Damit Quantencomputer konventionelle Daten-Verschlüsselungsverfahren nicht knacken können, entwickeln mehrere Partner unter Führung von KEEQuant eine völlig neue Methode.
Dabei handelt es sich um einen interdisziplinären Ansatz. Ziel ist es, ein quantenbasiertes Infrastrukturnetz für die sicherheitskritische, drahtlose Datenkommunikation aufzubauen.
Die Partner – neben KEEQuant gehören das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, Infosim, BESCom Elektronik und TELCO TECH dazu – entwickeln das Verfahren im Rahmen des Projekts »QuINSiDa« (Quantenbasierte Infrastruktur Netze für Sicherheitskritische drahtlose Datenkommunikation), das das BMBF mit 2 Mio. Euro fördert. Das Verfahren basiert auf Licht und Quantenschlüsseln.
Dabei sollen klassische Verschlüsselungsansätze, die auf rechnerischer Komplexität beruhen, durch neue Quantenschlüsselverteilungs-Ansätze in Kombination mit Post-Quanten-Kryptographie ersetzt werden. Diese Art von Kodierung kann selbst mit beliebig viel Zeit und Rechenleistung nicht geknackt werden. Weil die existierende Kryptographie bereits in naher Zukunft durch die immer größeren Rechenpower von Quantencomputer bedroht ist, müssen neue Methoden rechtzeitig entwickelt werden, um einer unsicheren Übergangszeit vorzubeugen.
Die bisherige Forschung konzentrierte sich auf eine sichere Datenkommunikation über weite Strecken für Anwendungen in der globalen Dateninfrastruktur, zur Vernetzung von behördlichen oder militärischen Einrichtungen oder zum Informationsaustausch mit Satelliten. Die Verbindungen zum Endnutzer auf dem letzten Kilometer werden bislang jedoch noch immer mit den klassischen Technologien bedient und sind damit weiterhin angreifbar. Das soll »QuINSiDa« künftig verhindern.
Verknüpfung von Li-Fi Technologie und Quantenkryptographie
Mit der Li-Fi-Technologie können sich Nutzer über kurze Distanzen mittels optischer Signale miteinander vernetzen. Im Vergleich zur bekannten Wi-Fi-Technologie, die auf Funkwellen basiert, durchdringen die optischen Signale keine Wände und können so auf einen definierten Bereich ausgelegt werden. Damit erlaubt die Li-Fi-Technologie, die gesamte verfügbare spektrale Datenbandbreite in diesem Bereich ohne Störungen von außen zu nutzen.
Unabhängig davon wird die neuartige Technologie der Quantenkryptographie weltweit vorangetrieben. Im Speziellen geht es hier um die Quantenschlüsselverteilung (engl.: quantum key distribution, QKD), die es ermöglicht, einen kryptographischen Schlüssel zu verteilen, dessen Sicherheit informationstheoretisch bewiesen werden kann. Dies steht in Kontrast zu bestehenden kryptographischen Verfahren, deren Sicherheit auf rechnerischer Komplexität beruht und durch aufkommende Quantencomputer gefährdet wird.
»QKD over Li-Fi«-System – eine völlig neue Kombination
Bei der Quantenschlüsselverteilung werden beim Erzeugen der Schlüssel Quantenzustände in Form von Licht präpariert und zwischen den Teilnehmern im Netzwerk ausgetauscht. Beim Empfang der Quantenzustände werden diese gemessen und nachbearbeitet, so dass auf beiden Seiten identische, aber gegenüber einem Angreifer geheime Schlüssel entstehen. Das Vorhaben »QuINSiDa« kombiniert erstmals beide Technologien zu einem »QKD over Li-Fi«-System. Dies ermöglicht es die bisher typischerweise eher im Gebäude-zu-Gebäude-Szenario angedachte QKD auch bis zum Endnutzer zu tragen.
»Intention des Projekts ist die Demonstration eines quantenbasierten Datenkommunikationsnetzwerks, das drahtlos und flexibel mehrere Endnutzer an eine sichere Backbone-Infrastruktur anschließt oder das separat als sicheres Campus-Netzwerk eingesetzt werden kann«, sagt Imran Khan, Managing Director von KEEQuant. Dabei soll unter Nutzung eines flexiblen drahtlosen Datenkommunikationsnetzwerks im Punkt zu Multipunkt Szenario eine gleichzeitige Absicherung der einzelnen Kommunikationskanäle auf Basis von Quantenschlüsseln gewährleistet werden.
Anwendung der Technologie
Die Nutzung eines optischen Kommunikationsnetzwerkes bietet im Gegensatz zu funkbasierten Ansätzen den Vorteil, dass jeder Teilnehmer, der sich im optisch drahtlosen Kommunikationskanal (Li-Fi Kanal) anmeldet auch für den Quantenkanal sichtbar ist. Damit ist sichergestellt, dass es auch zu einem sicheren Schlüsselaustausch kommen kann. Um den Li-Fi Kanal und den Quantenkanal voneinander zu trennen, werden dabei unterschiedliche Wellenlängen des Lichts verwendet. Diese Trennung lässt sich durch den Empfänger mittels einer entsprechenden optischen Filterung gegen Interferenzeinflüsse optimieren.
Das vorgestellte Konzept eines quantenbasierten Infrastrukturnetzes für sicherheitskritische, drahtlose Datenkommunikation ist ein völlig neuer interdisziplinärer Ansatz, der bisher weder in wissenschaftlichen Veröffentlichungen noch in aktuellen Produkten vorgestellt wurde. Der Ansatz soll von den Projektpartnern vor allem im Hinblick auf sicherheitskritische Anwendungen, wie die Ausstattung öffentlicher Versorgungseinrichtungen – Banken, Krankenhäuser, Energieversorger, öffentliche Dienste, Telekommunikationsknoten und Regierungseinrichtungen – untersucht werden. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf die Sicherheit des Gesamtsystems bei gleichzeitiger, interdisziplinärer Integration von Netzwerk-Management-Software, klassischer Kryptographie (Stichwort: Post-Quanten-Kryptographie), QKD-Technologie und Li-Fi-Technologie gelegt. Gleichzeitig ist das Projekt vor dem Hintergrund der technologischen Souveränität für den Standort Deutschland von gesellschaftlicher Bedeutung.
Am Ende des Projekts ist eine entsprechende Demonstration des Gesamtsystems geplant, das die Technologien im Verbund zusammenführen soll und damit bisher unerforschte und unerreichte Anwendungsfälle ermöglich kann. Sie sollen im Anschluss an das Vorhaben durch die beteiligten Firmen verwertet und in die sicherheitskritischen Anwendungen eingebracht werden. Durch den Endnutzerfokus ist eine breite Anwendung und damit ein sehr großes Marktpotenzial und Innovationspotenzial erkennbar. Die in den nächsten Jahren entstehende drastische Kostenreduktion in der QKD durch Produktion in mittleren Stückzahlen wird zudem eine breitere Marktdurchsetzung erlauben.
Weiterhin führt die interdisziplinäre Vernetzung zwischen den verschiedenen Communities (QKD, Optik, Telekommunikation, Sicherheit) zu einer nahtlosen Integration der neuartigen Technologien in bestehende Sicherheitstechnologien. Dies macht es Endnutzern leicht die Technologie in bestehende Infrastruktur zu übernehmen.
Das vom BMBF geförderte Projekt hat eine geplante Laufzeit vom 01.09.2022 bis 31.08.2025.