Stromversorgung nach DIN EN 60601-1-11

Home-Care-Geräte versorgen

12. November 2012, 10:04 Uhr | Nach Unterlagen von Magic Power Technology
© Magic Power Technology

Seit dem 1. Juni 2012 ist die nun dritte Ausgabe der DIN EN 60601-1:2006 in Kraft. Entwickler für Medizintechnik-Applikationen müssen daher auf eine Reihe neuer Anforderungen reagieren. Betroffen sind vor allem medizinisch genutzte Geräte im häuslichen Bereich. Insbesondere bei der Auswahl der richtigen Stromversorgung ist dort Vorsicht geboten. Worauf ist besonders zu achten, und wo liegen die Fallstricke?

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Zusammen mit der DIN EN 60601-1:2006 erhält auch die DIN EN 60601-1-11:2010 (Medizinische elektrische Geräte - Teil 1-11) ihre Gültigkeit. In dieser Ergän-zungsnorm, die 2010 veröffentlicht wurde, werden die Anforderungen von medizinischen Geräten in häuslicher Umgebung beschrieben. Sie gilt ohne Übergangsfrist und beinhaltet wichtige Ergänzungen zur Basisnorm.

Die Norm ist europaweit gültig. Leider erfüllten die in der zweiten Ausgabe der IEC 60601-1 festgelegten Umgebungsbedingungen nur unzureichend die realen Anforderungen an medizinisch genutzte Geräte im häuslichen Bereich. Die in der Norm berücksichtigten Aspekte Luftfeuchtigkeit und Temperatur waren bisher nur in geschlossenen Räumen zu finden.

Des Weiteren werden bei der Zulassung schärfere Grenzwerte für Schock und Vibration berücksichtigt. Es ist nicht auszuschließen dass das Medizingerät unter laienhafter Anwendung etwas ruppig behandelt wird. Ein Ausfall aus diesem Grund ist daher auszuschließen. Bis zum Inkrafttreten der DIN EN 60601-1-11 durfte laut Definition nur entsprechend geschultes Personal medizinische Geräte bedienen. Dieses hat sich zwischenzeitlich geändert.

Auch bestand das Problem, dass außerhalb von professionell betriebenen Einrichtungen keine Überwachung während der Behandlung durch medizinisch geschultes Personal stattfand. Folgleich müssen Bedienungsanleitungen für den Laien gut verständlich formuliert sein. Fachwörter sind zu vermeiden, um eine unbeabsichtigte Fehlbedienung auszuschließen. Das Gerätedesign soll klar strukturiert und Bedienelemente übersichtlich angeordnet sein.

Die Norm geht davon aus, dass Stromnetze nicht immer zuverlässig sind oder eine unzureichende Erdung vorliegt. Diese Unzulänglichkeiten muss ein Medizingerät für den häuslichen Einsatz kompensieren, ohne den Betrieb zu stören. Somit wurde festgelegt, dass medizinische elektrische Geräte zwingend in Schutzklasse II ausgeführt sein müssen. Dieses beinhaltet schutzisolierte Geräte mit einem zweipoligen Eingang (L+N).

Größere Luft- und Kriechstrecken erforderlich

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Bild 1: Schutzklasse-II-Netzteil mit optionalem Anschluss für Funktionserde
Bild 1: Schutzklasse-II-Netzteil mit optionalem Anschluss für Funktionserde
© Magic Power Technology

Andererseits sind größere Luft- und Kriechstrecken im Layout zu berücksichtigen.

Außerdem kann man das Erdpotenzial nicht zum Zweck der EMV verwenden.

So fehlt zum Beispiel die Möglichkeit, Störungen durch den Einsatz von Y-Kondensatoren abzubauen.

Bei Bild 1 handelt es sich um den Eingangskreis des 200 W starken medizinischen Netzteils »MPM-G200« von Magic Power.




Bild 2: Medizinisches Netzteil in Schutzklasse-II-Ausführung, erkennbar am Doppelquadrat
Bild 2: Medizinisches Netzteil in Schutzklasse-II-Ausführung, erkennbar am Doppelquadrat
© Magic Power Technology

Hierbei handelt es sich um ein Schutzlasse-II-Netzteil, bei dem wahlweise eine Funktionserde über die zwei Kondensatoren CX1 und CX2 wechselstrommäßig in das Netzteil eingekoppelt wird.

Aufgrund der mechanischen Sicher-heit ist es weiterhin zulässig ein Schutzklasse-II-Gerät mit einer dreipoligen IEC-Buchse auszustatten, wenn ein Doppelquadrat als Kennzeichnung eindeutig auf ein Schutzklasse-II-Gerät hinweist sowie der Schutzleiter geräteseitig und netzseitig nicht angeschlossen ist (Bild 2).




Kinderschutz gewährleistet

Eine weitere wichtige Abweichung gegenüber der Basisnorm ist die Forderung, dass medizinische Geräte für Heimanwendung zwingend in der Schutzart IP21 auszuführen sind. Es muss sichergestellt sein, dass keine spannungsführenden Teile mit dem Finger berührt werden können beziehungsweise keine mittelgroßen Fremdkörper ins Gehäuse eindringen können.

Als mittelgroß werden Fremdkörper über 12 mm bezeichnet. Außerdem ist das Gerät gegen senkrecht einfallendes Tropfwasser zu schützen. Eine weitere Verschärfung der Schutzart wurde nötig, da in häuslicher Umgebung häufig Kinder anzutreffen sind, die neugierig das Medizingerät erkunden wollen. Aus diesem Grunde wurde ein spezieller VDE-Kinder-Prüffinger entwickelt. Dieser ist wesentlich kleiner als der Standard-VDE-Prüffinger.

Die DIN EN 60601-1-11:2010 gilt allerdings nicht kompromisslos für alle medizinischen Geräte, die in häuslicher Umgebung zum Einsatz kommen. Die Ergänzungsnorm kann durch eine produktspezifische Norm wieder ausgenommen werden. Dieses gilt beispielsweise für die IEC 60601-2-39. Darin werden besondere Festlegungen für die Sicherheit von Peritoneal-Dialyse-Geräten (Bauchfelldialyse) vorgegeben.

Zusätzliche Prüfungen oder Einschränkungen können in den produktspezifischen Normen vorgegeben werden und gelten vorrangig. Da Schutzklasse-II-Netzteile auch in Applikationen der Schutzklasse I eingebaut werden können, hat man bei Magic Power reagiert und zunehmend medizinische Netzteile in Schutzklasse-II-Ausführung entwickelt. Sollten bei der Konstruk-tion der Schutzklasse-II-Applikation Fragen zum Thema EMV oder Safety aufkommen, ist ein eigenes Elek-tronik- und EMV-Labor vorhanden. Dort können komplette Kundenapplikationen vermessen werden.

Änderungen durch die DIN EN 60601-1-11   
Die Ergänzungsnorm   

ist mit sofortiger Wirkung gültig
verlangt verschärfte Schock- und Vibrationstests
benötigt mindestens Schutzklasse IP21
beachtet geänderte Umgebungsbegindungen (häusliches Umfeld)
verpflichtet zu der Schutzklasse II
fordert Prüfungen mit Prüffinger für Kinder

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