Die Fehler der Energiewende gefährden die deutsche Industrie

Siemens: 150 Mrd. Euro Kostenersparnis sind möglich

10. Juni 2013, 10:38 Uhr | Heinz Arnold

Bisher kann Peter Löscher nur wenig Positives im Zuge der Energiewende erkennen. Den Anteil der erneuerbaren Energien auf 50 Prozent bis 2030 zu bringen, dürfte zu schaffen sein: »Alle anderen Ziele werden wir verfehlen, wenn wir so weiter machen wie bisher. Die Fehler der Energiewende gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie.«

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So liegen die Stromkosten liegen bereits deutlich über dem Durchschnitt der europäischen Nachbarländer. Kein Wunder, dass seit 2000 die energieintensiven Unternehmen in Deutschland de-investiert haben, was er als alarmierendes Zeichen sieht. »Deutschland beschreitet den denkbar teuersten Weg der Energiewende«, so sein Fazit.

Was ist also zu tun? Die CO2-Reduzierung sollte als oberstes Ziel der Energiewende gelten. Das bedeutet auch, dass der Energieerzeugung über GuD eine zentrale Rolle zukommen sollte. Unter den erneuerbaren Energien sollte vor allem Wind und hier vor allem der Off-Shore-Erzeugung Vorrang eingeräumt werden. »Auf diesen Gebieten kann die deutsche Industrie die Pionierrolle übernehmen«, so Löscher.

Außerdem will er die Energiewende auf drei Säulen stellen: die erste bildet ein funktionierender Strommarkt, die zweite die Energieeffizienz (beispielsweise in Gebäuden) und die dritte die europäische Integration.

Diese Überlegungen hat Siemens zu einem Programm ausgearbeitet, das Peter Löscher auf dem ZVEI-Jahreskongress 2013 ausführlich erläutert hat. Wichtigstes Ergebnis:

Würde das Programm umgesetzt, könnten die Kosten der deutschen Energiewende um 150 Mrd. Dollar gesenkt werden.

Zu einem funktionierenden Strommarkt gehört nach seinen Worten, dass die erneuerbaren Energien ohne Subventionen bestehen müssen (für Bestandsanlagen sollten aber die alten Regeln beibehalten werden, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten). Außerdem sollte der Einspeisevorrang durch die Einspeiseverantwortung abgelöst werden. Die Lieferanten müssen ihr Lieferversprechen einhalten, sei es über die Integration von Speichern, sei es über Kooperationen mit konventionellen Kraftwerken. Die Zuschläge sollten Investoren erhalten, die die geringsten Einspeisevergütungen verlangen. Der CO2-Zertkigfikate-Handel sollte wieder in Gang gebracht werden die Kraftwerksbetreiber sollten ähnliche Vorgaben bekommen wie die Autohersteller für ihre Flotten, so dass es nicht mehr attraktiv wäre, alte, ineffektive Kraftwerke weiter produzieren zu lassen. Und für den Anschluss ans Stromnetz sollten unabhängig von der Abnahmemenge Fixkosten erhoben werden, so dass die, die viel Eigenstrom ernten können, sich dennoch an den Netzausbaukosten beteiligen müssen. Und schließlich sollte die Winterreserve beibehalten werden. Die Kapazitäten, die die Betreiber für den Notfall vorhalten, müssen hoch vergütet werden, so dass es sich für den Betreiber lohnt.

Große Möglichkeiten sieht er im Stromsparen. Dazu sollten die europäischen Energieeffizienz-Regulierungen umgesetzt werden. 30 bis 50 Prozent der Energie gegenüber heute ließen sich so einsparen.

Innerhalb Europas sind darüber hinaus enge Absprachen mit den Nachbarländern nötig, denn wie schon angedeutet, sind die Nachbarländer nicht immer über die temporären Stromschwemmen aus Deutschland glücklich. So sei 2012 ein völlig neues GuD-Kraftwerk in Rotterdam aufgrund des Überangebots von Strom aus erneuerbaren Quellen außer Dienst gestellt worden, weil es nur 960 Stunden in Betrieb war. Polen will sich mit Hilfe von Phasenschiebern vom deutschen Netz trennen.

Nun müsse die Politik schnell handeln. »Nach zwei Jahren bedarf die Energiewende einer Revision – vollkommen unabhängig davon, wie die Regierung nach der Bundestagswahl aussieht. Ich wünsche mir einen überparteilichen Konsens in dieser Frage.«

 


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