Die beim Prescan gemessenen Frequenz- und Amplitudenwerte sind von den Eigenschaften des Eingangssignals während der Messperiode abhängig. Wenn Emissionen aus dem Testobjekt eine signifikante Frequenz- und/oder Amplitudenmodulation aufweisen, können sich die beim Prescan gemessenen Emissionswerte in der Verdächtigenliste deutlich von den tatsächlichen Spitzenwerten unterscheiden. Falls beim Prescan ein Störsignal während der Messperiode nicht seine maximale Amplitude erreicht, weicht die für die betreffende Frequenz angezeigte Amplitude von der tatsächlichen Störsignalamplitude ab.
Beispiele für Emissionen dieser Art sind ein Mischoszillator, ein Taktgenerator, eine Schaltstromversorgung oder eine sonstige Schaltung, die zur Spreizung des Störsignalspektrums und Vermeidung von Störsignalspitzen in bestimmten Bereichen „gedithered“, das heißt mit einem Zufallssignal frequenzmoduliert, wird. Dieses Verfahren wird häufig angewandt, weil es die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte erleichtert.
Korrekte Prescan-Messdaten gewährleisten
Weil die beim Prescan gemessenen Amplituden- und Frequenzwerte fehlerhaft sein können, müssen die erfassten Signale vor der abschließenden EMV-Messung genauer untersucht werden. Die kommerziellen CISPR-Standards schreiben vor, dass zur Charakterisierung der Amplitudenschwankungen über der Zeit vor der abschließenden EMV-Messung die gewichteten Emissionsamplituden zu messen sind. Bei der abschließenden EMV-Messung müssen dann die Verweilzeiten entsprechend angepasst werden. Moderne EMV-Messempfänger bieten zwei Funktionen, die dieses Analyse erleichtern: vollständige Spektrumanalyse und ZF-Spektrumüberwachung.
Vollständige Spektrumanalyse
Spektrumanalysatoren sind die leistungsfähigsten Tools, die für die Analyse von Emissionen verfügbar sind. Sie bieten ein ganzes Arsenal von Detektoren, Auflösungsbandbreiten und Videobandbreiten zur Analyse verdächtiger Signale. Zudem können sie mehrere Messkurven gleichzeitig anzeigen und ermöglichen es dadurch, sowohl die momentanen Werte als auch die Hüllkurve eines modulierten Signals zu visualisieren. Spektrumanalysatoren verfügen außerdem über mächtige Markerfunktionen, mit denen man schnell und einfach die Frequenzen der stärksten Emissionen identifizieren und die Bandbreite der Emissionshüllkurve bestimmen kann.
Allerdings haben handelsübliche Spektrumanalysatoren nur einen einzigen Abwärtsmischer-Signalpfad und eignen sich daher nicht dazu, schnell ein verdächtiges Signal zu scannen und gleichzeitig eine gewichtete Detektormessung bei einer festen Frequenz durchzuführen. Gleichzeitiges Scannen mit einem Spitzenwertdetektor und einem gewichtenden Detektor ist zwar möglich, allerdings kann ein gewichtender Detektor die Aktualisierungsrate der Marker, mit denen die Amplitudenschwankungen der Spitzenemissionen verfolgt werden, signifikant herabsetzen.
ZF-Spektrumüberwachung
Die ZF-Spektrumüberwachung ermöglicht es, während gewichtender Messungen bei einer festen Frequenz gleichzeitig das Spektrum verdächtiger Emissionen innerhalb einer gewissen Bandbreite anzuzeigen. Dabei wird die Frequenz des Mischoszillators (LO) des Analysators fest auf die interessierende Frequenz eingestellt und der Empfänger misst die Amplitude bei der festen Frequenz in der Mitte des ZF-Durchlassbandes. Der Analysator berechnet außerdem per FFT (schnelle Fourier-Transformation) das innerhalb der ZF-Bandbreite liegende Signalspektrum und zeigt es an. Dadurch lässt sich der Empfänger leicht auf das Maximum der Emission abstimmen, während man das Spektrum beobachtet. Empfänger, die in der Betriebsart ZF-Spektrumüberwachung multitracefähig sind, können außerdem sowohl das momentane Spektrum als auch die Signalhüllkurve anzeigen.
So leistungsfähig die ZF-Spektrumüberwachung auch sein mag – sie hat ihre Grenzen. Erstens ist das angezeigte Frequenzband nur ein Teilbereich der ZF-Bandbreite des Empfängers. Außerdem sind nur Bandbreiten verfügbar, die kleiner sind als die zur Messung der Mittenfrequenz-Amplitude verwendete (im Standard spezifizierte) RBW. Aus diesen Gründen ist die ZF-Spektrumüberwachung weniger flexibel als die vollständige Spektrumanalyse, wenn es um die Diagnose verdächtiger Signale geht.