Mikkel Hippe Brun, Mitbegründer und Senior Vice President Greater China bei Tradeshift
Die langwierigen Brexit-Verhandlungen ließen den Unternehmen kaum Zeit, auf die Realitäten zu reagieren, wie die Handelsbeziehung nach dem 1. Januar 2021 aussehen würde. Die Unternehmen wussten, dass etwas passieren würde, was genau, blieb bis Ende Dezember unklar. Wenn man in Echtzeit reagieren muss, braucht man etwas, das in Echtzeit funktioniert. Leider war das nicht der Fall, denn das ganze System, das dem globalen Handel zugrunde liegt, ist nach wie vor furchtbar papierbasiert.
Eine Studie von AP Moeller Maersk ergab, dass für die Verschiffung eines Containers von Kenia in die Niederlande mehr als 200 Dokumente zwischen 100 verschiedenen Personen ausgetauscht werden mussten, wodurch ein 25 cm hoher Papierstapel entstand. Schon jetzt klagen Spediteure über 400 Seiten an Dokumenten, die für den Versand von Artikeln wie Käse, Meeresfrüchte oder Vieh erforderlich sind.
Die Abkehr von der derzeitigen Papierdokumentation erfordert eine Standardisierung und die flächendeckende Einführung integrierter IT-Anwendungen, die die Erstellung und Verarbeitung relevanter Informationen über verschiedene Parteien hinweg automatisieren können. Kleinere Exporteure in Großbritannien und in der EU werden ebenfalls Hilfe benötigen, um diesen Übergang zu vollziehen und von der manuellen Eingabe von Informationen von einem System in ein anderes wegzukommen.
Die offizielle Position zu den aktuellen Problemen ist nach wie vor, dass es sich um »Kinderkrankheiten« handelt. Daran ist zweifellos etwas Wahres dran. Die Unternehmen werden sich mit der Zeit anpassen, wie sie es immer tun. Die Diskussionen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich deuten auch darauf hin, dass wir uns auf eine Vereinfachung der aktuellen Regeln zubewegen. Aber wenn die zugrunde liegenden Prozesse gleichbleiben, dann werden sie immer anfällig für Störungen sein.
Genau das haben wir während COVID-19 gesehen, als es physisch unmöglich wurde, papierbasierte Dokumente zu erstellen und zu verarbeiten. Die Waren blieben in den Häfen liegen und die Lieferanten wurden nicht bezahlt, weil die Rechnungen in den Shared Services Centern verstaubten.
Wir haben jetzt also die Wahl. Entweder wir versuchen, das Problem zu umgehen, oder wir konzentrieren unsere Bemühungen auf eine langfristige Lösung. Meine Hoffnung ist Ersteres, meine Befürchtung ist Letzteres.