaben erfolgreich lösen. Und schließlich fungiert Deep Learning häufig als Enabler für neue Anwendungsgebiete, die bislang nur schwer oder gar nicht mit industrieller Bildverarbeitung möglich waren.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Embedded Vision und KI gehen miteinander einher
  2. Yonatan Hyatt, Inspekto: »KI wird immer leichter anzuwenden«
  3. Christoph Wagner, MVTec Software: »Edge-Cloud-Techniken fördern Embedded-Lösungen«
  4. Dr. Martin Klenke und Bruno Menard, Teledyne: »KI wird kontinuierliches Lernen ermöglichen«
  5. Jan-Erik Schmitt, Vision Components: »Embedded Vision spart Zeit und Kosten«

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!