Jeder Knoten fungiert als Router

Drahtlose Sensornetzwerke - dynamisch und selbstheilend

25. September 2024, 8:00 Uhr | Von Thomas Steen Halkier, NeoCortec
© Neocortec Elektronik

Drahtlose Sensornetzwerke sind oft durch hierarchische Strukturen und hohen Energieverbrauch begrenzt. Eine neue dezentrale Technologie, bei der alle Knoten als Router fungieren, ermöglicht hingegen skalierbare, flexible und energieeffiziente Netzwerke ohne zentralen Koordinator.

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Der Einsatz von Sensornetzwerken nimmt in einer Vielzahl von Bereichen wie beispielsweise Umweltüberwachung, industrieller IoT-Installationen oder Haus- und Gebäudeautomation (HBA) rasant zu. Laut ihrem im Januar 2023 veröffentlichten Forschungsbericht erwarten die Analysten von Spherical Insights & Consulting, dass der globale Markt für drahtlose Sensoren von 37 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 bis 2030 auf 149 Milliarden US-Dollar wachsen wird – und das mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 19 Prozent. Dieses Wachstum hat viele Ursachen, nicht zuletzt die Nachhaltigkeitsbewegung, die eine möglichst effiziente Energienutzung in Gebäuden fordert. Intelligente Sensornetzwerke können die Belegung und Nutzung von Räumen überwachen, Heizung, Beleuchtung und Luftqualität automatisch steuern und sogar Türen und Fensterheber bedienen.

In vielen Situationen ist die drahtlose Verbindung von Sensoren in einem Mesh-Netzwerk wünschenswert. Das spart Infrastruktur und Kosten, weil keine langen Kabelwege nötig sind. Es bedeutet darüber hinaus, dass die Netze viel flexibler sein können, weil die Sensorknoten überall, auch an abgelegenen und schwer zugänglichen Orten, installiert werden können.

Anforderungen an drahtlose Mesh-Sensornetze

Die erfolgreiche Implementierung eines drahtlosen Sensornetzes erfordert allerdings eine Mesh-Networking-Lösung, die die folgenden Eigenschaften aufweist:

Geringer Strombedarf: Die einzelnen Sensorknoten müssen »autark« sein, das heißt, sie müssen über viele Jahre hinweg ohne regelmäßige Wartung mit Batterien oder einer Technologie zur Energiegewinnung betrieben werden können. Oftmals werden Sensorknoten an Orten platziert, an denen es keine Netzstromversorgung gibt. Das gilt besonders für ferngesteuerte Umweltüberwachungssysteme. Aber auch in Gebäuden, in denen unter Umständen keine Netzstromversorgung zur Verfügung steht, verringert die Abhängigkeit von Kabeln die Flexibilität eines Netzes und erhöht dessen Kosten – vor allem, wenn Hebevorrichtungen oder Hubsteiger erforderlich werden.
Skalierbarkeit: Die Anzahl der Knoten in einem Netz sollte nicht begrenzt sein. Wenn ein Unternehmen expandiert, sollte das Netz in der Lage sein, mitzuwachsen und den Grad der bereitgestellten Informationen zu aktualisieren.
Einfache Installation: Damit ein Sensornetz effektiv ist, muss es einfach zu installieren sein und ohne den Einsatz von Fachpersonal erweiterbar sein.

Ad-hoc- versus Legacy-Mesh-Netzwerktechnologie

Eine Technologie, die all diese Probleme angeht, ist NeoCortecs drahtloses Ad-hoc-Mesh-Netzwerksystem NeoMesh. NeoCortec ist der Überzeugung, dass die meisten bestehenden Netzwerktechnologien auf Methoden basieren, die sich auf IP-Protokolle beziehen, ein Ansatz, der für drahtlose Sensornetzwerke nicht optimal geeignet ist. Stattdessen handelt es sich bei NeoMesh um einen »drahtlosen« Protokollstapel, der im Hinblick auf Vielseitigkeit entwickelt wurde und ultraskalierbare Netze ohne Netzwerkmanager usw. ermöglicht. Zudem senkt er den Stromverbrauch drastisch – und das alles auf der Grundlage von Prinzipien, die speziell für diese Art von drahtlosen Sensornetzen optimiert sind.

EIne Legacy-Mesh-Topologie mit Knoten unterschiedlichen Fähigkeiten und Funktionen innerhalb des Netzwerks
Bild 1. EIne Legacy-Mesh-Topologie mit Knoten unterschiedlichen Fähigkeiten und Funktionen innerhalb des Netzwerks.
© NeoContec

Um die Vorteile von NeoMesh besser verstehen zu können, ist es sinnvoll, es mit früheren Mesh-Netzwerktechnologien zu vergleichen, die in Bezug auf Skalierbarkeit und Energieeffizienz Einschränkungen aufweisen. Bisherige Mesh-Netzwerke sind in der Regel als hierarchisches System organisiert, in dem verschiedene Knoten unterschiedliche Fähigkeiten und Funktionen innerhalb des Netzwerks haben. Eine typische Topologie ist in Bild 1 dargestellt.

Wie im Bild zu sehen ist, gibt es hier drei Arten von Knoten:

➔ Das Endgerät ist der einzige Teil dieser Konfiguration, der für einen stromsparenden Betrieb optimiert werden kann. Seine einzige Funktion besteht darin, in eigenem Auftrag Nachrichten zu senden (und zu empfangen). Es kann keine Nachrichten im Netz weiterleiten und kann daher nicht zum Aufbau der Mesh-Netzinfrastruktur verwendet werden.
➔ Der Router kann im Auftrag anderer Knoten Nachrichten durch das Netz leiten. Weil ein Router aber ständig auf Nachrichten von Endgeräten warten muss, die möglicherweise asynchron übertragen, hat er einen viel höheren Stromverbrauch und kann daher normalerweise nicht mit Batterien betrieben werden.
➔ Der Koordinator ist für den Aufbau und die Aufrechterhaltung des Netzes erforderlich und stellt außerdem eine zentrale Verbindung zur Cloud oder zum zentralen Server her. Der Koordinator bestimmt, welche Knoten mit welchen anderen Knoten benachbart sind und stellt somit eine zentrale Schwachstelle dar. Der Koordinator ist nicht mit Batterien betreibbar.

Bei der Auswahl einer drahtlosen Mesh-Netzwerktechnologie ist daher unbedingt der gesamte Energiebedarf zu berücksichtigen. Auch wenn einzelne Knoten sehr wenig Strom verbrauchen, benötigen sie Router, Controller und Uploader und manchmal auch eine zusätzliche Verkabelungsinfrastruktur, was am Ende zu einem viel höheren Energiebudget führt, als es bei der ersten Analyse den Anschein hatte.

NeoMesh setzt auf dezentralisierten Ansatz

Die hierarchische Struktur von Legacy-Mesh-Netzen behindert sowohl die Skalierbarkeit als auch die Flexibilität. Die Prinzipien des Nachrichtenroutings einiger Mesh-Netzwerktopologien schränken die Handhabung tiefer Netzstrukturen (z. B. mehr als 10 Hops) sowie dynamischer Konfigurationen durch die Routing-Protokolle stark ein. Dies mindert die Einsatzmöglichkeiten und verringert effektiv die praktische Netzgröße.

Ein dezentralisiertes NeoMesh-Netzwerk besteht aus gleichwertigen Knoten, die sich alle selbst verwalten
Bild 2. Ein dezentralisiertes NeoMesh-Netzwerk besteht aus gleichwertigen Knoten, die sich alle selbst verwalten.
© NeoContec

Im Gegensatz dazu ist das NeoMesh-Netz dezentralisiert, wie in Bild 2 dargestellt. Anstelle einer Master/Slave-Konfiguration verwalten sich alle Knoten selbst, alle Knoten fungieren als Router, und die Knoten benötigen zudem keinen Koordinator. Das bedeutet, dass NeoMesh keine unterschiedlichen oder »speziellen« Knotentypen benötigt und alle Knoten die gleichen stromsparenden Eigenschaften haben. Das bietet erhebliche Vorteile gegenüber bestehenden Technologien hinsichtlich des Stromverbrauchs des gesamten Netzes, weil jeder Knoten des Netzes viele Jahre lang mit kleinen Batterien betrieben werden kann.

Darüber hinaus ermöglicht der dezentrale Ansatz dynamische Netztopologien ohne wirkliche Einschränkungen bei der Skalierbarkeit oder den Netzstrukturen. Diese Fähigkeiten ermöglichen volle Flexibilität bei der Bereitstellung des Netzwerks und ein Netzwerk, das mit den Anforderungen der Anwendung wächst. Die Erweiterung eines NeoMesh-Wireless-Mesh-Netzwerks ist so einfach wie das Einfügen eines neuen Knotens an der gewünschten Stelle und das Einschalten des Knotens. Die anderen Knoten im bestehenden System »finden« den neuen Knoten und nehmen ihn in die neu erweiterte Struktur auf.

Letztendlich bedeutet der dezentralisierte Ansatz, dass es keine zentrale Schwachstelle gibt. Fällt ein Knoten aus irgendeinem Grund aus, heilt sich das System selbst und findet einen anderen Weg, indem es andere, noch funktionierende Knoten für die Weiterleitung der Informationen nutzt. Die Datenübertragung durch das Netzwerk erfolgt sequenziell von Knoten zu Knoten, bis die Daten ihr Ziel erreicht haben.

Einsatzgebiete für NeoMesh

NeoMesh eignet sich ideal für drahtlose Sensornetzwerke, bei denen die einzelnen Sensoren/Geräte nicht sehr oft Daten senden müssen und bei denen die Nutzlast gering ist. Das drahtlose Kommunikationsprotokoll NeoMesh ist in Form einer Reihe vollständig integrierter und vorzertifizierter bidirektionaler Module mit extrem niedrigem Stromverbrauch erhältlich. Es gibt mehrere Versionen der Module, die alle den gleichen NeoMesh-Protokollstapel für verschiedene Frequenzbänder verwenden und mit dem proprietären NeoCortec-Protokollstapel vorgeladen sind. Für eine ausführliche Beschreibung der Funktionalität des Netzwerkprotokolls bietet NeoCortec einen NeoMesh User Guide an.

 

Der Autor

Thomas Steen Halkier von NeoCortec Elektronik
Thomas Steen Halkier von NeoCortec Elektronik.
© NeoContec

Thomas Stehen Halkier

Ist CEO bei NeoCortec, einem Unternehmen das sich auf drahtlose Mesh-Netzwerke für Anwendungen mit sehr geringem Stromverbrauch spezialisiert hat. Halkier hat 25 Jahre Erfahrung mit vielen Arten von drahtlosen Kommunikationssystemen in verschiedenen Branchen
tsh@neocortec.com


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