Bleibt die Frage: Bringen die im Vorjahr nach langer Diskussion durchgesetzten Strafzölle auf chinesische PV-Module eigentlich etwas? Nach Angaben von Maier hat sich inzwischen ein Preiskorridor von etwa 50 bis 60 Cent pro WattPeak gebildet, »und in diesen Preiskorridor wollen plötzlich alle rein, der Brand-Produkt-Hersteller genauso wie der No-Name-Hersteller«. Mit einem Preisunterschied von wenigen Cent, so Maier, lasse sich gegenüber einem Investor bei der Auswahl der PV-Module sprechen, »bei einer Differenz von 50 Cent pro Watt für ein chinesisches Modul und 70 bis 80 Cent pro Watt für einen Brandname war das nicht mehr möglich.«
»Wenn ich das besser beleumundete Produkt zum selben Preis kriege, nehme ich das natürlich«, lacht Dr. Luck, »wenn das Konkurrenzprodukt aber attraktiv genug ist, guckt sich die Bank auch einen Modulhersteller an, den sie nicht kennt, dann wird halt mehr getestet«. Schackert macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass die Strafzölle nur die chinesischen Produkte betreffen: »Was da aus Taiwan oder Indien angelandet wird, lässt sich natürlich günstiger verkaufen.« Dr. Wicht äußert denn auch die Vermutung, »dass die Module für 45 Cent pro WattPeak, die wir in der zweiten Jahreshälfte für die großen Freiflächen brauchen werden, dann wohl aus Taiwan und Indien kommen werden«.
Kurzzeitig, so die Diskussionsteilnehmer, werden die Strafzölle durchaus ihren Zweck erfüllen. »Das Thema Strafzölle hat ein paar deutsche Hersteller wieder ins Spiel gebracht«, so Maier, es bleibe aber abzuwarten, ob sich das als nachhaltig erweist. Schenk fragt sich, ob die zwei Jahre den Unternehmen genügend Zeit bieten, »ein solides Geschäft aufzubauen und für ein Branding am Markt zu sorgen«. Schackert glaubt kaum daran, dass die Strafzölle den deutschen Herstellern eine Zukunft erkaufen. Karlstetter ist der Ansicht, dass die Strafzölle den Deutschen und Europäern zwar etwas Zeit verschaffen, »aber die chinesischen Hersteller werden weiter in Entwicklung und Produktion investieren, sodass die deutschen Hersteller dadurch nach zwei Jahren einem mindestens so starken Wettbewerb wie zuvor ausgesetzt sein werden«.
Wie sehr auf der internationalen Bühne mit unterschiedlichen Karten gespielt wird, macht Dr. Wicht deutlich: »Wenn man die tiefroten Quartalsergebnisse eines chinesischen Unternehmens sieht, und dann ruckzuck eine Brückenfinanzierung von 100 Millionen Dollar da ist, dann zeigt das einfach die Unterschiede.« Deutsche und amerikanische Unternehmen stellten sich dagegen die Frage: Kann ich das noch finanzieren? Dr. Wicht lobt in diesem Zusammenhang die schnelle Reaktion etwa bei First Solar: »Als man dort 2012 merkte, das etwas schiefläuft, hat man Werke geschlossen.« In Deutschland seien Firmen in die Insolvenz gegangen, »in China dagegen haben wir so etwas kaum gesehen«.
Dr. Luck bezweifelt in diesem Zusammenhang auch die Vergleichbarkeit zwischen Deutschland und China, was die Produktionskosten betrifft: »Bei einem materialintensiven Produkt wie PV-Module spielen die reinen Arbeitskosten keine so große Rolle«, versichert sie, »wenn man sich dann die Bedingungen vor Ort ansieht, wird man nicht viele Produktionsstätten in Europa finden, wo ähnliche Bedingungen akzeptiert würden«. Laut Dr. Wicht zeigen die nackten Zahlen, dass die großen chinesischen Firmen mit etwa 10 bis 20 Prozent geringeren Kosten produzieren als der europäische oder japanische Wettbewerb. »Im zweiten Quartal des Vorjahres lagen die Produktionskosten in China bei etwa 50 US-Cent pro WattPeak, in Europa und Japan dagegen bei rund 60 US-Cent pro WattPeak«, so der Marktforscher, »natürlich muss man Bottom-up schauen, was genau hinter diesen Zahlen steckt«.
Technisch, da ist sich Dr. Luck mit den übrigen Diskussionsteilnehmern einig, dominiert weiterhin die Standardzelle auf p-Silizium den Markt. Während sich die Wirkungsgrade der multikristallinen Module bei 17 bis 17,5 Prozent bewegen, warten die monokristallinen Zellen nach wie vor mit einem geringen Plus von 1,5 Prozent und dadurch mit einem Wirkungsgrad von etwa 19 Prozent auf. Es ist schon auffällig, so Dr. Wicht, »dass die großen chinesischen Hersteller inzwischen auch führend in der Zelleffizienz sind, und hier eng mit europäischen, australischen und US-amerikanischen Forschungsinstituten zusammenarbeiten«.