Energieversorger gelten neuen Techniken gegenüber eher als wenig aufgeschlossen. RWE zeigt am Beispiel von AmpaCity, dass es auch anders geht. Und will über Skalierungseffekte beitragen, dass die Preise für Hochtemperatur-Supraleiter (HTSL) fallen.
»Die bestehenden Techniken sind zuverlässig – aber sie lassen sich nicht verbessern«, sagt Dr. Frank Merschel, Projektleiter neue Technologien von RWE. Nirgends seien Verbesserungen dringender erforderlich als in städtischen Gebieten. Und nirgends sind die Voraussetzungen für den Einsatz von HTSL-Kabeln besser gegeben, als in Städten, denn hier liegt die Auslastung durchgehend hoch. »Nur bei hoher Auslastung ergeben sich schlussendlich Einsparungen, wenn HTSL-Kabel auf Mittelspanungsebene zum Einsatz kommen«, hat etwa Pof. Mathias Noe vom KIT ermittelt (http://www.vde-verlag.de/proceedings-de/453376010.html).
Laut Dr. Merschel haben die Vorteile von HTSL auf Systemebene RWE überzeugt, in ein Kabel zu investieren, das auf eine Distanz von 1 km – Weltrekord! – zwei Umspannwerke in der City von Essen verbindet. Nicht nur dass das neue Kabel ein 110-kV-Kabel ersetzt und deutlich weniger Platz einnimmt, was allein schon ein Argument für den Einsatz in der Innenstadt von Essen wäre: »Wir können die 110-kV-Umspannwerke künftig aus den Städten ganz verbannen und damit die Netzstruktur entscheidend vereinfachen, weil eine Spannungsebene vollkommen wegfällt«, erklärt Merschel. Weitere Vorteile der Kabel selber: Sie werden nicht warm, erwärmen also auch die Umgebung im Erdreich nicht. Die elektromagnetische Abstrahlung ist vernachlässigbar und vor allem: Die Genehmigungsverfahren vereinfachen sich, weil eben nur mehr Mittelspannungskabel erforderlich sind.
Außerdem fällt ins Gewicht, dass sich Mittelspannungsnetze einfacher fahren lassen als Hochspanungsnetze und im Beispiel von Essen vier von zehn Umspannwerken wegfallen können. Und alle die Vorteile von Essen lassen sich auf alle anderen Innenstädte übertragen. »In Ballungsgebieten ist kaum etwas anderes möglich als HTS«, so lautet das Fazit von Merschel. Nicht zuletzt deshalb wollte RWE nach seinen Worten mit dem Projekt auch einen Anstoß dazu geben, die Produktion von HTS-Kabeln anzuregen und so den Herstellern über Skalierungseffekte ermöglichen, die Kosten zu senken.