Heute kommen viele verschiedene Funk-Standards und -Protokolle zum Einsatz, und die richtige Technik für eine bestimmte Anwendung zu finden, kann sich als schwierig erweisen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über Wi-Fi, Bluetooth Low Energy (BLE), Zigbee 3.0 und proprietäre Sub-GHz-Funktechniken.
Die bekannteste Funktechnik dürfte Wi-Fi/WLAN sein. Wir alle kennen Wi-Fi, von zu Hause, im Büro und fast überall wird es genutzt – von Computern und Fernsehgeräten bis hin zu Smartphones und Laptops. Viele Fahrzeuge und sogar Langstreckenflugzeuge sind mit Wi-Fi ausgestattet.
Laut der Wi-Fi Alliance wird Wi-Fi allein im Jahr 2021 der US-Wirtschaft einen Wert von über drei Billionen US-Dollar liefern [1]. Wi-Fi ist das Rückgrat, das uns mit dem Internet verbindet.
Der neueste Wi-Fi-Standard lautet 802.11ax (Wi-Fi 6). Wi-Fi 5 (802.11ac) brachte bereits enorme Verbesserungen auf der Funkseite. Wi-Fi 6 bringt zusätzliche Verbesserungen auf der Netzwerk- und Sicherheitsseite. Wi-Fi 6 ist die bisher leistungsstärkste Version und erobert gerade alle Bereiche. Folgende technische Verbesserungen und Vorteile gehen mit Wi-Fi 6 einher:
Die neueste Version von Wi-Fi 6 heißt »Wi-Fi 6E« trägt. Wofür steht das »E«? Es steht für 6-GHz-Unterstützung – eine interessante neue Funktion, mit der die Netzwerkleistung erheblich verbessert wird.
Wi-Fi 6E bietet im Vergleich zu früheren Wi-Fi-Generationen zwei wesentliche Verbesserungen. Erstens gibt es im neuen 6-GHz-Band nur sehr wenig Engpässe. Dies ermöglicht einen effizienteren Betrieb für alle Netze, da sich die bei 2,4 und jetzt sogar 5 GHz üblichen Koexistenzprobleme verringern. Ein weiterer Vorteil ist, dass im 6-GHz-Band ein großer Bereich des Spektrums zur Verfügung steht, der sehr breite Kanäle ermöglicht. Dies schafft eine »Spuer-Autobahn« des Informationsflusses, auf dem höhere Datenraten und minimale Latenzzeiten erzielt werden. Beginnend in den USA, dort genehmigte die FCC die Nutzung neuer unlizenzierter Frequenzen im 6-GHz-Band als erste, folgen andere Regionen wie Großbritannien und die EU diesem Beispiel. Es wird erwartet, dass der Standard sehr bald weltweit akzeptiert wird [2].
Als eines der zentralen Mitglieder der WiFi Alliance, hilft Onsemi (ehemals On Semiconductor) bei der Definition der Standards und ist mit Neuerungen und vielen Patenten an der Spitze der Wi-Fi-Technik eingebunden. Daher sind die Wi-Fi-ICs von Onsemi auch in vielen professionellen Produkten enthalten, beispielsweise die ICs der Reihe QCS-AX2, die für leistungsfähige Wi-Fi-6-Systeme optimiert sind und die 2,4-, 5- und 6 GHz unterstützen (Bild 1).
Wi-Fi ist und bleibt auch in Zukunft eine Schlüsseltechnik. Einige sagen, dass 5G Wi-Fi ersetzen wird – aber das wird nicht der Fall sein. Wi-Fi ist eine perfekte Ergänzung zu 5G mit ähnlichen Geschwindigkeiten und Latenzen, aber geringeren Gesamtbetriebskosten.
Wi-Fi ist die perfekte Technik, um große Datenmengen sehr schnell und über eine moderate Reichweite zu übertragen. Dies ist ideal zum Übertragen von Videosignalen und zum Steuern von Robotern in nahezu Echtzeit, aber nicht gut geeignet, wenn es um batteriebetriebene Knoten mit kurzer Einschaltdauer geht, wie sie im IoT üblich sind.
Für IoT-Anwendungen empfiehlt sich oft Bluetooth Low Energy (BLE), die stromsparende Version von Bluetooth classic. Bluetooth classic wurde als Kabelersatz entwickelt, da es für die Übertragung von Dateien und Audiosignalen optimiert wurde, die beide höhere Datenraten erfordern. Höhere Datenraten brauchen mehr Strom und sind für batteriebetriebene IoT-Knoten nicht optimal.
Als Bluetooth classic immer beliebter wurde, fand es den Weg in die Mobiltelefone, wo es bis heute geblieben ist. Mit der Weiterentwicklung der Bluetooth-Technik wurde eine Version mit geringer Stromaufnahme und geringer Einschaltdauer (Bluetooth Smart) entwickelt, die heute als BLE bekannt ist. Der BLE-Standard erschien zum richtigen Zeitpunkt, da das IoT schnell an Fahrt gewann und Smartphones bereits mit BLE-Transceivern ausgestattet waren, da viele Bluetooth-ICs beide Versionen – Bluetooth classic und BLE – unterstützen. Da alle Endknoten, die „Dinge“ im IoT sind, ihre Daten in die Cloud übertragen müssen, um zu IoT-Geräten zu werden, werden Mobiltelefone durch BLE zu geeigneten Gateways.
Aus diesem Grund hat die Verbreitung von BLE in den letzten Jahren schlagartig zugenommen. Laut Bluetooth SIG werden im Jahr 2021 an die 4,5 Mrd. Geräte mit Bluetooth-Funktion ausgeliefert. Die Hauptanwendungen liegen in den Bereichen Audiosignalübertragung, Datenübertragung, Ortungsdienste und Vernetzung.
Die wesentlichen Vorteile von Bluetooth Low Energy sind:
Das vorzertifizierte Bluetooth-Funkmodul RSL10 SIP von Onsemi (Bild 2) basiert auf dem gleichnamigen Funk-IC RSL10. Das System in Package (SiP) enthält den Funk-SoC (System on Chip) RSL10, eine Antenne und alle diskreten Bauelemente und Quarze in einem 6 mm × 6 mm großen Gehäuse. Der Funk-SoC bietet die branchenweit niedrigste Stromaufnahme mit einem Spitzenstrom von nur 3 mA beim Empfang und 4,6 mA beim Senden – jeweils an 3 V Betriebsspannung. Dank eines Tiefschlafmodus, in dem der Funk-SoC nur 25 nA aufnimmt, lassen sich batteriebetriebene Geräte auf Basis des RSL10 bis zu zwanzig Jahre mit einer einzigen Batterie betreiben.
Die geringe Stromaufnahme des RSL10 ermöglicht auch Energy-Harvesting-IoT-Anwendungen, bei denen die Energie für den Betrieb aus der Umgebung gewonnen wird. In einem Beispiel verwendet ein Schalter den RSL10, um bei Betätigung ein Signal zu senden, wobei die benötigte Energie aus einem Generator gewonnen wird. Da keine Batterien oder Kabel benötigt werden, kann dies in der Gebäudeautomation als Lichtschalter oder als Not-Aus-Schalter in einer Fabrikumgebung oder sogar als drahtloser Gurtsensor in einem Fahrzeug nützlich sein.
So wie BLE eine neue, stromsparende Version von Bluetooth ist, ist das Green-Power-Protokoll eine stromsparende Version von Zigbee 3.0. Zigbee-3.0-Baugruppen bieten ebenfalls eine geringe Stromaufnahme und sind dafür gedacht, jahrelang mit einer Batterie zu arbeiten – sie benötigen jedoch oft zu viel Energie, um mit Energy Harvesting betrieben zu werden. Green Power adressiert diese Anwendungen als vereinfachte Version des Zigbee-3.0-Protokolls.
Green Power hat eine kleinere Paketstruktur mit minimalem Protokoll-Verwaltungsdaten. Dadurch kann die Sendezeit minimiert werden, was viel Energie spart. Durch den reduzierten Protokollaufwand ist ein batterieloser Betrieb mit Energy Harvesting problemlos möglich. Die Anwendungen von Zigbee Green Power ähneln denen, die BLE abdeckt: Notruftasten, Schalter, Sensoren usw. Dieser batterielose und wartungsfreie Betrieb ist in der Tat das eigentliche Allheilmittel des IoT.
Da das Protokoll vereinfacht ist, ist eine Proxy-Schnittstelle erforderlich, um von einem Green-Power-Knoten zu einem Zigbee-3.0-Knoten zu kommunizieren. Alle Router in Zigbee 3.0 müssen die Proxy-Funktion zertifizieren. Die Green-Power-Knoten haben einen anderen (vereinfachten) Stack und eine separate Zertifizierung.
Der Hauptgrund, der die massenhafte Anwendung von Energy Harvesting begrenzt, sind die Kosten, die mit dem Harvester selbst verbunden sind. Wie bei jeder neuen Technik werden die Kosten aber weiter sinken und Energy Harvesting wird einen Weg in den Markt finden. Die Kostenvorteile die Energy-Harvesting-Funksensorknoten hinsichtlich Energieeinsparung und Installationsflexibilität bieten, sind kaum zu übersehen – und es sind greifbare, wirtschaftliche Vorteile.
Im Jahr 2020 hat Onsemi ein Zigbee Green Power Kit vorgestellt, das mit dem Strata Developer Studio von Onsemi zusammenarbeitet. Es basiert auf dem SoC NCS36510 und besteht aus einem Zigbee-Coordinator-Modul mit USB-Interface, das mit einem PC (Strata) verbunden ist, und zwei Energy-Harvesting-Knoten, die als Zigbee-Green-Power-Endgeräte fungieren.
Bei den drei bisher beschriebenen Techniken – Wi-Fi, Bluetooth Low Energy und Zigbee Green Power – handelt es sich allesamt um standardbasierte Funkprotokolle, die von Industrieverbänden verwaltet und gepflegt werden und hauptsächlich für die Geräte/System-Interoperabilität ausgewählt werden. Aufgrund des Markenbewusstseins erwarten Verbraucher, dass jedes Produkt, das sie mit dem entsprechenden Logo kaufen, „einfach funktioniert“. Die Geräte- und Produktzertifizierung ist ein wichtiger Bestandteil, um dies zu gewährleisten.
Obwohl die Standardisierung enorme Vorteile mit sich bringt, ist sie ein fortlaufender Prozess und erfordert entsprechende Ressourcen, um mit der Weiterentwicklung und Veränderung der Standards mitzuhalten. Dies ist nicht unbedingt eine schlechte Sache, sollte aber bei der Entwicklung eines Produkts mit einer langfristigen Roadmap berücksichtigt werden.
Ein alternativer Ansatz besteht darin, die Funkübertragung um eine nicht standardgemäße proprietäre Funktechnik mit Frequenzen unter 1 GHz (Sub-GHz) aufzubauen. Auf diese Weise lässt sich eine effiziente Funkkommunikation für spezielle Anforderungen realisieren – ohne die möglichen Kosten oder den Energieaufwand eines standardbasierten Funkprotokolls. Ein proprietäres Funkprotokoll kann so einfach oder komplex sein, wie es erforderlich ist, ohne dass teure Zertifizierungen oder Mitgliedsbeiträge erforderlich sind und ohne dass man gezwungen ist, Updates durchzuführen, um mit den sich entwickelnden Standards Schritt zu halten.
Ein weiterer Vorteil proprietärer Sub-GHz-Funksysteme ist die größere Reichweite aufgrund der niedrigeren Frequenzen. Je niedriger die Frequenz, desto weiter kann sich ein Signal ausbreiten. In einigen Anwendungen ist es wirtschaftlicher, ein sternförmiges Netzwerk mit einem proprietären Sub-GHz-Netz aufzubauen als ein vermaschtes Netzwerk bei 2,4 GHz mit BLE- oder Zigbee-Knoten.
Die folgende Tabelle bietet einen direkten Vergleich der genannten Funkprotokolle.
Funktechnik | Lizenziertes Spektrum | Frequenz | Reichweite (max.) | Durchsatz (max.) | Typ. Latenz | Energiebedarf | PHY-Standard | typ. Anwendung |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Wi-Fi 6E | nein | 2,4 GHz, 5/6 GHz |
30–50 m |
10 Gbit/s | 1–20 ms | hoch | 802.11ax | Internetzugriff |
Bluetooth LE (BLE) |
nein | 2,4 GHz | 10–400 m | 1–2 Mbit/s | 6 ms | niedrig | Versch. | Sensoren, HMIs, IoT |
Zigbee | nein | 2,4 GHz, Sub-GHz | 100 m, 1 km | 250 kbit/s, 10–100 kbit/s |
100 ms | niedrig | 802.15.4 | Beleuchtung, Smart Meter, Steuerung, Überwachung, IoT |
proprietär | gemischt | 2,4 GHz, Sub-GHz | kurz bis lang | bit/s bis <2 Mbit/s |
protokoll-spezifisch | niedrig bis geringst | proprietär | Smart Meter, elektronische Regal-/Preis-etiketten, IoT, etc. |
Literatur
[1] Wi-Fi 6E expands Wi-Fi into 6 GHz. Wi-Fi Alliance, 2021, www.wi-fi.org/download.php?file=/sites/default/files/private/Wi-Fi_6E_Highlights_202101.pdf.
[2] Countries Enabling Wi-Fi 6E. Wi-Fi Alliance, Website, www.wi-fi.org/countries-enabling-wi-fi-6e.
Der Autor
Dan Clement
ist Marketing-Ingenieur in der Solutions-Engineering-Organisation von Onsemi (On Semiconductor), die sich auf Wireless IoT konzentriert. Er begann vor über achtzehn Jahren in der Halbleiterindustrie. Clement war in verschiedenen Positionen mit zunehmender Verantwortung tätig, vom Analog/Mixed-Signal-IC-Entwicklungsingenieur über HF-Applikationsingenieur, Product Marketing Manager und Applications Engineering Manager für die Ultra-Low Power Wireless Business Unit bis hin zum Technical Marketing im Solutions Engineering Team.