Um die Todesrate auf Grund von plötzlichem Herzversagen zu senken, eignet sich ein Langzeit-EKG-Monitoring. Fest installierte Systeme eignen sich dafür nicht. Ein alltagstaugliches Tragesystem zur Überwachung und Therapie kardiologischer Risikopatienten ist also gefragt. Es soll die Qualität der Diagnose und Therapie von Herzerkrankungen ebenso wie die Lebensqualität der Träger verbessern und helfen, die Behandlungskosten zu senken.
Die Entwicklung eines alltagstauglichen Tragesystems zur Überwachung und Therapie kardiologischer Risikopatienten, wie es die Forscher der Hohenstein Institute und deren Kollegen der Metrax angestoßen haben, adressiert schwerpunktmäßig folgende zwei Krankheitsbilder: die Herzinsuffizienz und den plötzlichen Herztod.
Herzinsuffizienz ist eine Herzschwäche, von der allein in Deutschland rund 1,3 Millionen Menschen betroffen sind − Tendenz steigend. Dabei ist das Herz nicht mehr in der Lage, genügend Blut in den Kreislauf zu pumpen und lebenswichtige Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Das relativ späte Auftreten klinisch relevanter Zeichen führt zu einer langen Liegedauer in Krankenhäusern und aufwändigen Rehabilitationsmaßnahmen und damit zu sehr hohen Behandlungskosten.
Der plötzliche Herztod ist die Todesursache Nummer eins in der westlichen Welt. Ein solcher plötzlicher Herz-Kreislauf-Stillstand, an dem jährlich etwa 300 000 Menschen in Europa sterben, wird meist durch Kammerflimmern verursacht. Die einzige wirksame Therapie in diesem Fall ist die sogenannte Defibrillation, das Verabreichen eines hochenergetischen Schocks über an den Brustkorb angebrachte Elektroden. Um wirksam zu sein, muss diese allerdings innerhalb weniger Minuten nach Eintreten des Akut-Ereignisses durchgeführt werden.
Tragekomfort ist wichtig
Das schnelle, möglichst rechtzeitige Erkennen von Funktionsstörungen des Herzens und eine unmittelbare, effektive Therapie könnten also viele Leben retten und durch Verzicht auf eine aufwändige stationäre Behandlung einen großen Kostenfaktor im Gesundheitswesen reduzieren. Um die Qualität der Diagnose und Therapie zu verbessern, wäre eine lückenlose Überwachung wünschenswert, die über einen Zeitraum von Monaten aufrechterhalten wird. Stationäre Systeme (Bild 1) sind da keine Option, anders als textile Tragesysteme. Die dabei vorgesehene lange Tragedauer des Systems am Körper (24 Stunden, 7 Tage die Woche) stellt hohe Anforderungen an Passform, Haltbarkeit und Hygiene, besonders bei warmen Temperaturen. Besonders dann ist ein guter Tragekomfort für den erfolgreichen Einsatz wichtig.
Die bereits existierenden Systeme im Bereich des textilen EKG-Monitorings können bisher diesen Anforderungen nicht gerecht werden und sind für die beabsichtigten Anwendungsgebiete noch nicht alltagstauglich. Neben der eingeschränkten Leistungsfähigkeit ist vor allem der Tragekomfort nicht gegeben. Diese Eigenschaft ist aber für den Einsatz rund um die Uhr besonders wichtig.
Ältere Patienten, die auf Grund ihrer bestehenden Erkrankung einem größeren Leidensdruck ausgesetzt sind, haben daher erhebliche Umgangsprobleme im Alltag und sind aus diesem Grund nicht bereit, die vorhandenen Systeme anzuwenden. Ziel des gemeinsamen Forschungsprojektes ist die Entwicklung eines optimierten textilen Tragesystems für das EKG- beziehungsweise Aktivitäts-Langzeitmonitoring und tragbarer Defibrillatorensysteme zur Überwachung und Therapie kardiologischer Risikopatienten.
Alltagstauglichkeit im Fokus
Auf Basis zweier einfacher Grundformen eines textilen Tragesystems mit integrierten trockenen EKG-Elektroden und im Notfall aktivierbaren Defibrillationselektroden, das von Metrax bereits erarbeitet wurde, soll eine innovative, alltagstaugliche Lösung erreicht werden (Bild 2).
Mittels aktueller 3D-Scandaten zielgruppenspezifischer Körperproportionen wird in Hohenstein eine optimierte Schnittkonstruktion entwickelt, die bei einer maschinellen Fertigung eine bestmögliche EKG-Sig-nalqualität unterstützt. Dabei wird besonders auf maximalen Tragekomfort, das heißt optimale Atmungsaktivität und Hautverträglichkeit, geachtet. Das neue Tragesystem soll eine hohe Gebrauchstauglichkeit in Bezug auf das An- und Ausziehen sowie die Verstell- und Einstellmöglichkeiten und häufige Waschbarkeit in einer konventionellen Haushaltswaschmaschine gewährleisten, ohne die Funktion des gesamten Systems zu beeinträchtigen.
Die optimale Platzierung der Sensoren und Aktoren am menschlichen Körper und die Integration der Elemente in das Tragesystem, das herzkranke Patienten den ganzen Tag lang tragen sollen, stellen völlig neue Herausforderungen für die Schnittkonstruktion dar.