Schmidt berichtet von Kunden, die angesichts dieser Entwicklung bereits wieder über Alternativen mit NiMH-Zellen nachdenken. »Die Geschehnisse rund um das Galaxy Note 7 haben natürlich in dieser Situation noch dazu beigetragen, dem Produkt „Lithium-Ionen“ ein erheblich negatives Image zu verpassen«. Auch bei Tadiran Batteries geht man davon aus, dass nach den unglücklichen Vorfällen rund um das Galaxy Note 7 die Verunsicherung auch in der Transportbranche anhalten wird. Es sei nicht auszuschließen, dass mehr und mehr Fluggesellschaften in Zukunft den Transport von Lithiumbatterien in Zukunft noch stärker begrenzen oder sogar ganz ablehnen. Erste Tendenzen in dieser Richtung hat man bei Tadiran Batteries auch bei anderen Verkehrsträgern bemerkt. Als Konsequenz dessen müssten sich Kunden somit auf längere und kompliziertere Logistikketten einstellen und ihre Produktionen entsprechend anpassen. Auch sollte das Thema Lagerhaltung neu angedacht werden.
»Wir bemerken bereits Planänderungen der Kunden im Zeitfenster der Bestellung«, schildert Hetzel die Entwicklung der letzten Monate. »Unsere Kunden werden explizit auf diese Veränderung hingewiesen«, berichtet Panzini, »inzwischen hat es sich herumgesprochen, auch dass die Lieferzeiten generell sehr hoch sind«. Da bei Dynamis Batterien, wie Pfeil berichtet, »die meisten unserer Kunden wünschen, dass wir die Zellen mit einem SOC von 30 Prozent konditionieren, ist ein Versand mit Luftfracht unumgänglich, auch wenn dieses Verfahren nun etwas teurer geworden ist«. Ob das das Ende der Fahnenstange in puncto Sicherheitsvorschriften bei Luft- und Seefracht ist, bleibt fraglich.
Hack ist sich sicher, »dass solche akuten sicherheitskritischen Fälle wie im Fall des Galaxy Note 7 den Transportbereich noch einmal deutlich mehr sensibilisieren werden«. Und wie ist es um die Zukunft der E-Mobility-Batteriefertigung in Deutschland und Europa bestellt? Dr. Michael Gnann, von MGC Consulting, ist sich sicher, »dass auch wenn Daimler bekannt gegeben hat, zusätzliche 500 Millionen Euro in den Ausbau der Batteriefertigung in Kamenz zu stecken, die fertigen Batteriezellen nach wie vor in Asien gekauft werden«. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die nur 100 Meter von diesem Werk entfernt stehende Zellfolienfertigung von Litarion. Diese Zellfolien werden nach Asien verschifft, um dort zu Zellen verbaut zu werden, die dann wieder nach Deutschland exportiert werden, um hier konfektioniert zu werden.
Professor Werner Tillmetz, Vorstandsmitglied am ZSW und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien dort, sieht das Thema optimistischer: »Die deutsche Industrie interessiert sich immer mehr für das Thema Zellfertigung, gleichzeitig aber ist die Intensität und Geschwindigkeit der Aktivitäten in Asien enorm«. Der Bedarf an Zellen in Europa wird nach seiner Einschätzung in den nächsten Jahren enorm ansteigen, »das zeigt auch die Entscheidung von LG und Samsung, in Europa Fabriken zu bauen«. Professor Tillmetz geht auch davon aus, dass die Marktkonsolidierung im Reedereibereich, die zuletzt zur Pleite von Hanjin führten, den Bau von Batteriefabriken in Europa beschleunigen wird.
Auch Professor Karl-Heinz Pettinger, Professor für Elektrische Energiespeicher an der Hochschule Landshut, würde persönlich eine Zellproduktion für E-Mobility in Deutschland begrüßen. »Bislang produzieren die Batteriehersteller eigene, individuelle, kundenspezifische Systeme mit hoher Variantenzahl. Dies führt zu teuren Batterien. Der Weg wäre hier eine Normung der Speicher und eine Produktion in attraktiven Stückzahlen.« Doch die Produktentwicklung in der Automobilindustrie, gibt er zu bedenken, benötigt lange Zeiträume. »Eine gewichtsbezogene Leistungsdichte von 122 Wh/kg auf Zellebene, wie sie heute in Fahrzeugen eingesetzt wird, ist „kalter Kaffee“, auf Zellebene hat sich die Leistungsdichte in den letzten Jahren bereits deutlich erhöht«. Bleibt abzuwarten, wann diese Fortschritte auch in der Automobilindustrie ankommen.
Trendbarometer für Batterien und Akkus
Bullenmarkt!
Da konnten auch Samsungs „Akku-Probleme“ im Fall des Galaxy Note 7 nichts ändern: Die Nachfrage nach Batterien und Akkus bewegt sich nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Produkt- und herstellerbezogen haben sich die bereits im Frühjahr 2016 bestehenden Lieferprobleme sogar noch verschärft. Versorgungssicherheit ist darum speziell bei hochwertigen Applikationen das Gebot der Stunde. Die weiterhin boomende Nachfrage mit in einzelnen Feldern deutlich zweistelligen jährlichen Wachstumsraten vor allem auch im Konfektionsbereich sorgt für ein anhaltendes Stimmungshoch unter den auf dem deutschen Markt tätigen Batterie- und Akku-Spezialisten. Der Stimmungs-Index schwankt nun seit knapp zwei Jahren um einen Wert von 3. Für 2017 rechnet die Branche noch einmal mit einer Steigerung, was der Index-Wert von 3,6 ausdrückt.