Eine Reinvestition in die Steuerungsgeräte, etwa der Umbau auf moderne SPS, ist bei vielen Energieversorgern noch nicht vollständig durchgeführt, aber geplant. Natürlich ist die Vernetzung der Leitwarten und Fernwirkzentralen mit Ethernet dann unerlässlich. Die Verbindungen zu den Fernwirkunterstationen werden dann sinnvollerweise auf Basis des IEC-60870-5-104-Protokolls, also auch mit IP-Technik, ausgeführt. Die für die Fernwirktechnik zu erwartende Datenmenge ist auch bei sehr leistungsfähigen Stationen nur im Bereich von 0,1 bis 0,3 MBit/s zu sehen.
Wenn die Netzplanung zu den Unterstationen für höhere Werte bei der Netzlast und dem Datendurchsatz ausreichend ausgeführt wird, steht einer zukünftigen Erweiterung oder Einführung von VoIP im Betriebstelefonnetz nichts entgegen. Die zu erwartende Netzlast einer aktiven VoIP-Verbindung ist beispielsweise nur mit ca. 70 kBit/s anzusetzen.
Die Video-Überwachung einer Station (etwa einer Gasdruckminderungsstation oder eines Brunnenhauses) mit Netzwerk-Kameras ist heute ohne Probleme über große Entfernungen möglich. Oftmals wird Video-Überwachung mit Fernsehen verwechselt. Eine moderne Netzwerkkamera verfügt heute über viel Intelligenz, so dass sie die aufgenommenen Bilder vor Ort in ihrem leistungsfähigen Prozessor analysiert, Ereignisse meldet und – wenn konfiguriert – auch gleich eine gerichtsverwertbare Bildsequenz mit deren Vorgeschichte speichert und bei Bedarf an den Video-Server in der Leitstelle sendet. Es ist in der Leitstelle also keinesfalls erforderlich, dauernd spannende Bilder vom Rübenacker und der Umzäunung einer Unterstation zu betrachten. Die Auslegung einer Übertragungsstrecke auf flüssiges Netzwerkvideo mit VGA-Auflösung erfordert ca. 1,6 MBit/s pro aktiver Kamera. Aber wie schon ausgeführt, für eine Überwachung ist heute kein Fernsehen mehr nötig.
Wer überwacht die Überwachung?
Ein Fernwirknetz muss zuverlässig betrieben werden können. Dazu gehört selbstverständlich ein geeignetes Management-System für das Datenübertragungsnetz selbst. Selbst bei vollständig redundanter Netzarchitektur ist die Meldung von (Fernwirk-) Netzstörungen nötig. Der ungestörte Wirkbetrieb der Unterstationen ist die eine Sache, die Überwachung des Fernwirknetzes selbst eine andere.
Das Personal in der Leitstelle des Versorgungs- oder Transportnetzes (zum Beispiel Erdgas-Leitungen) ist auf Messwerte, Alarme und Meldungen aus den Unterstationen angewiesen. Ein Ausfall der Übertragungstechnik ist gravierend und muss gemeldet werden, aber das Betriebspersonal der Leitwarte kann (im Normalfall) nicht mit „Fernmeldetechnischer Kompetenz“ eingreifen.
Dies ist Aufgabe der Fernwirktechnik und daher ist ein zum Teil mehrstufig aufgebautes Netzwerk-Management-System (NMS) erforderlich. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Möglichkeiten der Früh- und Vorwarnung etwa bei schleichender Verschlechterung der Übertragungs-Parameter. Ein typischer Kabelschaden ist bei älteren Papierkabeln die Dämpfungserhöhung durch eindringende Feuchtigkeit.
Da in vielen Unternehmen die Zahl der Fernwirk (FW)-Spezialisten nicht sehr groß ist, ergibt sich häufig folgende Situation: Der erste Spezialist ist im Urlaub und der zweite gerade irgendwo draußen an einer fernen Station. Moderne Übertragungssysteme müssen daher die Wartung des Fernwirkservers durch Fernzugang ermöglichen. Der Spezialist kann also von einer beliebigen Unterstation aus direkt auf den FW-Server zugreifen und damit auch in weit entfernten Unterstationen in Echtzeit auf die Technik schauen. Voraussetzung ist natürlich ein vollständiges Trennen von Fernwartungs-Kanal und Wirkbetrieb (denn dieser soll ja weiterhin gewährleistet sein). Ein wenig beachteter Punkt ist die Durchlässigkeit für das Netzwerkmanagement bei einer Kopplung mit SDH- oder PDH-Netzen. Diese Netze werden wie eine virtuelle Leitung genutzt. Der Anwender eines NMS bemerkt im ungestörten Betrieb gar nicht, dass zwischen den FW-Stationen zum Beispiel ein Teil des unternehmenseigenen SDH-Netzes liegt. Im gestörten Betrieb erscheinen natürlich alle relevanten Alarmmeldungen – analog zu einer physisch vorhandenen Leitung.
In größeren Unternehmen liegen die Zuständigkeiten für das Fernwirknetz und das SDH-Übertragungsnetz bei - oft sogar räumlich - getrennten Abteilungen. Vorteilhaft sind dann Fernwirk-Modems die sich auf die durchgeschaltete Leitung automatisch adaptieren. Für die Technikinteressierten: Das Fernwirk-Modem sucht sich die durchgeschalteten Zeitschlitze der externen Verbindung also automatisch. Der Abgleich von TS-Tabellen zwischen Abteilung A und Abteilung B entfällt völlig und damit eine eventuell umfangreiche Fehlersuche.