Exklusive Umfrage

1. März 2021, 20 Bilder
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Jörg Traum, Geschäftsführer Emtron

Da wir unsere Niederlassung zum Teil auch aus Deutschland heraus versorgen, haben wir mit einem deutlich gestiegenen Arbeitsaufwand zu kämpfen. Da GB jetzt als Drittland behandelt wird, müssen wir die entsprechenden Ausfuhrdokumente erstellen und die Waren beim Zoll zur Ausfuhr anmelden. Dazu kommt, dass ein großer deutscher Logistikdienstleiter momentan nicht in der Lage ist, Ware „elektronisch“ abzuwickeln, d.h. war es vor dem Brexit möglich eine „online“ Software und einen effizienten Workflow zu nutzen, bekommt man nun am Ende des Workflows die Meldung „nur Dokumente“ seien abwickelbar, aber keine Waren. Die Waren müssen telefonisch angemeldet werden, daraufhin bekommt man einen Link mit einem separaten Portal und da geht es dann. Sicherlich nur übergangsweise, jedoch sieht man, dass auch multinationale Firmen mit dem Brexit zu kämpfen haben und zeigen, wie tief GB in der EU verankert war.

Wenn sich dann noch der britische Premier hinstellt und sagt „die Lieferprobleme“ seien allein auf Personen, die nicht wüssten wie die Formulare auszufüllen wären, zurückzuführen, dann ist das an jeglicher Realität vorbei. Die Zollämter sind schlicht überlastet und werden von dem massiven Papieraufwand überrollt. Dann kommen noch Software-Themen wie o.g. bei den Logistikdienstleistern dazu, und das Chaos ist perfekt.

Bisher mussten unsere Kunden ohne Lieferverzögerungen leben, da wir die Lager vor dem Brexit aufgefüllt haben und der Warenfluss EU-GB in unserem Fall max. 2-5 Tage länger dauert. Das hatten wir aber einkalkuliert. Zusätzlich macht sich die Stärkung der britischen Niederlassung auch positiv bemerkbar. Durch die Konsolidierung hat unser britischer Standort eine Größe, die ihn auch für unsere Lieferanten als interessanten Partner darstellt. Um die momentanen Themen an der Grenze zu umgehen, haben unsere Lieferanten teilweise auf eine direkte Belieferung umgestellt. Somit ist schonmal ein Grenzübertritt weniger zu bewältigen.

Gleichzeitig werden die Waren für die Briten, Stand heute, teurer. Im Stromversorgungssektor hat Großbritannien Einfuhrzölle für Drittlandswaren, in der EU sind diese momentan zollausgesetzt, d.h. die Briten zahlen gut 3,3 Prozent Einfuhrzölle auf Stromversorgungen. Ausnahme: Wenn diese innerhalb der EU hergestellt wurden, entfällt der Einfuhrzoll, nicht aber für in die EU eingeführte und „verzollte“ Ware aus Drittländern wie Japan oder China. Im freien Warenverkehr vor dem Brexit war das kein Thema.

Bis sich die Lage entspannt und eingetaktet ist, werden sicherlich noch ein paar Monate ins Land gehen. Spätestens in 3-6 Monaten werden wir eine Verbesserung sehen, und vielleicht überlegen es sich die Engländer ja doch nochmal… In Schottland werden die Stimmen nach einer Abspaltung und einem EU-Beitritt wieder lauter.