Und welche Auswirkungen erwarten Sie für den Oszilloskop-Markt an sich?
Rigol wird das Marktsegment von unten her aufrollen. Die aktuellen Marktteilnehmer kommen von oben. Irgendwann wird man sich treffen. Aber die Chinesen haben nichts, was wir nicht auch haben, tun nichts, was wir nicht auch tun könnten - wenn es sinnvoll wäre. China ist sicherlich im Vorteil hinsichtlich der Produktionskosten. Wir haben momentan noch einen Ausbildungsvorteil und Marktkenntnisvorsprung. Aber die Chinesen werden diese Dinge von uns lernen, und wir werden von ihnen lernen, wie man günstiger fertigt.
Die Rohde&Schwarz-Oszilloskope sind nun gut ein Jahr auf dem Markt. Wie ist die Resonanz?
Überaus positiv. Unsere Kunden loben uns vor allem für unsere ausgefeilte Technik und das Bedienkonzept. Und sogar von dem einen oder anderen Mitbewerber gab es ein heimliches Schulterklopfen. Unsere Leistung wird also anerkannt. Wie erwartet verkaufen wir etwa 50 Prozent der neuen Geräte in Europa, die anderen 50 Prozent teilen sich auf den Rest der Welt auf. Das liegt vor allem an unserer Bekanntheit in Europa und daran, dass wir zunächst die Kunden angegangen sind, die wir schon kennen und die bereits auf unsere Marke vertrauen. Außerhalb Europas ist es schwerer, dort kämpfen wir noch gegen die US-amerikanischen Mitbewerber an. Aber wir sind auf einem guten Weg.
Letztes Jahr haben Sie angekündigt, die Nummer 3 im Oszilloskopmarkt werden zu wollen. Wie ist der aktuelle Stand und ist Ihr Ziel immer noch realistisch?
Volumenmäßig sind wir für unsere Mitbewerber wohl noch keine wirkliche Bedrohung. Dennoch schätze ich, dass wir in Europa bereits auf Position 4 liegen. Und realistisch ist das Ziel auf jeden Fall. Es wird vielleicht noch vier bis fünf Jahre dauern, aber wir geben nicht auf. Wir haben ja gerade erst angefangen, uns in diesem Segment zu etablieren, und natürlich müssen wir unser Portfolio noch deutlich erweitern. Aber wir können jetzt schon den Kunden und dem Wettbewerb zeigen, dass wir gute Ideen und engagierte Mitarbeiter haben und zudem auch günstig fertigen können.
Wie hoch ist der Anteil der Oszilloskope am Messtechnikumsatz des Unternehmens?
Aufgrund der Größe des gesamten Portfolios liegt der Prozentsatz noch im einstelligen Bereich. Sobald wir zweistellig werden, ist der dritte Platz im Markt nicht mehr fern.
Erneut ein ehrgeiziges Ziel. Wie wollen Sie das erreichen?
Nun, wir haben ja Zeit. Als privat gehaltenes Unternehmen brauchen wir keine Analysten zu überzeugen und müssen nicht ständig Erfolgsmeldungen produzieren. Das Geld für unnötiges Reporting stecken wir lieber in die Entwicklung. Wir können in aller Ruhe so vorgehen, wie wir es für richtig halten.. Das hat uns in unserer bisherigen Firmengeschichte zum Erfolg verholfen und wird es auch jetzt wieder hinsichtlich des Oszilloskop-Geschäfts tun. Darum werden wir übrigens oft beneidet.
Gibt es dennoch eine bestimmte Strategie?
Wir gehen mit einem bestimmten Produkt in ein bestimmtes Marktsegment. Bei den Scopes haben wir im Mittelfeld zu begonnen - und das war für uns genau richtig. Jetzt müssen wir unser Portfolio kontinuierlich erweitern. Wir sind ja noch ganz am Anfang. Aber Rohde & Schwarz hat sich schon immer durch Geduld und einen langen Atem ausgezeichnet.
Welche Strategie-Anpassungen mussten Sie vornehmen?
Wir haben die Wichtigkeit des Zubehörs unterschätzt. Das haben wir aber mittlerweile gelernt und haben auch schon nachgelegt. Wichtig ist, dass das Lernen schnell geht und man ebenso schnell reagiert, wenn man einen Fehler erkannt hat. Das kann der Kunde von uns erwarten, wenn er uns in einem neuen Produktsegment einen Vertrauensvorschuss gibt. Ansonsten haben wir meines Erachtens alles richtig gemacht.
Was gibt es Neues hinsichtlich Ihrer Tochter Hameg?
Hameg läuft nach wie vor erfolgreich als eigene Marke mit dem Zusatz »A Rohde & Schwarz company«. Neues gibt es im Vertrieb: Seit etwa einem Monat können die Rohde&Schwarz-Vertriebsingenieure nahezu in ganz Europa nun auch Hameg-Produkte verkaufen, was vorher so nicht möglich war. Darüber hinaus hat Hameg weiterhin sein zentrales Vertriebsteam, das sowohl die Kollegen von Rohde & Schwarz als auch die Distributoren betreut.
Lassen Sie uns kurz über zwei Produktbereiche sprechen - Systembus- und Handheld-Geräte. Wie sehen Ihre Pläne dahingehend aus?
Jedes Jahr denken wir wieder darüber nach, ob wir Ressourcen in den PXI-Markt stecken sollen. Es ist uns natürlich nicht entgangen, dass der Mitbewerb diesen als einen der wichtigsten Kernmärkte sieht. Aber für uns ist das bislang noch kein passendes Produktsegment. Auch im Handheld-Bereich denken wir immer über Erweiterungen nach, aber nur da, wo es auch wirklich sinnvoll ist. Handhelds sind immer teurer als Tischgeräte - bei gleicher Funktionalität. Aber in welchen Bereichen ist der Kunde denn gewillt, für die gleiche Leistung mehr zu zahlen? Doch nur dort, wo er darauf angewiesen ist, das Gerät mobil betreiben zu können. Für diese Anwendungen bieten wir schon Handhelds wie etwa unsere Spektrumanalysatoren an. Aber nichts desto trotz steht auch dieses Thema immer wieder auf der Überlegungsliste.
Was dürfen wir sonst noch von Rohde & Schwarz erwarten?
Wir werden unsere Prioritäten konsequent weiter verfolgen. Die erste Priorität ist, unsere Produkte konkurrenzfähig zu halten. Das heißt, wenn ein Produkt zu veralten droht, ist ein Update oder ein Nachfolger bereit. Als zweite Priorität werden wir Lücken in unserem Portfolio schließen und das Angebot erweitern. Die dritte Priorität ist ein weiteres Wachstum im Oszilloskop-Segment - aber dazu müssen wir erst einmal wieder etwas Neues entwickeln. Das dürfte aber sicher in den nächsten zwölf Monaten soweit sein. Ebenso bei den Spektrumanalysatoren. Um alles zu schaffen, was wir uns vorgenommen haben, brauchen wir Verstärkung. Derzeit haben wir alleine in Deutschland 120 offene Stellen zu besetzen, davon mindestens 80 Prozent in der Entwicklung. Dabei geben wir sowohl jungen als auch erfahrenden Bewerbern eine Chance. All dies zeigt unsere Entwicklungsbereitschaft: Wir wollen und werden weiterhin auch in Deutschland wachsen.