Nach dem Nokia-Desaster

Was elektroniknet-Leser Microsoft empfehlen

1. September 2014, 13:45 Uhr | Frank Riemenschneider
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Microsoft hat scheinbar alles vergessen"

Frank Nerstheimer von der gleichnamigen IT-Beratung aus Dortmund schreibt:

 

Hallo Herr Riemenschneider,

manchmal machen Sie mich mit Ihren Artikeln richtig glücklich, leider habe ich keine große Hoffnung, dass Microsoft Ihre Stimme hört.

Ich war viele Jahre Microsoft Partner für Small Business Anwendungen, und Smartphone Nutzer, als die Dinger noch gar nicht Smartphone hiessen.

Mein erstes Gerät, das in diese Richtung wies, war ein furchbar teurer Casio Cassiopeia, der per Infrarot und einem Siemens S45 ins Internet gehen konnte - ein richtiges Abenteuer war das damals noch.

Es folgten lange Jahre diese HTC Geräte, die bei Vodafone, Telekom und Co. unter eigener Marke verkauft wurden. Das letzte dieser Art trug schon den Namen HTC, es war das Touch Pro 2.

Was ich immer an den Geräten geschätzt habe, war a) die einfache Integrierbarkeit in Microsoft-IT-Lösungen, b) die bis heute unerreichte Möglichkeit, die Kommunikation sicher zu machen, z.B. über VPN-Verbindungen, und c) dass Microsoft den Herstellern die Freizügigkeit gelassen hat, die Geräte mit Windows Mobile individuell zu gestalten, was z.B. zu einer recht großen Auswahl an Tastatur-Smartphones geführt hat. Wäre mir mit dem Touch Pro 2 nicht ein Unfall passiert ( Kontakte verbogen beim Tausch der SIM Card, danach ein Knall und dann dunkel ), wäre ich bis heute ziemlich resistent gegenüber den schicken neuen Consumer Smartphones, denn für meine Bedürfnisse war das Touch Pro 2 annähernd perfekt ausgerüstet.

In dem Wahn, unbedingt noch in den Handymarkt eindringen zu wollen, ohne sich aber mit den anderen zu verbünden, hat Microsoft scheinbar alles vergessen. Das Touch Pro 2 nervte immer ein wenig mit der damals noch sehr schwachen Leistungsfähigkeit, das leistungsfähigere Touch Pro 3 war dann aber nicht mehr zu gebrauchen, weil Microsoft mit Phone 7 den Herstellern keine Alternativen beim Geräte-Layout mehr gelassen hat. Die Tastatur des Pro 3 funktionierte zwar irgendwie, man merkte aber, dass sie kein integraler Bestandteil des Systems mehr war, wie bei den Vorgängermodellen. Die meisten Windows Mobile Nutzer haben sich irgendwann damit abgefunden, und sind ins Android Lager gewechselt. Dort könnte man sie aber jederzeit wieder abholen, wenn man ihnen Geräte präsentieren würde, die ihren Bedürfnissen entsprechen.

Das, was Microsoft gerade durchzieht, kann man mit dem Zitat von Brecht beschreiben " Alle rennen nach dem Glück, und das Glück rennt hinterher ". Klar ist der Marktanteil der Business Geräte ein eher kleiner - er ist aber auch ein profitabler, und er ist ein Markt, an dem andere Dinge dranhängen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Nutzer nur deshalb dem Exchange Server und Outlook treu geblieben sind, weil die Windows Mobile Smartphones quasi ein Outlook zum Mitnehmen waren. Im kommerziellen Umfeld ist noch ein Gerät völlig unbedroht, das aus privaten Haushalten zunehmend verschwindet - der Desktop PC. Wieso Microsoft den Kunden hier nicht einen roten Teppich ausrollt, und sie stattdessen offen über Open Source nachdenken lässt, das ist mir ein Rätsel.

Die Kombination aus der Sicherheit eines kommerziellen Produktes und der Freizügigkeit beim Aufbau von IT-Lösungen, das war immer der Faktor, der Microsoft so lange zur ersten Wahl bei kleinen und mittelständischen Unternehmen gemacht hat. Zu dieser Freizügigkeit gehörte auch, dass man die Unternehmens-EDV vom Software-Hersteller komplett abschotten konnte, ohne funktionelle Einschränkungen zu haben. Damit könnte man punkten in einer Zeit, wo die aus der Cloud resultierenden Probleme immer deutlicher zu Tage treten, man müsste sich nur endlich davon trennen, sein zu wollen wie Apple oder Google.

Ich für meinen Teil wäre einer der ersten Kunden, die Ihr fiktives Smartphone kaufen würden, und das Samsung S4 mit Freude zum Mond schicken würden. Auch würde ich mit Freude komplett zu Microsoft zurückkehren, wenn sich mit den Produkten wieder IT-Lösungen bauen ließen, die ich mit ruhigem Gewissen meinen Kunden anbieten könnte - mobile Kommunikation eingeschlossen. Aber das ist wahrscheinlich alles nur ein schöner Traum.

Gruß Frank Nerstheimer

 


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