Implantate wie zum Beispiel Herzschrittmacher haben in den letzten Jahrzehnten vielen das Leben gerettet. Eines der wesentlichen Probleme aber ist, dass diese beziehungsweise die sie versorgende Batterie in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden müssen. Wäre es denn nicht möglich, Implantate kabellos nachzuladen?
Seit Jahrzehnten geben Schrittmacher dem Herzen den Takt vor. Doch ist die Entwicklung bei mikroelektronischen Implantaten rasant fortgeschritten, sie sind immer kleiner und technisch ausgefeilter geworden. Der Trend geht hin zu miniaturisierten, »intelligenten« Systemen, die Therapie- und Diagnosefunktionen übernehmen. Künftig sollen beispielsweise implantierbare Sensoren Blutzuckerspiegel, Blutdruck oder die Sauerstoffsättigung von tumorösem Gewebe messen und die Patientendaten anschließend per Telemetrie übertragen können.
Medikamentendosiersysteme und Infusionspumpen wiederum sollen gezielt medizinische Wirkstoffe im Körper freisetzen und so Nebenwirkungen verringern. All diese Entwicklungen setzen sich aus Sensoren, Aktoren, Signalverarbeitungseinheiten und der Steuerungselektronik zusammen - und hier liegt auch das Problem: Sie müssen mit Energie versorgt werden.
Akkus scheiden aufgrund ihrer begrenzten Lebensdauer meistens aus - schließlich bleiben die Implantate jahrelang im Körper. Derzeit kommen meist radiowellenbasierte (HF) und induktive Systeme zum Einsatz. Diese weisen jedoch lage-, positions- und bewegungsbedingte Wirkungsgradunterschiede auf und sind zudem oft in ihrer Reichweite beschränkt.
Forschern am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS ist es gelungen, Strom drahtlos von einem tragbaren Sendermodul zu einem mobilen Generatormodul - dem Empfänger - zu übertragen. »Das Transfermodul in Form eines Zylinders ist so klein und kompakt, dass es sich am Gürtel befestigen lässt«, freut sich Dr. Holger Lausch, Wissenschaftler am IKTS.
Der Sender stellt eine elektrische Leistung von über 100 mW bereit und hat eine Reichweite von etwa 50 cm. Der Empfänger kann sich also fast überall im Körper befinden. »Mit unserem tragbaren Gerät können wir berührungslos Implantate, Medikamentendosiersysteme und andere medizintechnische Anwendungen ferngesteuert mit Energie versorgen - etwa schluckbare Videoendoskopiekapseln, die den Magen-Darm-Trakt durchwandern und Bilder vom Körperinneren nach außen senden«, so Lausch.
Das Generatormodul lässt sich unabhängig vom Energietransfer jederzeit auf seine Position und Lage orten. Befindet sich der Generator also in einer Videoendoskopie-kapsel, ist die Zuordnung der Bilder zu bestimmten Darmregionen möglich. Ist er in einer Dosierkapsel platziert, lässt sich der Medikamentenwirkstoff zielgenau freisetzen.
Funktionsweise der Energieübertragung
Doch wie funktioniert das neue Verfahren? Im Transfermodul erzeugt ein rotierender, durch einen EC-Motor angetriebener Magnet ein magnetisches Drehfeld. Eine im Empfänger befindliche Magnetkugel koppelt an das wechselnde äußere Magnetfeld an und wird dadurch selbst in Rotation versetzt. Die Rotationsbewegung wird in Elektrizität umgewandelt, der Strom also erst im Generatormodul erzeugt.
»Durch die magnetische Kopplung lässt sich die Energie durch alle nichtmagnetischen Materialien wie etwa biologisches Gewebe, Knochen, Organe, Wasser, Kunststoff oder sogar verschiedene Metalle transportieren. Außerdem hat das so hergestellte Magnetfeld keine schädlichen Nebenwirkungen für den Menschen. Auch eine Gewebeerwärmung ist ausgeschlossen«, betont Lausch die Vorteile des Verfahrens.
Da die Module, die als Prototypen vorliegen, hinsichtlich ihrer Reichweite, Baugröße und Leistungsfähigkeit skalierbar sind, lassen sie sich nicht nur für medizintechnische Anwendungen nutzen. Vielmehr können sie auch hermetisch abgeschlossene Sensoren - etwa in Wänden oder Brücken - drahtlos mit Energie versorgen. Sie eignen sich somit für den Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau oder im Baugewerbe. Auch das Aufladen von Energiespeichern und das Aktivieren von elektrischen Bauelementen ist denkbar.