Lithium-Ionen-Akkus

Genauen Ladezustand bei hohen Strömen anzeigen

19. November 2013, 16:03 Uhr | Mathias Bloch
Zylindrische Akkuzellen auf dem Testgerät. Die Zellchemie ist bei der Messung des Ladezustands egal, da es die spezifischen Eigenschaften jeder Zelle berücksichtigt.
© TU Wien

Bei hohen Lade- und Entladeströmen wird die Bestimmung des Ladezustands von Lithium-Ionen-Akkus schwierig. Forscher der TU Wien haben dafür ein neues Verfahren entwickelt, das für Lade- und Entladeraten von bis zu 20 C genauere Werte als bisher liefert. Auf der SPS IPC Drives stellen sie das Verfahren erstmals auf einer Messe vor.

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Den Ladezustand von Lithium-Ionen-Akkus unter Last zu bestimmen, ist gar nicht so einfach. Aktuelle ICs verwenden dazu zum Beispiel das Coulomb-Counting, bei dem das Integral des Entladestroms über eine bestimmte Zeit errechnet wird.

Damit lässt sich der tatsächliche Ladezustand eines Akkus aber nicht ganz genau erfassen. Es treten nämlich noch jede Menge dynamischer Parameter auf, die den aktuellen Ladezustand beeinflussen. Dazu gehören zum Beispiel chemische Prozesse wie die Alterung des Akkus oder die Diffusion der Ladungsträger. Aber auch elektrische Parameter wie der Innenwiderstand der Akkuzelle spielen eine Rolle, der sich unter Last ständig und nichtlinear ändert.

Der Einfluss dieser dynamischen Faktoren führt dazu, dass sich der tatsächliche Ladezustand eines Akkus unter Last eben nur mit einer gewissen Unsicherheit bestimmen lässt. Zur Bestimmung dieser nichtlinearen Änderungen gibt es Algorithmen, wie etwa den erweiterten Kalman-Filter (EKF). Damit wird der Einfluss der dynamischen Parameter auf die Ausgangsspannung des Akkus während des Stromflusses errechnet. Dabei wird der Wert der gemessenen Spannung mit der eines mathematischen Modells der Akkuzelle verglichen. Aus der Differenz dieser Werte wird dann der tatsächliche Ladezustand errechnet. Allerdings ist das eine Schätzung und somit nicht hundertprozentig richtig. Die Hersteller von Ladezustands-ICs verwenden deshalb neben dem reinen Coulomb-Counting zusätzlich solche Algorithmen.

Bei Systemen mit niedrigen Lade- und Entladeströmen funktioniert das mittlerweile recht gut. Doch speziell längere Belastungen des Akkus oder solche mit hohen Strömen, stellen den Ladezustand immer noch verzerrt dar. Bei hohen Strömen ist die Abweichung zwischen tatsächlichem und geschätztem Ladezustand immer noch recht hoch.

Für solche hohen Ströme mit Lade- und Entladeraten von über 20 C, wie sie etwa bei Hybridfahrzeugen oder elektrischen Gabelstaplern auftreten, gibt es derzeit keine zuverlässige Methode, den Ladezustand auch unter Last genau zu bestimmen.

Die TU Wien hat nun ein neues Verfahren entwickelt, mit dem der Ladezustand deutlich genauer angezeigt werden kann. Das gilt speziell für hohe Ströme, also bei Lade- und Entladeraten von bis zu 20 C. Die Forscher um Dr. Christoph Hametner und Prof. Stefan Jakubek von der TU Wien haben das neue Verfahren vor kurzem vorgestellt.

Ähnlich wie bei der herkömmlichen Ladezustandsbestimmung verwenden sie dazu den gemessenen Wert der Akkuspannung und ein Modell des Akkus auf Basis des erweiterten Kalman-Filters, das den Einfluss der dynamischen Faktoren berechnet.

Der neue Ansatz ist, dass die Forscher ein umfangreiches, nichtlineares mathematisches Modell für jede einzelne Akkuzelle anlegen, dessen Daten aus tatsächlich an dieser Zelle gemessenen Werten stammen. Dafür messen die Forscher das Verhalten der Impedanz der Akkuzelle bei verschiedenen Ladezuständen, Ladeströmen oder wieviel Zeit bis zum Erreichen der Ruhespannung vergeht. Da jede Akkuzelle leicht unterschiedlich ist, reagiert sie auch anders auf die jeweiligen Parameter. Jedem dieser gemessenen Parameter wird also jeweils ein lokales Modell zugewiesen. Aus der Summe dieser einzelnen Modelle ergibt sich dann eine deutlich genauere Ladezustandsbestimmung, da sie auf realen Messungen des individuellen Verhaltens jeder Akkuzelle unter Last basiert. Die Zellchemie der Akkuzellen ist dabei nicht entscheidend.

Dieser Vorgang dauert ein paar Stunden und wird einmalig beim Kalibrieren des Akkus durchgeführt. Das Modell der einzelnen Akkuzellen wird dann in dem Prozessor oder auch dem FPGA des Batteriemanagement-Systems gespeichert.

Auf der SPS IPC Drives (Halle 4 – 130) zeigt die TU Wien nun erstmals, wie dieses Verfahren in der Praxis funktioniert.


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