Die Aussichten auf Gehaltssteigerungen im nächsten Jahr sind nicht mehr so rosig: Im Vergleich zu diesem Jahr werden sich die Zuwächse innerhalb der Elektronikindustrie im Schnitt halbieren. Grund ist die Angst der Arbeitgeber vor einer weiter abflauenden Konjunktur. Ein Bereich muss sogar mit einer Nullrunde erechnen.
„Momentan besteht eine enorme Unsicherheit im Markt darüber, wie sich die Konjunktur weiterentwickeln wird“, sagt Graf v. Reischach, Geschäftsführer der Personalberatung Interconsult, der exklusiv für Markt&Technik eine Prognose für die Gehälter in der Elektronikindustrie im nächsten Jahr abgegeben hat.
Teilweise verliefen die Verkäufe nur noch schleppend, was natürlich Auswirkungen auf die zu erwartenden Boni habe. „Doch insgesamt gesehen ist die Stimmung schlechter als die tatsächliche Lage“, konstatiert Reischach anhand vieler Gespräche.
Doch wie immer, wenn ein Markteinbruch zu befürchten sei, bremse man zuerst bei den Budgets für Personal und Marketing, halte die Kosten im Griff, binde die Kunden. „Die Firmen suchen schon weiter Ingenieure, aber nicht mehr mit Engagement“, hat Reischach beobachtet. Stattdessen bereiten sich etliche Firmen sogar schon vorsorglich auf Kurzarbeit vor.
Auch bei der Einstellung dauert es länger: Bis zu vier Interviews müssten Kandidaten schon mal über sich ergehen lassen, sagt Reischach, und streckenweise „unmenschliche Anforderungen“ parieren.
Richtig gut liefen eigentlich nur noch die Geschäfte in der Automatisierungsindustrie, dem klassischen Krisengewinnler. Dennoch lautet die Prognose: „nur noch 2,3 Prozent mehr“, also ein Prozentpunkt weniger als dieses Jahr. Auch die Medizinelektronik entwickle sich weitestgehend unbeeindruckt, dennoch sollen die Gehaltszuwächse von 4,4 Prozent in diesem Jahr auf 2,2 im nächsten sinken. In der gebeutelten Solarindustrie müssen Angestellte aber sogar mit einer Nullrunde rechnen, so die Prognose von Interconsult.
Für Bewerber bedeute das, dass man sich die Branche des Wunscharbeitgebers genauer anschauen sollte. Welche Branchen kann Graf Reischach empfehlen? „ATE läuft gut, natürlich Automatisierung, auch passive Bauelemente und Lichttechnik sind weniger gefährdet“, glaubt Reischach.
Allerdings macht der Personalberater bei Neueinstellungen eine neue Gepflogenheit aus: Vereinbarte Fixgehälter werden immer öfter über einen zeitlichen Rahmen gestreckt. Der Neuling beginnt etwa mit 90 Prozent seines vereinbarten Gehaltes, erhält nach Vollendung der Probezeit weitere 5 Prozent und nach 12 Monaten erst sein volles Gehalt. „Man schaut sich die Kandidaten heute genauer an und will in der Probezeit auch beim Gehalt nicht volles Risiko gehen“, erklärt Reischach das Prozedere. Nicht schön für Kandidaten – aber das „Sparen in der Probezeit“ werde sich wohl fortsetzen, glaubt Reischach.