Das Fazit: »Die Internationalisierung «, so die warnende Stimme des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, »wird vor allem von den großen Unternehmen getrieben«. Der Mittelstand falle deshalb in seiner Bedeutung zurück und sei, wenn sich nicht rasch etwas ändere, machtlos der Globalisierung durch die Konkurrenz anheim gegeben. Mit anderen Worten: Auf Sicht schaufelten sich die Daheimbleiber ihr eigenes Grab.
Bayerische Firmen sind im Schnitt innovativer aufgestellt
»Gerade einmal 11 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen sind international tätig, Großunternehmen zu 81 Prozent«, klagte Randolf Rodenstock, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. im Sommer. In Bayern seien allerdings mehr Mittelständler als in allen anderen Bundesländern im Exportgeschäft tätig. Warum das so ist, wusste Rodenstock auch: »Bayerische Unternehmen sind im Schnitt durchweg innovativer aufgestellt als ihre nicht-bayerische Konkurrenz.«
Das könnte erklären, warum sich die Halbleiterentwicklung vorzugsweise außerhalb Deutschlands abspielt. Wenn aber Innovationskraft und Neugier auf fremde Märkte wirklich so zusammenhängen, dann dürften auch die vielen fitten Klein- und Mittelbetriebe in der Elektronikbranche längst den Weg des Schnipsels genommen und sich nach anderswo verlagert haben.
Tatsache ist: Sie haben. Die deutsche Elektrotechnik ist sogar vergleichsweise stark im Ausland vertreten, vor allem in Mittel- und Osteuropa. »Die erste Welle richtete sich gleich nach Öffnung des Eisernen Vorhangs auf Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei«, erklärt Michael Angerbauer, Auslandsreferent beim ZVEI. Um das Jahr 2000 rollte die zweite Welle an. »Die hat auch Polen noch mal nach oben gezogen«, erinnert er sich, »denn Tschechien war schon recht voll. Die Slowakei war dann die Fortsetzung von Tschechien, nur billiger.« Aktuell sei die dritte Welle im Anzug. Sie richte sich auf Rumänien, Kroatien, die Ukraine, Russland, vereinzelt auch auf Bulgarien.
Mit Asien und den mittleren und südlicheren Teilen Amerikas dagegen hat es die Branche nicht so sehr. »Einzelne haben es wohl in Lateinamerika geschafft«, fällt Angerbauer nach längerem Nachdenken ein, »aber vor China zucken Mittelständler eher zurück. Erstens ist die Anreise nicht so einfach. Zweitens haben viele, nicht ohne Grund, Angst vor Produktpiraterie. Eigentlich gehen sie nur, wenn sie als Zulieferer gezwungen sind, vor Ort zu sein. Und selbst dann streben sie nicht in die Metropolen, sollen suchen sich lieber mittelgroße Städte. Wie in Deutschland auch« – Angerbauer lacht – »da sind sie halt die Platzhirsche.«
Die deutsche Elektroindustrie hat in Russland fast 300 Mio. Euro investiert
Die dritte Welle – sie kündigte sich zwischen 2002 und 2006 mit jeweils über 100 Prozent Anstieg der Beschäftigtenzahlen in der Ukraine, Russland und Rumänien durch die deutsche Elektroindustrie bereits an. Aus den nachfolgenden Meldungen der Unternehmen liest der ZVEI einen weiterhin ungebrochenen Aufwärtstrend ab. So beschäftigte die zur Kathrein-Gruppe gehörenden Firmen Kathrein-Romania und Romkatel in Rumänien im vergangenen Mai 568 Mitarbeiter. Das waren 568 mehr als bei der Firmengründung im Jahr 2003.