Ganz anderer Meinung ist da Michael Winkler, Personalberater und Geschäftsführer der Sonar GmbH aus München. Seiner Erfahrung nach honorieren Unternehmen die Zusatzqualifikation "MBA" nicht, „eher im Gegenteil, der Mittelstand interpretiert zu lange Ausbildungen oder Weiterbildungen sogar negativ.“ Etwas anders sehe es aus bei Teilzeit-Programmen. „Unserer Erfahrung nach hat die berufsbegleitende Version des MBAs in ca. 25 Prozent der uns bekannten Fälle einen Sinn ergeben: Hier hatten die Bewerber ohnehin schon in die gewünschte Richtung gearbeitet (technisches Marketing, Vertriebsunterstützung, Produktmanager, Projektmanager, etc…) und hatten im jeweiligen Bereich Defizite gezeigt. Da hatte es Sinn gemacht, nicht nur einen entsprechenden „Kurs“ zu buchen, sondern gleich einen MBA-Abschluss mit zu machen.“
Für welche Ingenieure ist seiner Meinung nach ein MBA geeignet? Winkler: „’Herz-Blut-Ingenieure’, die es lieben, im Bereich R&D, Produktion, etc. zu arbeiten sollten sich „technisch orientiert“ weiterbilden und spezielle Fachausbildungen machen (LED, Messtechnik, Laser, PCB, IT, etc.), das wird wirklich honoriert. Diejenigen, die sich als Ingenieure gern in Richtung Vertrieb erklärungsbedürftiger Produkte, technisches Marketing, Produktmanagement, etc. entwickeln wollen, sollten sich sehr genau informieren, welcher MBA-Schwerpunkt für sie der sinnvollste ist und ob ggf. das eigene Unternehmen dies auch honorieren wird und dann diese Weiterbildung zügig durchziehen.“
Dr. Michael Schanz ist Experte für den Ingenieurberuf beim Branchenverband VDE. „Je weiter man sich von der Entwicklung von Technik entfernt – also in Richtung Management, Marketing oder Vertrieb - desto mehr lohnt sich für die Karriere tieferes Wissen darüber, wie sein Unternehmen oder andere Unternehmen funktionieren.“ Unternehmensorganisation, Vertragsrecht, Rechnungswesen, Unternehmenskennzahlen, Marketingstrategien, volkswirtschaftliche Zusammenhänge usw. - all dies lerne man in einem MBA-, BWL- oder Wirtsch.-Ing-Studium. „Es lässt sich allerdings darüber diskutieren, ob es gleich ein ganzes Studium sein muss oder ob man sich das nötige Wissen in Trainee-Programmen, Seminaren oder einfach 'on the job' erwirbt“, gibt Schanz zu bedenken. „Für ein Job bei einem Unternehmensberater oder im Controlling eines großen technischen Unternehmens wäre ein richtiges wirtschaftsorientiertes Studium aus meiner Sicht angeraten. Für eine Position im mittleren oder höheren Management ist wirtschaftliches Hintergrundwissen sehr wichtig, ein entsprechendes Studium aber keine notwendige Voraussetzung.“
Personalberater Norbert Ritter aus Moosburg bei München hat im Wesentlichen mit Vertrieb und Applikation zu tun. „Hier sehen wir die MBA-Weiterbildung meist nur bei Technikern, die viel mit Ingenieuren zu tun haben. Nachdem sie bereits technisch voll im Leben stehen, ist die Qualifikation meist im betriebswirtschaftlichen Bereich. Ob es finanzielle und karrieremäßige Auswirkungen hat, kann ich nicht beurteilen, auf jeden Fall ist der MBA gut für das Ego.“
Christian Pape, Vorstand der Personalberatung Pape Consulting, mahnt an, die Bedeutung von Bildung nicht zu überschätzen: „Berufserfahrung, Soft Skills und der persönliche Eindruck, den der Bewerber im Gespräch hinterlässt, sind häufig wichtiger für Unternehmen.“ Während ein MBA besonders in der Finanzbranche und bei Unternehmensberatungen gefragt sei, könne in naturwissenschaftlichen Berufen eher eine Promotion das Gehalt aufbessern. „Ein Doktortitel kann hier die Aufstiegschancen verbessern. Gerade große Unternehmen legen Wert auf die Repräsentationskraft, die der Titel ausstrahlt“, so Pape, „und ich sehe das genauso, man sollte die Bedeutung nicht überschätzen, nur in konservativen Unternehmen hat der MBA als Schlüsselqualifikation noch Bedeutung, bei moderneren Firmen zählt einzig die Persönlichkeit für die Karriere.“ Pape rät nur denjenigen zum MBA, die ihr Fachwissen aufbessern oder die Auszeit möchten, um den eigenen Berufswunsch zu schärfen. Und schränkt ein: „Größere Gehalts- oder Karrieresprünge sind damit nicht automatisch zu erwarten“.