Nicht gerade euphorisch beurteilt auch Heide Huck, Personalberaterin aus Frankfurt, die Aussichten für promovierte Ingenieure: »Wer nicht unbedingt eine Hochschullaufbahn anstrebt oder in die reine Forschung gehen will, sollte ein praxisorientiertes Promotionsthema wählen, am besten in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen oder einer an der Hochschule angesiedelten Beratungsgesellschaft. Außerdem lässt sich die immer stärker geforderte Auslandserfahrung hervorragend mit einer Dissertation verbinden, wenn dazu eine Universität außerhalb Deutschlands gewählt wird.«
Kontakt zur Industrie herstellen
Simon Voigt hat sich für Baden-Württemberg entschieden. Der 26-jährige Maschinenbauingenieur ist einer von zehn Technologiescouts bei der Fraunhofer-Technologie-Entwicklungsgruppe TEG in Stuttgart. Deren Hauptaufgabe ist es, in Universitäten und Forschungsinstituten nach nutzbaren Technologien oder Wirkungsprinzipien zu fahnden und den Kontakt zur Industrie herzustellen. Im Nebenberuf beginnt Voigt nach seinem Studium an der TU München soeben mit seiner Dissertation, in der es ebenfalls um Technologietransfer geht.
»Nicht bei jeder Dissertation ist die Balance zwischen Theorie und Technik auf der einen Seite und Praxis und Anwendung auf der anderen Seite so gegeben wie bei meiner«, freut sich der Nachwuchswissenschaftler. Mit abgeschlossenem Promotionsstudium will auch er in die Wirtschaft gehen, »zunächst in einen technischen Bereich, später ins Management«.
Hoffentlich versetzt der Glaube Berge. Denn wenn frisch betitelte Ingenieure nach im Schnitt 4,8 Jahren in der Wirtschaft zu ihren Kollegen ohne Doktorhut stoßen, sind die in der Regel schon ein, zwei Führungsebenen weiter und verteidigen ihren Vorsprung bis aufs Messer.
Nicht selten werden promovierte Ingenieure hinter vorgehaltener Hand als realitätsferne Theoretiker oder engstirnige Fachidioten verspottet, wohl wissend, dass die so Gescholtenen selten mit gleicher Münze heimzahlen können. Weil sie sich ja tatsächlich meist auf ein eng begrenztes Forschungsfeld konzentriert haben und die Unternehmenswelt oft nur von außen kennen. Außerdem haben die Nicht-Promovierten das Gesetz der großen Zahl hinter sich. In der Masse ulkt sich’s leichter.
Acatech: gute Erfahrungen mit der Promotion
»Diejenigen, die sich für eine Promotion entscheiden, haben damit gute Erfahrungen gemacht«, trotzt Jann Gerrit Oldendorf von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) in München dem Neid der Titellosen. Acatech berät in technologiepolitischen Zukunftsfragen, fördert den Wissenstransfer und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs. Und für den macht sich die Akademie augenblicklich besonders stark.
Der Grund: Die im Zuge des Bologna-Prozesses diskutierten Reformen der Promotionsphase sind aus Sicht von Acatech für Ingenieure höchst problematisch. Über kurz oder lang soll nämlich Schluss sein mit dem fidelen Studentenleben. Europa will das so.