Wider das Wachstumsdogma

Wie Corona die Richtung ändern könnte

30. April 2020, 14:00 Uhr | Jan Petermann und David Hutzler, dpa
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

.Markt, Staat und Gesellschaft

3. Guter Markt, schlechter Staat?

Lange hielten Wirtschaftsakteure und -wissenschaftler den Staat für bevormundend und bürokratisch. Es mag sein, dass einige Hilfen nun kompliziert zu beantragen sind. Im Pandemie-Schock erlebt der Staat aber eine Renaissance. »Ich würde schon sagen, dass die Corona-Krise so etwas wie der letzte Sargnagel für den Neoliberalismus ist«, meint Fratzscher. »Nun sehen wir: Der Staat ist die letzte Instanz, wenn es darauf ankommt. Der Markt kann in entscheidenden Bereichen nicht mehr allein funktionieren.« Das habe sich bereits in der Finanzkrise 2008/2009 abgezeichnet.

Manche sehen die Krise auch als Anlass für eine «Investitionswende», um die Digitalisierung, medizinische Forschung oder Modernisierung der Schul- und Verkehrsinfrastruktur voranzutreiben. »Jetzt muss die Nachfrage weiter gestützt werden«, meint Dullien zum Sanierungsstau in vielen Bereichen. Die Zeit primärer Sparpolitik sei jedenfalls wohl vorbei. Paech spricht von einer «historisch einmaligen Situation»: Der Staat habe die Möglichkeit, Finanzierungshilfen an ökologische Ziele zu koppeln. Kommt ein erweiterter «Green Deal»?

4. Die Gesellschaft hilft sich auch selbst

Corona-Mittel fließen aber nicht nur von oben nach unten. Bürger, Haushalte, Vereine und Firmen nehmen einen großen Teil ihres Schicksals selbst in die Hand. Es gibt private und soziale Initiativen - Nachbarschaftshilfe beim Einkaufen, Crowdfunding für Gastronomen, Musiker und Künstler, Unternehmensspenden mit medizinischem Material. »Das zeigt, dass wir eine recht intakte gesellschaftliche Struktur haben«, sagt Dullien.

»Auch das Sozialkapital einer Gesellschaft ist wichtig«, erklärt Vöpel. »Wir denken, wenn wir anderen helfen: Es hätte auch mich treffen können.« Mit Blick auf die Zeit nach Corona meint Paech: »Der Anschub einer nachhaltigen Entwicklung jenseits der Krisenlogik kann nur aus der Zivilgesellschaft kommen.« Viele Menschen übten in der jetzt frei gewordenen Zeit bereits neue Verhaltensmuster ein.


  1. Wie Corona die Richtung ändern könnte
  2. .Markt, Staat und Gesellschaft
  3. Zufriedenheit, Profitstreben, Gewinner und Verlierer

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