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PV-Markt: »Über Jahre hat die Gier den Verstand gefressen«

2. April 2014, 15:32 Uhr | Engelbert Hopf
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Fortsetzung des Artikels von Teil 4

Branding: Versäumtes aufholen!

Je mehr also die chinesischen Hersteller in Sachen Produktionskapazität und R&D-Anstrengungen vorlegen, desto schwieriger dürfte es den Europäern und Deutschen fallen, sich durch Branding vom Wettbewerb abzuheben. Diesbezüglich, so die Diskussionsteilnehmer, hat die deutsche PV-Branche in der Vergangenheit massive Fehler begangen: »Als die Branche noch boomt, wurde gesagt: das brauchen wir doch nicht«, erinnert sich Dr. Wiebach, »als es dann eng wurde, war kein Geld mehr dafür da«. In den letzten Jahren wurde dann krampfhaft versucht, etwas nachzuholen, und verschiedene Unternehmen versuchten sich im Sponsoring von Fußball-Clubs.

Schlumberger wendet jedoch ein, dass Branding in diesem Sinne nur auf der Ebene der Privatkunden funktioniere, »im Bereich der großen Anlagen ist eine solche emotionale Aufladung des Themas nicht möglich«. Er fragt auch, wer heute in der Branche noch in der Lage sei, die damit verbundenen Kosten zu stemmen? Schackert verweist auf die Beispiele Q-Cell und Solon: »Beide waren technologische Vorreiter und betrieben ein starkes Marketing, beide haben es aber nicht geschafft, diese Marketing-Power erfolgreich in den Vertrieb umzusetzen«.

Doch wie lässt sich Branding bei einem Produkt überhaupt bewerkstelligen, das sich rein äußerlich kaum voneinander unterscheiden lässt? »Um wirklich deutlich zu machen, was da alles unterschiedlich sein kann«, erläutert Dr. Luck, »müsste man gegenüber dem Kunden in die Tiefen der Halbleiterphysik oder der Materialchemie einsteigen«. Ein Ansatz, der kaum praktikabel sein dürfte. Erfolgversprechender scheint da schon eher so etwas wie ein Handler-Branding zu sein. »Bei der Erschließung des türkischen Marktes profitieren wir ganz klar vom Nimbus Deutschland«, berichtet Vogel. »Wenn ich dort von einer deutschen Firma kaufe, dann steht dort ein guter Name dahinter.« Woher dann die einzelnen Komponenten für die PV-Anlage kommen, spielt nach seiner Erfahrung nur eine untergeordnete Rolle. »Es geht um das Gesamtkonzept und das Vertrauen, das ich dem Systemanbieter entgegenbringe«, erläutert Vogel, »wir sehen das sehr positiv und als ausgesprochene Chance für uns«.

»In neuen Märkten greift man gerne auf erfahrene Partner zurück«, wendet Karlstetter ein, »die Frage ist nur: Was passiert, wenn die Märkte älter werden und eine Eigendynamik entwickeln?« Nach Ansicht von Schlumberger hat die deutsche PV-Branche im internationalen Wettbewerb dort die besten Chancen, »wo sie auf Gesellschaften mit ähnlichen Erwartungen an das Leben trifft, da kann sie dann auch in etwa das aus Deutschland gewohnte Preisniveau halten«. Die von den Marktforschern für 2014 prognostizierte Installationszahl von 13 GW in China hilft den deutschen PV-Spezialisten nach seiner Einschätzung dagegen nicht viel, »weil dort ein Preisniveau herrscht, bei dem wir nicht wirklich mitkönnen«.


  1. PV-Markt: »Über Jahre hat die Gier den Verstand gefressen«
  2. Mehr Zusammenhalt in der Branche!
  3. Dringend gesucht: neue Geschäftsmodelle
  4. Das große Spiel findet derzeit in China statt
  5. Branding: Versäumtes aufholen!
  6. Solarinverter-Hersteller unter Druck?

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