Am Beispiel des 18 April 2013 machte Peter Löscher, CEO von Siemens, auf dem ZVEI-Jahreskongress auf einige Ungereimtheiten der bisherigen Regulierungen aufmerksam.
Die Sonne scheint und die PV-Anlagen kamen auf eine Leistung von 19 GW, der Wind blies und so konnten die Windräder noch einmal 17 GW drauflegen – Deutschland befand sich im Schlaraffenland der erneuerbaren Energien? Nicht ganz, wie eine Analyse des 18. April 2013 zeigt. An diesem Tag war nämlich das oben beschriebene Szenario eingetreten.
Weil der Strom aus Wind und PV Vorfahrt im Netz hat, mussten an diesem Tag konventionelle Erzeuger zurückgefahren werden. Gleichzeitig rutschte wegen des Überangebots der Strompreis in den Keller, also stiegen die EEG-Umlagen, die alle Stromabnehmer bezahlen müssen. »Der Tag kam uns richtig teuer, im Durchschnitt kostete er jedem mittelgroßen Betrieb rund 250 Euro«, so Löscher.
Die Ungereimtheiten gehen aber noch weiter: Bei den konventionellen Kraftwerken, die zurückgefahren werden mussten, handelte es sich zumeist um moderne Gas- und Dampf-Kraftwerke, denn ihr Betrieb kommt die EVUs teurer als der der Kohlekraftwerke. Weil GuD-Kraftwerkle aber viel effizienter arbeiten, steigt mit dem Einsatz der Kohlekraftwerke der CO2-Ausstoß, was ja das Gegenteil von dem ist, was die Energiewende eigentlich zum Ziel hat. »So machen wir uns das Leben selber schwer«, meint Löscher.
Obwohl die konventionellen Kraftwerke am 18 April zurückgefahren wurden, war zu viel Energie im deutschen Netz, sie »schwappte« in die Netze der Nachbarländer, die dadurch zusätzlich belastet wurden und auch dort teilweise konventionelle Kraftwerke herunter gefahren mussten. Das freut die Versorgungsunternehmen in diesen Ländern nicht.
Als sich am 18. April die Sonne unterging, brach die Erzeugung spürbar ein und wieder lieferten vor allem Kohlekraftwerke den nun zusätzlich benötigten Strom. Denn Kohle ist billig und die Erzeugung auf abgeschriebenen Kohlekraftwerken ist für die Betreiber ebenfalls sehr günstig. So erlebt die Kohle in Deutschland eine ungewollte Renaissance und die viel effizienteren GuD-Kraftwerke, deren moderne Versionen um zwei Drittel weniger CO2 ausstoßen als Kohlekraftwerke, stehen still. Weil sie nur relativ selten im Jahr gebraucht werden, lohnt sich ihr Betrieb nicht mehr. So entsteht die paradoxe Situation, dass EVUs hochmoderne GuDs still legen.
Vorläufig ist es aber unverzichtbar, konventionelle Kapazitäten vorzuhalten, um an Tagen, an denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, genügend Energie erzeugen zu können. »Solange keine entsprechenden Speicher zur Verfügung stehen, führt daran kein Weg vorbei«, sagt Löscher.
Vor allem müsse Deutschland den Wettbewerbsvorteil, der sich aus der hohen Versorgungssicherheit ergibt (nur 15 Minuten Stromausfall pro Jahr), verteidigen. »Die Energiewende muss zu Wachstum beitragen und Arbeitsplätze schaffen und die Chancen sehen wir – heute genauso wie schon vor zwei Jahren«, resümiert Löscher. »Allerdings müssen wir den Kurs der Energiewende korrigieren, sonst fahren wir vor die Wand.«