Mit neu entwickelten semi-transparenten Mikrodisplays will das Fraunhofer-Institut IPMS kompaktere, leichtere und zugleich bessere AR-/VR-Brillen ermöglichen und den Geräten so zu mehr Akzeptanz bei den Nutzern verhelfen.
Das Interesse an AR- und VR-Anwendungen wächst beständig. Wenn auch nicht in der breiten Masse und den Büros, wie von einigen Anbietern erträumt, so haben sie sich doch in vielen Nischen wie Industrie, Anlagentechnik, Wartung und Bildung, einen festen Platz erarbeitet. Selbst Apple erachtet den Markt als zukunftsträchtig und hat mit seiner Vision Pro das Interesse an AR- und VR-Anwendungen weiter angefacht. Dabei zeigt gerade die Apple-Brille bei allem technischen Fortschritt allzu deutlich einige der größten Mankos dieser Geräteklasse auf: Klobige und abgeschlossene Skibrillen-Aufbauten, deren Displays technologisch zu wünschen übrig lassen und die Realität verfremden. Das schränkt den Trage- und Nutzungskomfort und damit die Akzeptanz der Anwender erheblich ein.
Der Einfluss der Displays geht dabei weit über die reine Darstellungsqualität hinaus. Zwar bringen die aktuell verbauten OLED-Mikrodisplays eine gute Auflösung und flüssige Darstellungsqualität mit, allerdings sind sie aufgrund ihrer siliziumbasierten Technologie nicht durchsichtig. Um den Träger nicht von seiner Umwelt abzuschneiden, müssen AR-Brillen und -Geräte das real gesehene Bild deshalb extra erfassen und mit einem sogenannten »optical combiner« mit den virtuellen Bildern verschmelzen. Das jedoch erfordert ein komplexes optisches System sowie entsprechende Software und Rechenleistung, was sich negativ auf gleich mehrere elementare Faktoren wie Größe, Gewicht und optische Effizienz des Gesamtsystems auswirkt. Aktuelle optische See-through Near-to-Eye-Anzeigen (NTE) in Augmented-Reality-Geräten versuchen das Problem des Formfaktors über verschiedene technische Ansätze wie etwa die Einkopplung von Bildern aus nicht transparenten Bildgebern in Wellenleiter- oder Faltelementoptiken zu lösen.
Einen effizienteren Ansatz um diese neuralgischen Punkte bei AR-Geräten und anderen Anwendungsgebieten in den Griff zu bekommen, soll künftig eine neue Technologie des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme (IPMS) bieten. Als Lösung für die beschriebenen Probleme haben die Forscher im Rahmen des Projektes »Hochperformante transparente und biegbare Mikro-Elektronik für photonische und optische Anwendungen« (HOT) ein semi-transparentes OLED-Mikrodisplay entwickelt. Dieses basiert auf der neu entwickelten semi-transparenten OLED-auf-Silizium-Mikrodisplay-Technologie und bietet den Forschern zufolge innovative Möglichkeiten für das optische Design schlanker, augennaher Optiken, die deutlich leichter, kompakter und sparsamer als herkömmliche combiner-basierte optische NTE-Systeme sind. Basis dieser neuen Displays sind fortschrittliche Silizium-CMOS-Prozesse, die auf Silizium-auf-Isolator-Wafern (SOI) angewendet werden. Ein wesentlicher Vorteil dieser Verfahren ist, dass damit sehr dünne Schaltkreise implementiert werden können.
»Mit Hilfe eines spezifischen IC-Designs und eines geeigneten Prozessablaufs wird die Übertragung auf einen Glaswafer und dadurch die Herstellung semitransparenter Mikrodisplays möglich«, führt Philipp Wartenberg, Gruppenleiter IC- und Systemdesigns am Fraunhofer IPMS, aus. Das ermöglicht Designs, bei denen Mikrooptiken direkt auf dem Chip integriert werden. Indem das transparente Mikrodisplay selbst zum optischen Kombi-Element wird, schrumpft das optische System erheblich und die optische Effizienz verbessert sich. Dass das funktioniert, beweist ein entsprechender Technologiedemonstrator des IPMS. Zudem sehen die Forscher das Potenzial dieser Technologie noch lange nicht ausgereizt und hoffen nach internen Technologiestudien beispielsweise darauf, künftig auch Transparenzen von mehr als 50 Prozent realisieren zu können.